Der Lange Weg Des Lukas B.
sagte er. Jonas antwortete: »Ihn voll herauszubekommen ist schwierig. Es gibt kaum einen, der es beim ersten Male so gut schafft wie du.« Dem Jungen schmerzten die Hände.
Der Strick hatte ein wenig Haut weggeschürft.
»Steck die Hände in das Salzwasser, Luke«, riet Jonas. »Das tut zwar weh, aber das Meer heilt.«
Der Junge folgte dem Rat. Er konnte nur schwer einen Schrei unterdrücken, so biss das Salz in den Schürfwunden. Der Smutje nickte anerkennend.
»Können Sie sich wirklich nicht erinnern, Jonas, wo Sie den Namen Bienmann schon gehört haben?« Der Junge schaute den Koch so gespannt an, dass dieser aufmerksam wurde.
»Suchst du etwa einen, der auf diesen Namen hört?«
»Ja.«
»Meinst du, er sei vor euch nach Amerika gesegelt?«
»Das weiß ich nicht. Aber es könnte vielleicht sein.«
Der Koch pfiff durch die Zähne. Er legte die Stirn bis hoch in die Glatze hinein in Falten und sagte: »Außer der ›Neptun‹ segelt kein Schiff von Danzig aus über den Teich. Wenn mich nicht alles täuscht, haben wir schon mal einen Bienmann an Bord gehabt. Das mag aber schon zwei Jahre oder länger her sein. Hat nur für eine Fahrt angeheuert. Wir haben ihn ›Charly‹ gerufen. Aber ob er wirklich Bienmann geheißen hat, das weiß ich nicht mehr genau.«
»Weiter«, drängte der Junge ihn.
»Nichts weiter. Mehr weiß ich wirklich nicht. Du kannst ja den Segelmacher fragen. Mit Hendrik hat Charly öfter zusammengehockt und Hendrik hat ein gutes Gedächtnis für Namen.«
Der Junge kletterte ins Steerage zurück.
Der alte Mann brummte: »Na, es passt dir wohl besser, den Koch zu spielen als den Zimmermann?«
»Willst du an Deck ein Haus bauen, Großvater?«, versuchte der Junge einen Scherz. Aber damit kam er bei dem alten Mann heute schlecht an. »Es gibt für uns genug zu tun«, sagte er.
So war es auch. Der alte Mann ließ eine Werkzeugkiste so in das Steerage schieben, dass sie einen Tisch bildete. Andere Kisten wurden als Bänke rund um den Tisch gerückt. Dicke Klötze nagelten die Männer so auf dem Boden fest, dass sich nichts mehr verschieben ließ. Die Beutel mit Vorräten wurden an der einen Wand des Steerages, an der keine Kojen aufgeschlagen waren, an Bindfäden unter die Decke gehängt. Jeder Mann bekam an dieser Wand einen Platz zugeteilt, an dem er sein Geschirr und seinen Beutel unterbringen konnte. Was die Männer sonst noch besaßen, sollten sie fest an ihre Koje binden.
»Nichts darf in diesem Raum umherrutschen, wenn der Boden des Schiffes einmal schief steht«, sagte der alte Mann.
»Segelt doch ganz ruhig, der Kahn«, maulte Andreas Schicks, der sich den ersten Tag an Bord wohl anders vorgestellt hatte.
»Denke dran, Grünschnabel, dass wir länger als zwei Monate hier leben müssen«, wies Lenski ihn zurecht. »Du wirst schon erleben, wie das ist, wenn der Sturm das Schiff beutelt.«
»Schicks denkt nie an morgen«, sagte Franek.
Der Junge hatte alle Hände voll zu tun. Er musste den Gesellen das Werkzeug anreichen, er hatte für alle nach dem Essen das Geschirr auszuspülen, er schrubbte das Steerage mit Meerwasser und wischte es trocken.
Andreas Schicks genoss es, dass er nicht mehr der jüngste Lehrling war. Jetzt nahm der Junge die unterste Sprosse des Zimmerhandwerks ein. Andreas stand schon höher und konnte nach unten treten. Als er das jedoch zu wörtlich nahm und einen Wassereimer absichtlich umstieß, schlug ihm der Junge voll Wut das nasse Wischtuch um die Beine, sodass Andreas ausrutschte und sich in die Pfütze setzte. Bevor er sich auf den Jungen stürzen konnte, kam Lenski die Treppe herab und Schicks begnügte sich damit, dem Jungen mit der Faust zu drohen. Erst gegen Abend hatte der Junge Zeit den Segelmacher zu suchen. Aber der zweite Steuermann, ein schwarzhaariger junger Offizier, fing ihn ab, als er gerade auf das Achterdeck schlüpfen wollte, weil er dort die Segelkammer vermutete.
»Wo kämen wir denn hin«, schnauzte er, »wenn sich alle Passagiere dort herumlümmeln dürften. Achtern haben die Kajütengäste ihren Platz.«
Seinem Großvater wollte der Junge zunächst nichts davon erzählen, dass es vor Jahren an Bord einen Mann gegeben hatte, der Charly und vielleicht auch noch Bienmann hieß.
An diesem Abend war es früh still im Zwischendeck. Doch den Jungen ließen die Gedanken an seinen Vater nicht los und er fand lange keinen Schlaf.
Vier Tage waren sie bereits auf See, sie hatten die dänische Insel Bornholm passiert, die schwedische
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