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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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und tätschelte das Holz.
    Die Zimmerleute sahen, wie der Stamm auf einen Bock vor ein mächtiges Sägeblatt geschoben wurde, ein Sägeblatt, wie es bislang noch keiner von ihnen gesehen hatte.
    »Wer kann eine solche Säge bewegen?«, fragte der Junge. »Das ist ja etwas für Riesen.«
    Caleb Miller drehte sich halb um und sagte: »Dazu ist kein Riese nötig, Junge. Für Caleb Millers Dampfmaschine ist das eine Kleinigkeit.«
    Der Stamm lag mit seiner stärkeren Seite jetzt dicht vor dem Sägeblatt. Caleb Miller gab ein Zeichen. Ein doppelter, breiter Lederriemen, der aus einem Schlitz in der Wand herauskam, begann sich über einem großen Holzrad zu drehen. Ein anderes, kleineres, war auf derselben Achse befestigt. Auch darüber lief ein lederner Treibriemen. Es begann in dem Schuppen zu rasseln, zu pfeifen, zu knirschen. Das Sägeblatt wurde mit großer Gewalt hin- und hergerissen und fraß sich in den Stamm, der von vier Männern vorwärts geschoben wurde. Kaum ragten die Schnittenden des Baumstammes an der anderen Seite des Sägeblatts heraus, wurde auch dort ein Wagen untergeschoben. Davor war ein Pferd gespannt, das den Stamm gegen das Sägeblatt zog. Die Arbeiter achteten darauf, dass die Zypresse gleichmäßig über den Bock gegen das Sägeblatt gepresst wurde.
    »Und wer treibt die Säge?«, fragte der alte Mann.
    »Calebs Köpfchen treibt die Säge«, prahlte der Rotbart und führte sie durch eine Brettertür in den Nebenraum. Dort zeigte er voll Stolz eine blinkende Dampfmaschine mit einem mannshohen, eisernen Schwungrad, das die Riemen antrieb. Ein Kolben wuchtete hin und her und ließ den ganzen Schuppen erzittern. Der Lärm war in diesem Raum so groß, dass Caleb sich nur mit Zeichen verständlich machen konnte. Ein fettverschmierter, kleiner Mann lief mit einer Ölkanne umher und pflegte das glänzende Ungetüm. Er schrie Caleb Miller etwas zu, doch der verstand ihn nicht und zuckte mit den Achseln.
    Es dröhnten ihnen noch die Ohren, als sie in dem ruhigeren Kesselhaus standen und sahen, dass dort zwei schwarze Heizer unentwegt Holz und Kohlen in ein Feuerloch schaufelten. Die Heizer waren nur mit einer Hose und festen Schuhen bekleidet. Der Schweiß lief ihnen in glitzrigen Rinnsalen über den Körper. »Hier wird der Wasserdampf gemacht«, erklärte Caleb. »Im Kessel erzeugt er genug Druck und Kraft für drei Sägen. Ich habe mir diesen Herkules aus dem Osten geholt. Er ist der beste Zimmermann im ganzen Süden.«
    »Ich möchte noch einmal in die Sägehalle«, bat der alte Mann. Der Stamm war schon zur Hälfte der Länge nach aufgetrennt. Der alte Mann stand und staunte.
    »Wunderbar, nicht wahr?«, rief Caleb. »Die Menschenkraft, Gen­tle­men, ist überholt. Meine Maschine schlägt von Ihrer Ausgabe spielend ein Dutzend. Ihr seid gegen meinen Herkules wie ein Rülpser gegen einen Sturmwind. Kein Zimmermann der Welt sägt so einwandfreie Bretter wie Calebs Maschine.«
    Bisher hatte der alte Mann über Calebs Aufschneiderei nur geschmunzelt. Aber als er von der Qualität seiner Bretter sprach und so tat, als sei Bienmanns Zimmerkolonne ein Haufen Männer aus der Eiszeit, der mit Steinbeilen verzweifelt auf Holzstämme eindrosch, da sagte er: »Mr. Miller, Bretter, die wir schneiden, die messen sich mit jedem Brett auf der Welt.«
    »Und so schnell wie Ihr Brüllaffe von Maschine, Pschakrew, sind wir schon lange«, rief Warich wütend.
    »Meinen Sie das im Ernst, Gentlemen?«, fragte Caleb und schaute die Zimmerleute zweifelnd an.
    »Ja«, bestätigte der alte Mann. »Zwölf von uns lassen sich von keiner Maschine besiegen.«
    »Wirklich?«, fragte Caleb.
    Der alte Mann nickte.
    Caleb rannte aus dem Schuppen auf den Platz. »Die Sirene«, schrie er. »Säge abstellen. Lasst die Sirene heulen.« Das Sägeblatt ruckte und stand. Dumpf tutete die Dampfsirene. Die Arbeiter liefen zusammen.
    »Brennt’s?«, rief einer.
    »Nirgendwo brennt’s«, antwortete Caleb. Er bestieg einen Bretterstapel. Etwa dreißig Arbeiter waren herbeigeeilt. Die Heizer hatten sich wattierte Jacken übergezogen und Schirmmützen auf das Kraushaar gedrückt.
    »Wenn etwas verbrannt ist, dann ist es das Hirn dieser Fremden da«, begann Caleb. »Sie behaupten, sie könnten genauso gute Bretter sägen wie unser Herkules. Und zu zwölfen schafften sie es schneller als die Dampfsäge.«
    Gelächter erschallte.
    »Mit’m Maul, da können sie’s vielleicht, aber nur mit ‘m Maul.«
    Die Zimmerleute standen Schulter an Schulter

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