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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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hatte gehört, daß ich mich gegen den Streik am 1. Mai ausgesprochen hatte. Eines Tages traf ich ihn auf der Commissioner Street, und er ging wütend auf mich los und warf mir vor, die Jugendliga und ich wollten nicht mit Indern oder Farbigen zusammenarbeiten. In herausforderndem Ton erklärte er: »Du bist ein afrikanischer Führer, und ich bin ein indischer Jugendlicher. Doch ich bin überzeugt, die afrikanischen Massen unterstützen den Streik, und so fordere ich dich auf, irgendeine afrikanische Township für eine Versammlung zu benennen, und ich garantiere dir, daß die Leute mich unterstützen werden.« Das war eine leere Drohung, die mich dennoch erzürnte. Ich beschwerte mich sogar offiziell auf einer gemeinsamen Versammlung des ANC-Exekutivkomitees, des South African Indian Congress und der KP, doch Ismail Meer beschwichtigte mich und meinte: »Nelson, er ist jung und hitzköpfig, sei du’s nicht auch.« Da kam ich mir wegen meiner Überreaktion ein wenig töricht vor und zog meine Beschwerde zurück. Obwohl ich mit Kathrada nicht übereinstimmte, bewunderte ich seinen Elan. Über den Zwischenfall sollten wir später lachen.
    Der Streik am 1. Mai fand ohne offizielle Unterstützung des ANC statt. Vorsorglich verbot die Regierung alle Versammlungen und Zusammenkünfte an diesem Tag. Mehr als zwei Drittel der afrikanischen Arbeiter blieben während des eintägigen Streiks zu Hause. An jenem Abend waren Walter und ich in West-Orlando, am Rande einer Menschenmenge, die trotz der Restriktionen der Regierung zum Protest gekommen war. Der Mond schien hell, und während wir den wohlgeordneten Marsch der Protestierenden beobachteten, konnten wir eine Gruppe von Polizisten ausmachen, die etwa 500 Meter entfernt jenseits eines Flusses lagerten. Sie mußten auch uns gesehen haben, denn plötzlich begannen sie in unsere Richtung zu schießen. Wir warfen uns zu Boden und verharrten dort, als berittene Polizei in die Menschenmenge galoppierte und mit Knüppeln auf die Leute einschlug. Wir flüchteten uns schließlich in ein nahes Schwesternheim, wo wir hörten, wie Kugeln in die Gebäudemauer einschlugen. 18 Afrikaner starben, und viele weitere wurden bei diesem willkürlichen, unprovozierten Angriff verletzt.
    Trotz der Proteste und aller Kritik bestand die nationalistische Antwort in verstärkter Unterdrückung. Wochen später brachte die Regierung den berüchtigten Suppression of Communism Act ein, und der ANC berief in aller Eile eine Konferenz in Johannesburg ein. Das Gesetz verbot die Kommunistische Partei von Südafrika und bedrohte jedes Parteimitglied und jeden, der die Ziele des Kommunismus vertrat, mit einer Gefängnisstrafe von maximal zehn Jahren. Aber das Gesetz war so weit gefaßt, daß es auch den geringsten Protest gegen den Staat ächtete und es als Verbrechen bezeichnete, eine Lehre zu befürworten, die »politische, industrielle, soziale oder ökonomische Veränderungen mittels Verbreitung von Störungen und Unruhe« herbeiführen wollte. Grundsätzlich gestattete es das Gesetz der Regierung, jede Organisation zu verbieten und jede Person zu verhaften, die gegen ihre Politik opponierte.
    Der ANC, der TIC und die APO trafen sich abermals, um über diese neuen Maßnahmen zu diskutieren, und als einer von mehreren Rednern erklärte Dr. Dadoo, es wäre töricht, an früheren Differenzen festzuhalten und die Bildung einer Einheitsfront gegen die Regierung zu vereiteln. Ich schloß mich dieser Ansicht an: Die Unterdrückung einer Befreiungsgruppe bedeute fraglos die Unterdrückung aller Befreiungsgruppen. Auf dieser Versammlung sprach Oliver die prophetischen Worte: »Heute ist es die Kommunistische Partei. Morgen werden es unsere Gewerkschaften sein, unser Indian Congress, unsere APO, unser African National Congress.«
    Unterstützt vom TIC und der APO, beschloß der ANC für den 26. Juni 1950 einen nationalen Tag des Protests gegen die Ermordung von 18 Afrikanern am 1. Mai und gegen die Verabschiedung des Kommunistenverbots. Der Vorschlag wurde ratifiziert, und zur Vorbereitung des Protesttags schloß sich der ANC mit dem SAIC, der APO und der Kommunistischen Partei zusammen. Die Bedrohung, so glaubte ich, war groß genug, uns zu zwingen, den indischen und kommunistischen Kollegen die Hand zu reichen.
    Einige Zeit zuvor war ich in das Nationale Exekutivkomitee des ANC gewählt worden und hatte den Platz von Dr. Xuma eingenommen, der sich, nicht wieder zum Präsidenten gewählt, zurückgezogen hatte. Ich

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