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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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Junge legte die Hand auf den Brief und sagte leise und schnell: »Bei der Gesundheit meiner Mutter, ich schwöre es.«
    »Steck den Brief jetzt weg. Zeige ihn niemand, auch nicht Groß­vater oder Piet.«
    »Geschworen ist geschworen.«
    Mathilde schien erleichtert zu sein. Der alte Mann stieg ins Steerage hinab, schaute seine Tochter an und versuchte sie zu trösten.
    »Ich werde auf den Piet aufpassen wie ein Hund auf seinen Knochen, Tochter. Und wenn ich ihn an den Haaren nach Liebenberg schleifen muss, ich werde ihn dir zurückbringen.«
    Piet rief lachend vom Steerageeingang her: »Das wird nicht nötig sein, Friedrich Bienmann. Sie wissen es ja, was ich mir in den Kopf gesetzt habe, das kriegt nicht einmal die Polizei des Königs wieder heraus.«
    Am Nachmittag tobte ein heftiges Gewitter über Stadt und Hafen. Alle Passagiere flohen unter Deck. So plötzlich, wie Regen und Wind gekommen waren, zogen sie auch wieder davon. Aber mit Blitz und Donner war auch Mathilde verschwunden. Piet suchte sie auf dem Schiff und am Hafen. Er fand sie nicht. Überall fragte er nach ihr, doch keiner hatte sie nach dem Gewitter gesehen.
    »Wo mag sie geblieben sein?«, fragte er den alten Mann. »Hat eine Windbö sie vielleicht über Bord gespült?«
    »Ausgeschlossen«, antwortete der alte Mann bestimmt. »Mathilde lässt sich von einem Wind nicht umwerfen, Piet.«
    »Außerdem hat sie in den letzten Wochen das Schwimmen gelernt und kann es besser als ich«, fügte der Junge hinzu.
    »Ich kenne meine Tochter«, sagte der alte Mann. »Sie liebt keinen langen Abschied. Sie wird mit den drei Fuhrwerken nach Liebenberg zurückgefahren sein.«
    »Ohne Auf Wiedersehen zu sagen?«
    »Hat sie nicht den ganzen Tag auf ihre Weise ›Auf Wiedersehen‹ gesagt?«, fragte der alte Mann.
    Einen Augenblick erwog der Junge, ob er Piet nicht von dem Brief erzählen sollte, aber er verwarf diesen Gedanken sofort. »Geschworen ist geschworen«, murmelte er.
    Später kam der Lehrer zu ihm und sagte: »Ins Wasser ist sie jedenfalls nicht gefallen, Luke. Sie hat nämlich ihr zwiegebackenes Brot, ihr Trockenobst, einen Topf Sauerkraut und sogar die große Blechflasche mit Tee wieder mitgenommen.«
    »Das hätte sie nun wirklich da unten im Hafenwasser nicht gebraucht«, sagte der Junge.
    »Für die Rückfahrt wird sie die Verpflegung wohl nötig haben«, überlegte der Lehrer halblaut. »Aber seltsam kommt es mir doch vor.«
    Der Abendwind sprang auf. Ein kleines Dampfschiff nahm die »Neptun« ins Schlepptau und bugsierte sie aus dem Hafen. Schwarze Qualmwolken quollen aus dem Schornstein und wehten vor den Schiffen her. Die Passagiere winkten zum Kai zurück. Die Matrosen standen inzwischen an den Tauen und in den Masten. Der Dampfer löste die Schlepptrosse und tutete zum Abschied. Die Segel entfalteten sich, das Focksegel, das Großsegel, die Klüver, schließlich die Marssegel und die Besansegel. Die »Neptun von Danzig« hatte alle Lappen aufgezogen und segelte der sinkenden Sonne entgegen. Das Meer lag ruhig. Die Menschen standen immer noch an der Reling. Kaum einer sprach ein Wort. Sie schauten auf die Stadt, die allmählich in Dunst und Dämmerung verschwand.
    Der alte Mann und der Junge hatten sich ganz vorn an den Bug gestellt und sahen zu, wie die Sonne rot und groß am fernen Horizont auf das Wasser tippte, eintauchte und allmählich versank. Eine Kette weißer Schwäne zog seewärts. Ihre grellen Schreie waren deutlich zu hören.
    Bevor es stockdunkel wurde, legten sich die Zimmerleute im Steerage in ihre Kojen. Der Junge hatte genügend Platz. Der alte Mann lag ruhig neben ihm. Der Junge konnte mit der Hand die Deckplanken berühren. In der Koje unter ihm lag Gustav Bandilla neben Hugo Labus und gegenüber hatten oben Andreas Schicks und Otto Sahm und unten der alte Döblin und Wilhelm Slawik ihren Platz. Wilhelm war so lang, dass er nicht ausgestreckt in der Koje liegen konnte.
    Aus dem Zwischendeck schallte Lärm. Eine Harmonika spielte und Geschrei und Lachen klangen auf. Das sanfte Wiegen des Schiffes und das eintönige Knarren des Holzes taten schließlich doch ihre Wirkung. Der Schlaf senkte sich über die Männer im Steerage.
    In aller Frühe schreckte der Junge auf. Die Schritte vieler Füße hörte er über sich. Vorsichtig kletterte er über den alten Mann hinweg und stieg an Deck. Matrosen zogen die Segel auf, die sie mit Einbruch der Dunkelheit gerefft hatten. Ein frischer Wind wehte und die Bark machte gute Fahrt. Der

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