Der Lange Weg Des Lukas B.
Es war ein doppelstöckiges Haus mit allen Einzelheiten, aber es war auf kleine Maße gebracht worden.
»Wir werden es auf einer Holzsäule aufpflocken«, erklärte der alte Mann.
»Ein Taubenhaus!«, schrie der Junge begeistert. »Das ist ja ein richtiges Taubenhaus.«
»So ist es«, bestätigte der alte Mann. »Morgen fangen wir an.«
Dann wandte er sich an Piet: »Und wo, Quartiermeister, verbringen wir die Nacht?«
»In diesem Haus«, antwortete der Lehrer. »Es gibt hier einen geräumigen Dachboden. Unsere Kisten stehen dort oben sicher und trocken. Für Strohsäcke wird gesorgt. Der Preis für die Übernachtungen, das Frühstück und das Abendessen ist nicht hoch.«
»Aber der da«, keifte der Wirt und zeigte auf Franek, »der soll meine Tochter Judith in Ruhe lassen.«
Der alte Mann beruhigte ihn und sagte: »Der Franek hat in den kommenden Tagen so viel Arbeit, dass keine Zeit und keine Lust mehr übrig bleibt einem Mädchen nachzusteigen.« Dann fragte er den Lehrer: »Und wo werden wir mittags essen?«
»Es ist alles klar, Meister. Wir haben eiserne Dreibeine gekauft und unsere Töpfe ausgepackt. Holz liegt genug auf dem Grundstück herum. Jetzt kann Mathilde zeigen, ob sie eine gute Köchin ist.«
Als sie am Abend ihr Gepäck auf den Dachboden getragen hatten und ihre Decken ausbreiteten, fiel dem Jungen das Geschenk des Kochs wieder ein. Er öffnete das Päckchen und hielt eine doppelläufige Pistole in der Hand. Der alte Mann sah das Schießeisen genau an und sagte: »Hoffentlich wirst du nie in eine Lage kommen, in der du eine Pistole gebrauchen musst.«
»Hat Jonas auch so ähnlich gesagt«, antwortete der Junge.
Schon in aller Frühe trieb der alte Mann seine Leute aus den Federn. Der Wirt war mürrisch und verschlafen, aber das Frühstück ließ nichts zu wünschen übrig.
Der alte Mann hatte in knapp einer Stunde die Arbeit auf dem Hügel so eingeteilt, dass niemand mehr herumstand und jeder wusste, was er zu tun hatte. Der Lehrer zeigte einiges Geschick und ging dem alten Mann zur Hand, spannte Schnüre und bestrich sie mit Ruß. Der alte Mann hob die Schnüre an. Sie strafften sich wie Bogensehnen. Er ließ sie auf die Bohlen schnellen, sodass sich durch den Ruß über viele Meter hin eine schnurgerade Linie abzeichnete.
Der Junge lernte inzwischen die unangenehmste Seite des Zimmerhandwerks kennen, das Brettersägen. Ein Baumstamm war ungefähr zwei Meter hoch aufgebockt worden. Obendrauf stand Franek und riss die große Säge gleichmäßig empor. Das machte er über Stunden hin und niemand konnte ihm eine Ermüdung ansehen. Genau über den aufgeschlagenen Strich führte er den Schnitt. Unter dem Stamm war der Platz des Lehrlings. Er musste die Säge herabziehen. Das erforderte zwar weniger Kraft, aber das Sägemehl rieselte auf ihn herab, juckte auf der schweißigen Haut, verklebte die Nase, geriet in Ohren und Mund und drang gelegentlich auch in die Augen. Der Junge biss die Zähne zusammen. Alle, die hier auf dem Bau arbeiteten, hatten unter dem Bock angefangen. Er wollte es schaffen wie sie.
Vier Tage lang beilten sie Balken und sägten Bretter. Jeden Morgen kamen mehr Neugierige, die sehen wollten, was die verrückten Deutschen auf Villeroys Hügel machten. Manche blieben stundenlang und schauten durch Tor und Zaun. Am Samstag begannen einige Männer zu schimpfen, dass die Fremden ihnen die Arbeit wegstehlen wollten. Sie würden sich das nicht gefallen lassen.
Der alte Mann fragte den Wirt um Rat.
»Nehmen Sie sich vor dem Gesindel in Acht«, antwortete der Wirt düster.
»Ich würde an Ihrer Stelle die Gewehre griffbereit halten, die schrecken vor nichts zurück.«
Am Sonntag arbeiteten sie nicht. Sie fragten nach einer Kirche. Der Wirt beschrieb den Weg. Sie fanden das Gotteshaus und betraten einen großen, hellen Saal. Längst saßen sie in langen Bänken zwischen Menschen eingekeilt, als sie merkten, dass sie in einen protestantischen Gottesdienst geraten waren. Sie hatten aber nicht den Mut die Feier durch ihr Hinausgehen zu stören. So blieben sie brav bis zum Schluss.
»Eine Predigt am Sonntag, von der ich kaum was verstehe, ist mehr als genug«, sagte Gustav Bandilla, und Hugo Labus, Otto Sahm und Grumbach beschlossen einen Frühschoppen zu sich zu nehmen und auf die Messe zu pfeifen. »Gottesdienst ist Gottesdienst«, sagte der dicke Grumbach.
Der alte Mann bestand aber darauf, eine katholische Kirche zu suchen. Die fanden sie auch. Bis zum Beginn der letzten
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