Der Lauf in die Vergangenheit: Teil 1 (German Edition)
Dienst erweisen! Der Feind kann uns nicht unterwerfen. Wir werden dieses Leben als freie Menschen verlassen. Wir, die Frauen und auch die Kinder. Aber Gott selbst machte diesen Schritt für uns notwendig und der Wunsch der Römer ist genau das Gegenteil davon, denn sie fürchten, dass einer von uns vor dem Fall der Festung sterben könnte. Daher werden wir kämpfen wie es Gott uns gelehrt hat – bis zum letzten Atemzug.“
Während der Rede war es sehr still gewesen und jeder hatte aufmerksam zugehört. Ein Jeder brauchte einen Augenblick um zu verstehen, was Eleazar ben-Ya’ir damit hatte ausdrücken wollen. Dann ein Rauschen, ein Jubeln und ein nicht endender Applaus.
Elena schaute mich ernst an: „Du gehst mit mir? Egal wohin?“
„ Ja, Elena, ich gehe mit dir.“
Was hätte ich auch anderes antworten können, denn ich war mir sicher, dass es kaum eine Möglichkeit zur Flucht gab. Wenn die Römer schon die Rampe in einer solchen Geschwindigkeit bauten, dann würden sie auch den Gürtel um Masada so eng zusammenziehen, dass eine Flucht absolut aussichtslos war. Wir lösten uns aus der Menge der Jubelnden und spazierten mit einem schlafenden Benjamin auf dem Arm still in unser Zelt.
Ein Sprung ins Ungewisse
Elena legte Benjamin in sein Bettchen und setze sich auf meinen Schoß. Dabei schaute sie mir tief in die Augen und flüsterte mir ins Ohr: „Es kann unsere letzte Nacht sein.“
„ Ich denke du hast recht. Und diese sollten wir nicht sinnlos verstreichen lassen“, antwortete ich und küsste ihren Hals.
Wir fielen zurück aufs Bett und liebten uns die ganze Nacht. Ich vergaß mehr und mehr Carrie, die mir so lange treu gewesen war. Alles, was ich in den letzten Wochen erlebt hatte, alles, was ich an Freundschaften geschlossen, an Liebe bekam und was für Erinnerungen in meinem Kopf gespeichert waren, würden morgen nicht mehr da sein. Ich schlief unruhig und spürte nicht einmal, als Elena wegen Benjamin aus dem Bett stieg und sich später wieder an mich kuschelte.
Die Sonne war gerade aufgegangen, als ich meine Augen aufschlug. Ich schaute eine Weile an die Zeltwand und dachte über den heutigen Tag nach, als ich das entfernte trompeten von Hörnern hörte. Ja, es war der bedrohliche Ton der römischen Besetzer. Der Gedanke jetzt aufzustehen war schrecklich und niederschmetternd zugleich. Aber es half nichts. Es gibt im Leben manchmal Dinge, die getan werden mussten, obwohl man gar nicht wollte und heute konnte es vielleicht sein, dass ich zum ersten Mal Jemanden im Gefecht auf Leben und Tod gegenüber stand. Schlimmer fand ich aber den Gedanken meine neue geliebte Familie oder sogar mich selbst töten zu müssen. Das war nicht unbedingt ein schöner Gedanke, aber was sollte ich sonst tun? Vorsichtig setzte ich mich auf. Elena schlief noch sanft unter der dünnen Decke. Wie schön ihr Gesicht war, wie gemalt und ich hatte keine Möglichkeit dieses Bild festzuhalten, außer in meinen Gedanken. Ich war immer der Meinung gewesen, Carrie wäre die Liebe meines Lebens, aber bei Elena fühlte ich mehr, viel mehr. Ich stand auf und dachte an das prasselnde Wasser einer heißen Dusche, so wie ich sie im Winter Palace hatte genießen können. Meine Wunde am Oberarm, die ich kritisch begutachtete, sah recht gut aus. Die Salben waren wirklich sehr wirkungsvoll und ich konnte mir noch nicht vorstellen, dass so viel Wissen, so viel Technik in den nächsten Jahrhunderten einfach verloren gehen würde. Als ich dabei war mich anzuziehen, spürte ich die zärtliche Umarmung Elenas. Ich drehte mich um, zog sie an mich und küsste sie.
„ Lass uns, sollten wir diesen Tag überleben, eine neue Zukunft aufbauen. Wenn nicht, dann sollen uns die Römer nicht lebend bekommen“, sagte sie mit harter Stimme.
„ Ja, Elena, das werden wir. Auch heute werden wir beim Kampf zusammen sein, und du wirst ein Auge auf mich werfen, damit mich keine Pfeile treffen“, antwortete ich schmunzelnd.
Elena lächelte. „Dein Humor ist ungebrochen, Tom, und das macht dich unbesiegbar. Nun lass uns etwas essen, damit wir für später gestärkt sind.“
Ich nickte und wir besorgten das Notwendige. Draußen war bereits eine große Anspannung zu spüren. Soldaten wurden zur Verteidigung der nördlichen Mauer geschickt und mit frischen Speeren und Pfeilen versorgt. Der kleine Benjamin, den ich sehr lieb gewonnen hatte, wurde kurz darauf von Elenas Vertrauten abgeholt und in Sicherheit gebracht. In einer ungewohnten
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