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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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denen, die uns gesagt haben, dass es Amerika wirklich gibt. So ist es auch mit Jesus. Hab ich ihn gesehen? Habt ihr ihn gesehen? Aber wir glauben denen, die gesagt haben, dass er lebt. Unsere Fahrt wird uns sicher noch mancherlei Gefahren bringen. Vielleicht geraten wir in Stürme oder widrige Winde treiben uns auf Umwegen ans Ziel. Alle hoffen wir darauf, dass wir eines Tages ankommen. So stelle ich mir das auch mit dem Reich Gottes vor. Wir segeln durch unser Leben, wir haben von Zeugen gehört, dass es nach unserem Tode eine neue Küste gibt. Uns ist versichert worden, dass Jesus Gottes Sohn ist. Dass wir den ewigen Tod nicht sterben müssen, sondern ein rundes, volles Leben ohne Ende haben. Dass wir das gelobte Land sehen werden und Gott mitten unter uns ist. Vielleicht gibt es auch auf unserer Erdenfahrt Stürme, Finsternisse, Umwege, Dunkelheiten. Das macht uns Angst. Manchmal möchten wir uns am liebsten verkriechen. Aber einmal werden wir am Ziel sein. Darauf freue ich mich.«
    Eine Weile blieb es sehr still. Lenski war kein Spinner. Mit seinen vierzig Jahren konnte ihn auch niemand für einen jugendlichen Schwärmer halten. Er hatte unbefangen geredet. Seine schwarzen Haare waren ihm in die Stirn gerutscht, das sonst oft ein wenig verkniffene Gesicht war ein einziges Lächeln gewesen. Jeder hatte gespürt: Der Lenski glaubt, was er sagt. Selbst wenn Lenski wie der alte Pfarrer in Liebenberg »ihr lieben Christenmenschen« oder Ähnliches gesagt hätte, der Junge wäre gar nicht auf den Gedanken gekommen irgendetwas zu zählen, so gespannt hatte er zugehört.
    In die Stille hinein begann ein Kind zu weinen. Der alte Mann sprach das »Vaterunser« und alle fielen ein. Dann stimmte der Lehrer das Schlusslied an: »Wer nur den lieben Gott lässt walten . . .«
    Keiner machte nach dem Lied Anstalten das Steerage zu verlassen. Der Lehrer sagte schließlich etwas verlegen: »Der Gottesdienst ist zu Ende.«
    Da machten die Leute die Treppe frei und gingen an Deck. »Schön war das«, sagte die Frau, die den alten Mann gefragt hatte, ob sie auch zum Gottesdienst kommen dürfe. »Ist das ein Prediger?«, fragte sie und deutete auf Lenski.
    »Ich glaube schon«, schmunzelte der alte Mann. »Aber bis heute hat es niemand von uns gewusst. Wir kannten ihn nur als geschickten Zimmermann.«
    »Es ist mit ihm so, wie’s mit dem alten Moses war«, sagte Döblin. »Kann nicht reden, hat er gesagt, und drücken wollte er sich. Aber am Bartzipfel hat ihn der Herr erwischt, gezaust hat er ihn und gesagt: ›Stoj! Dämlack‹, hat er gesagt, ›hab ich dich gerufen mit deinem Namen, werd ich dir die Zunge schon bewegen!‹«
    »Sind wohl noch mehr Prediger bei euch«, lachte die Frau. »So einen Gottesdienst müsst ihr jeden Sonntag machen. Im Zwischendeck ist ein wüstes Volk mit viel schlimmen Reden.« Später folgte der alte Mann dem Jungen, der auf dem Vorschiff nach dem Segelmacher Ausschau hielt. »Ich freue mich, dass du jetzt in der Zimmerzunft zur Probe aufgenommen worden bist und mein Lehrling sein kannst«, sagte er. »Du wirst es leichter haben als mancher andere Lehrling, weil du unter Zimmerleuten groß geworden bist. Die Werkzeuge kennst du und hast oft genug schon als Kind Säge, Axt und Bohrer in der Hand gehabt.«
    »Das Holz kenne ich auch, Großvater.«
    »Das Holz, Junge, wirst du ein Leben lang nicht ganz und gar kennen. Ist was Lebendiges. Wird dich immer überraschen, quillt, schrumpft, splittert, verdreht sich und oft genug geschieht das, wenn du es am wenigsten erwartest.«
    »Ich denke, Eiche ist Eiche und hart dazu und Linde bleibt Linde und lässt sich leicht schneiden.«
    »Das weiß jeder Bauer vom Holz, Luke. Aber du, du sollst es besser kennen lernen. Ich habe ein Geburtstagsgeschenk für dich.« Er zog aus seiner Tasche ein Messer, drückte auf einen Knopf am roten Messerheft und eine schmale, blitzende Klinge schnappte auf und blitzte in der Sonne.
    »Das soll mein Messer sein?«
    »Ja, Luke. Ist aus gutem Schwedenstahl. Ich gebe es dir, damit du dem Holz auf die Spur kommst. Ich warne dich, Luke, richte das Messer nie im Zorn gegen einen Menschen.«
    »Wie kann ich mit dem Messer das Holz kennen lernen?«, wunderte sich der Junge.
    Der alte Mann nahm aus der Seitentasche seiner Jacke ein Brettstück, etwa einen Fuß lang und einen Zoll dick. Die Maserung des Brettes lief gleichmäßig. Kein Astholz war darin. Mit einem Ansatz spaltete der alte Mann von dem Brett einen Span ab, der etwa auch

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