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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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sie sich vor Gangstern hüten, die durch den Krieg und die Sklavenbefreiung jedes Gefühl für Moral verloren hätten. Und der alte Mann dürfe Herrn Schillinger nun Johnny nennen und als seinen Freund betrachten.
    Die Rechnung war nicht klein, als die Kellnerin schließlich kassierte. Aber der alte Mann hatte den Eindruck, dass er die ersten Dollars gut investiert hatte.
    »Ich werde morgen um acht Uhr am Kai sein«, versprach der Agent. »Ich helfe Ihnen beim Zoll und begleite Sie zu den Riverboats. Dort können Sie wegen der Passage verhandeln.«
    Es wurde auf der »Neptun« eine wüste Nacht. An Schlaf war nicht zu denken. Die Zimmerleute hatten zwar auch gegessen, getrunken und die Ankunft gefeiert und lärmten fröhlich, aber aus dem Zwischendeck drang ein fürchterliches Grölen und Toben, Geschrei und Gestampfe, sodass der erste Steuermann mit acht Matrosen hinunterstieg und drohte, er wolle jeden in den Hafen werfen lassen, der jetzt nicht endlich Ruhe gebe. Der alte Mann schrieb einen langen Brief nach Liebenberg. Post werde mit den Dampfschiffen befördert und komme schon in wenigen Wochen in Europa an, hatte man ihm gesagt. Seine Frau solle dann nach St. Louis zu Warich schreiben. Irgendwann würden sie mit Bruno Warich in Verbindung treten.
    Der Agent hielt Wort. Pünktlich um acht Uhr kam er an Bord. Die Zimmerleute brauchten für den Zoll nur wenige Kisten zu öffnen.
    Die Zöllner merkten bald, dass Liebenberg wohl kaum Schätze besaß, die in den Staaten der Zollpflicht unterlagen.
    Während die Kisten mit einem Kran an Land gehievt wurden, schlenderte der Junge durch den Hafen. Er suchte die Anlegeplätze der Schaufelraddampfer und fand sie bald. Auf flachen, breiten, meist weiß gestrichenen Schiffsrümpfen erhoben sich ein- oder zweigeschossige Aufbauten und darüber hinaus ragten dünne Schornsteine. An schwarzen Anschlagtafeln waren die Ziele und die Fahrpreise notiert. Außerdem wurde mit den Rekordfahrzeiten der Schiffe bis St. Louis geworben. So hatte das Schiff »Natchez« bis zu der Stadt, in der Bruno Warich lebte, nur wenig mehr als vier Tage gebraucht. Die Dampfer trugen klangvolle Namen, breit auf die Bordwand gepinselt. »Princess«, »Southern Belle«, »Magnolia« oder »Sultana« stand da zu lesen. Während bei den meisten Schiffen der Fahrpreis bis St. Louis angegeben war und für das Zwischendeck drei und für die Kajüte zehn Dollar betrug, war auf der Tafel der »Duke of Orleans« auch der Preis für die Zwischenstationen in Kreide notiert.
    Der Junge kam gerade zur »Neptun« zurück, als der Name »Duke of Orleans« fiel. Der Agent pries dem alten Mann das Schiff an. Es gebe für die Kajütengäste eine hervorragende Verpflegung und allerlei Bequemlichkeiten. Und zehn Dollar pro Person sei gewiss kein hoher Preis. Außerdem fahre das Schiff heute genau um 16.00 Uhr ab. Ja, da die Gruppe fast zwanzig Personen zähle, wolle der Kapitän, der ein alter Bekannter von ihm sei, sogar längs der »Neptun« kommen und Passagiere und Gepäck von Bord zu Bord übernehmen.
    »Das erspart Ihren Leuten die Schlepperei«, schloss der Agent.
    »Fahren wir denn bis St. Louis mit dem Schiff?«, fragte der Junge.
    »Nein. Wir fahren bis Vicksburg und kaufen uns dort Wagen und Pferde«, antwortete der Lehrer.
    Der Junge wusste genau, dass er sich nicht verlesen hatte und dass auf den Tafeln der Fahrpreis bis St. Louis mit zehn Dollar angegeben war. Vicksburg hatte er sich gemerkt, weil die »Duke of Orleans« angegeben hatte, dass sie die Fahrt in eineinhalb Tagen schaffte. Er wusste zwar nicht mehr genau, wie teuer diese Fahrt war, aber zehn Dollar, das war ein Preis für vier Reisetage und nicht für knapp zwei.
    Er flüsterte das dem Lehrer und Mathilde zu. Die Nachricht kam gerade noch zur rechten Zeit, denn eben streckte der Agent dem alten Mann die Hand entgegen und rief: »Also, schlage ein, Frederick Bienmann, 150 Dollar für 17 Personen.«
    »Einen Augenblick«, fuhr der Lehrer dazwischen.
    »Was gibt’s?«, fragte der alte Mann unwillig. Er war stolz darauf, dass er Johnny Schillinger zwanzig Dollar abgehandelt hatte.
    »Sollten wir nicht zuvor zum Dampferhafen laufen und uns das Schiff einmal ansehen?«, schlug der Lehrer vor.
    Der Agent versuchte ihm das auszureden. Die »Duke« sei ein erstklassiges Schiff. Er kenne den Kapitän seit Jahren. Sicher gebe es bis zur Abfahrt noch eine Menge zu tun.
    »Allerdings«, bestätigte der alte Mann.
    Der Junge gab hinter dem Rücken des

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