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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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wirklich freier Mann sein wird. Die Rechte stehen auf dem Papier, junger Massa. Sie müssen manchmal einen weiten Weg gehen, bis sie in die Herzen geschrieben sind«, sagte Jeremy.
    Aber der Junge hörte ihn nicht mehr. Sein Kopf war dem Neger an die Schulter gesunken.
    »Bist ein guter Junge, Massa Luke«, summte Jeremy vor sich hin und legte seinen Arm um den Jungen.
    Der Dezembermorgen war ungewöhnlich kalt. Der Winter schien in diesem Jahr früh zu kommen.

In Jackson war keine Arbeit zu finden. Es war in dieser Stadt genauso wie in Vicksburg und wohl im ganzen Süden in diesen späten sechziger Jahren. Weiße und schwarze Arbeiter lungerten herum und suchten nach einem Job. An den Straßenrändern bettelten Männer um ein paar Münzen, ehemalige Soldaten, die Arm oder Bein im Krieg verloren hatten und nicht wussten, wie sie die Woche überleben sollten.
    »Wir müssen sehen, dass wir weiter nach Norden kommen«, sagte der alte Mann.
    »Warte bis zum Frühjahr, Massa Bienmann«, riet Jeremy. »Es ist Winter und da ist es im Norden verdammt kalt. Mit unseren Wagen kommen wir gar nicht erst durch den Schnee.«
    Aber der alte Mann wollte keine Zeit vertrödeln. Da gab ihm ein Deutscher, der schon seit ein paar Jahren in Jackson lebte und eine kleine Druckerei betrieb, einen Ratschlag. Er sagte, der alte Mann solle doch mal zum Sägewerk von Caleb Miller fahren und dort nach Arbeit fragen. Wo Holz zu kaufen sei, da wisse man vermutlich auch, wo Häuser gebaut werden sollten. Der alte Mann konnte sich unter einem Sägewerk wenig vorstellen, denn er hatte noch niemals eins gesehen, ja, nicht einmal vorher davon gehört, dass es so etwas gab. Aber er wäre in diesen Tagen jedem Hinweis nachgegangen.
    Mit beiden Gespannen fuhren sie los, Jeremy mit dem Küchenwagen vornweg. Er fragte sich zu Caleb Miller durch. Das war nicht schwer, denn Caleb Miller war in Jackson allen bekannt. Als sie später vor seinem riesigen Holzlager standen, wussten sie, warum das so war. Caleb Miller war ein reicher Mann. Stämme vieler Holzsorten lagen zu hohen Wällen aufgeschichtet, Balken in den verschiedensten Längen und Stärken türmten sich zu Bergen, Bretterstapel, hoch wie Häuser, schienen mit der Wasserwaage ausgerichtet zu sein. Aus einem endlos langen Holzschuppen drang ein höllischer Lärm, ein Stampfen, das man in den Fußsohlen spürte, ein Kreischen, Schrillen, Quietschen. Pferdegespanne zogen auf niedrigen Wagen Bäume hinter sich her, Männer hasteten offenbar zielbewusst in diesem verwirrenden Getriebe hin und her, beluden Fuhrwerke, rollten Stämme herbei und trugen Bohlen auf den Schultern.
    Die Zimmerleute waren aus den Wagen gestiegen, standen am Rande des Holzplatzes und staunten. Der alte Mann bückte sich und hob ein frisch gesägtes Brettstück vom Boden auf. Es war gleichmäßig dick und völlig eben geschnitten. »Caleb Miller ist ein Meister«, sagte er. »Solch ein Brett, das muss ihm erst einmal einer nachschneiden.«
    »Und die Balken«, rief Lenski, »schaut euch die Balken an! Gesägt sind die, nicht gebeilt.«
    Ein stämmiger Mann mit einem roten, kurz geschorenen Bart, etwa vierzig Jahre alt, schritt mit kurzen, festen Schritten auf die Zimmerleute zu.
    »Keine Arbeit, Gentlemen. Die halbe Welt will in Calebs Sägewerk arbeiten. Ich habe schon Leute zu viel.«
    Er winkte mit der Hand ab und schien sich zu wundern, dass die Männer sein Gelände nicht gleich verließen.
    »Wir wollen Häuser bauen«, sagte der alte Mann. »Wir sind Zimmerleute. Vielleicht wissen Sie, wer sich ein Haus bauen lassen will.«
    »Wer seid ihr?«, fragte Caleb. »Wo kommt ihr her?«
    »Ich bin der Zimmermeister Friedrich Bienmann und dies sind meine Leute. Wir haben in Vicksburg dem jungen Villeroy ein neues Haus gebaut.«
    »Davon habe ich gehört. Ihr seid die Leute, die noch mit Handsäge und Beil arbeiten.« Er lächelte spöttisch. »Haben Sie schon einmal ein Sägewerk gesehen, Mister Bienmann?«
    »Nein, wir sind unser eigenes Sägewerk.«
    »Kommen Sie mit. Ich zeige Ihnen mal etwas. Da werden Ihnen die Augen übergehen. Ihre Sägen werden Sie wegwerfen, wenn Sie das sehen. Aber passen Sie auf und laufen Sie meinen Arbeitern nicht unter die Füße.«
    Caleb schritt schnell aus und ging auf den Lärmschuppen zu. Auf zwei niedrigen Wagen, deren vier Räder auf Eisenschienen liefen, rollte gerade ein gewaltiger Zypressenstamm in den Schuppen. Es wurde still in dem Gebäude.
    »Das ist ein Stämmchen, wie?«, rief Caleb

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