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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Mitternacht im Bett. Das ist ein Skandal. Kinder brauchen ihren Schlaf. Ihr inneres Gleichgewicht und die Entwicklung ihres Gehirns hängen davon ab.«
    Er wurde immer lauter. Eine Mutter hatte sich ihm angeschlossen und fachte seinen Zorn noch weiter an, indem sie ihm zustimmte.
    »Zu allem Überfluss hat sie acht Euro pro Kind dafür verlangt!«, keifte sie.
    »Wenn man bedenkt, wie viel wir schon durch unsere Steuern für so etwas bezahlen«, fiel ein anderer Vater ein.
    »Das ist ein subventioniertes Theater«, schimpfte die Mutter. »Da könnten sie doch die Schüler umsonst reinlassen.«
    »Ganz meine Meinung!«, bekräftigte eine weitere Mutter, die sich zur Gruppe der Unzufriedenen gesellte. »Man muss in diesem vermaledeiten Land schon arm sein, damit sich jemand um einen kümmert!«
    »Sie sagen ja gar nichts«, herrschte Lefloc-Pignel Joséphine an, verärgert darüber, dass sie sich nicht am Gespräch beteiligte.
    Ihre Schläfen begannen zu brennen, und sie strich sich nervös übers Haar. Madame Berthier stand auf, kam zur Tür und schloss sie mit einem Ruck. Die Eltern waren fassungslos.
    »Sie hat mir die Tür vor der Nase zugeschlagen!«, empörte sich Lefloc-Pignel.
    Bleich starrte er die Tür an.
    »Das wundert mich nicht, mittlerweile holen sie die Lehrer ja schon aus den Vorstädten!«, bemerkte eine Mutter mit verkniffenen Lippen.
    »Wenn die Eliten sich auflösen, kann man für nichts mehr garantieren!«, knurrte ein Vater. »Armes Frankreich!«
    Joséphine hätte alles darum gegeben, irgendwo anders zu sein. Sie beschloss, ihre Flucht zu organisieren.
    »Ich glaube, ich rede in der Zwischenzeit noch mit dem … äh … Sportlehrer!«
    Eine Mutter musterte sie abschätzig, und in ihrem Blick las Joséphine die Verachtung eines Generals angesichts des Deserteurs. Sie ging davon. Vor jedem Raum standen ein Vater oder eine Mutter, die ungeduldig von einem Fuß auf den anderen traten. Ein Vater drohte, sich beim Minister zu beschweren, mit dem er sehr gut bekannt sei. Sie verspürte Mitleid mit den Lehrern und beschloss, deren Qualen zu lindern, indem sie ihren letzten Termin einfach schwänzte.
    Wieder zu Hause, erstattete sie Zoé Bericht. Betonte, welch gute Meinung die Lehrer von ihr hatten, und erzählte ihr von den tumultartigen Szenen, deren Zeugin sie geworden war.
    »Du bist ruhig geblieben, weil du zufrieden warst«, entgegnete Zoé. »Vielleicht haben die anderen Eltern viele Probleme mit ihren Kindern und regen sich deswegen so auf …«
    »Aber sie bringen alles durcheinander. Die Lehrer können doch nichts dafür.«
    Sie begann den Tisch abzudecken. Zoé kam zu ihr und schlang die Arme um ihre Taille.
    »Ich bin sehr stolz auf dich, mein Schatz«, sagte Joséphine leise und strich ihr über den Kopf.
    Zoé kuschelte sich enger an sie.
    »Was glaubst du, wann Papa zurückkommt?«, fragte sie nach einer Weile seufzend.
    Joséphine zuckte zusammen. Sie hatte den Mann aus der Métro ganz vergessen.
    Sie schloss die Arme enger um Zoé. Sah wieder den roten Rollkragenpullover vor sich. Die Narbe auf der Wange, das geschlossene Auge. Murmelte: »Ich weiß es nicht, ich habe keine Ahnung.«
    Als Iphigénie am nächsten Morgen die Post brachte, erzählte sie ihr, dass am Vorabend unter den Bäumen von Passy eine Frau erstochen worden sei. Neben der Leiche habe man einen Hut gefunden, einen merkwürdigen mandelgrünen Strickhut … »Genauso einen wie Ihrer, Madame Cortès!«

Zweiter Teil

I m Rezept stand: »Einfach, mittlerer Preis, Vorbereitung und Garzeit: 3 Std.« Heute war Heiligabend. Joséphine bereitete einen Truthahn zu, mit richtigen Kastanien gefüllt, nicht mit diesem tiefgefrorenen, geschmacklosen Brei, der am Gaumen festklebt. Frische Kastanien sind weich und duften, aber schockgefroren schmecken sie fad und teigig. Als Beilagen hatte sie Sellerie-, Karotten- und Rübchenpürees geplant. Außerdem Vorspeisen, einen Salat, eine Käseplatte, die sie bei Barthélemy in der Rue de Grenelle zusammengestellt hatte, und als Nachtisch die traditionelle Bûche de Noël, die mit Zwergen und Pilzen dekorierte Buttercreme-Biskuitrolle.
    Was ist denn nur los mit mir? Mir wird alles zu viel. Sonst brate ich den Weihnachtstruthahn doch immer so gerne. Jede Zutat weckt Erinnerungen, ich kehre zurück in meine Kindheit; ich stand auf einem Hocker und sah zu, wie mein Vater in seiner großen weißen Küchenschürze, auf der in blauen Buchstaben Ich bin der Küchenchef, alles hört auf mein

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