Der Lavendelgarten
kleinen Wohnung umsehen. In meiner Abstellkammer sehe ich dich, mein Luxusgeschöpf, nämlich nicht«, bemerkte er schmunzelnd.
Emilie hätte ihm gern gesagt, dass es ihr egal sei, wo sie wohnten, beschloss aber, wenn sie ihn schon einmal so weit hatte, überhaupt über ein gemeinsames Leben in London nachzudenken, das Thema fürs Erste ruhen zu lassen.
Im Bett jedoch sprach sie ihn auf seinen Aufenthalt im Château an.
Sebastian sah sie mit einem merkwürdigen Blick an. »Ich hatte dir doch gesagt, dass ich hinfahren würde. Weißt du das nicht mehr?« Er lachte. »Sind das die ersten Anzeichen von Alzheimer? Warum hätte ich dir das verschweigen sollen?«
»Sebastian, ich bin mir sicher, dass du das nicht erwähnt hast«, beharrte Emilie.
»Egal, ist das wichtig? Ich meine, ich würde von dir nicht erwarten, dass du mich um Erlaubnis fragst, wenn du hierherkommen möchtest, Emilie. Ich hatte ein bisschen Luft und dachte mir, ich fahre hin und fange schon mal mit der Bibliothek an. Das ist dir doch recht, oder?«
»Natürlich.«
»Prima. Gute Nacht, Schatz, ich muss morgen früh raus, den ersten Zug kriegen.«
Als Sebastian das Licht ausgeschaltet hatte, überlegte Emilie, wie es ihrem Mann immer wieder gelang, alle seine Handlungen plausibel und sie wie die Dumme erscheinen zu lassen.
Vielleicht täuschte sie sich ja tatsächlich …
Sie schloss seufzend die Augen. Nun, dachte sie, in der Ehe musste man zu Kompromissen bereit sein.
Am folgenden Morgen brach Sebastian um sechs Uhr nach London auf, und Emilie bemühte sich, wieder einzuschlafen. Am Ende gab sie auf und ging nach unten, um Kaffee zu kochen.
Zum ersten Mal seit ihrer Rückkehr nach Yorkshire hörte sie ihre Handynachrichten ab. In einer teilte Jean ihr mit, dass Jacques ins Krankenhaus in Nizza eingeliefert worden sei, die Antibiotika gut anschlügen und er sich rasch erhole. Er würde sie anrufen, sobald Jacques wieder zu Hause sei und sich kräftig genug fühle, den Rest der Geschichte zu erzählen.
Da es ein sonniger Tag war, machte Emilie noch einmal einen Rundgang durch den Garten, um sich zu orientieren, wo sie mit der Arbeit beginnen würde. Es war wichtig, dass sie sich in ihrer Zeit in Blackmoor Hall beschäftigte und etwas Nützliches tat.
Schon bald wurde ihr klar, dass die meisten Arbeiten, die im Garten anstanden, ihre Körperkräfte überstiegen. Die Beete mussten von Unkraut befreit, die Pflanzen zurückgeschnitten und gedüngt werden. Erst im Frühjahr würde sie endgültig beurteilen können, was sich nach Jahren der Vernachlässigung noch retten ließ.
Niedergeschlagen über die Sisyphusarbeit, die sie erwartete, kehrte Emilie ins Haus zurück, um noch einmal Kaffee aufzubrühen. Am Ende kam sie zu dem Schluss, dass sie im Augenblick eigentlich nur versuchen konnte, etwas aus der hübschen Terrasse vor der Küche zu machen, auf die die Morgensonne schien und zwischen deren alten Steinplatten Moos wuchs. Emilie stellte eine Liste der Dinge zusammen, die sie im nahe gelegenen Gartencenter erwerben wollte. Sie war sich sicher, dass sie es mit ein wenig Mühe und neuen Pflanzen schaffen würde, die Terrasse in einen anheimelnden Ort zu verwandeln.
Als sie vom Gartencenter und vom Supermarkt zurück war, beschloss sie, bei Alex vorbeizuschauen. Obwohl sie ihn leiden konnte, verwirrte es sie, dass er sich über Sebastian ausschwieg. Und da die Beziehung zu ihrem Mann gerade halbwegs im Lot war, wollte sie sie nicht gleich wieder in Gefahr bringen.
Um sieben Uhr abends klopfte sie an Alex’ Tür.
»Herein.«
Alex aß in der Küche zu Abend. Als sie eintrat, hob er lächelnd den Blick. »Hallo, Fremde.«
»Hallo«, antwortete Emilie verlegen. »Ich wollte mich vergewissern, dass es Ihnen gut geht.«
»Sogar sehr gut, danke. Und Ihnen?«
»Danke.«
»Wunderbar. Leisten Sie mir Gesellschaft?« Alex deutete auf den Shepherd’s Pie auf dem Herd. »Ich koche immer zu viel.«
»Nein, danke. Ich habe mir selber was gemacht. Brauchen Sie irgendetwas?«
»Nein, danke.«
»Gut. Dann lasse ich Sie jetzt in Ruhe essen. Sie haben ja meine Handynummer für den Fall, dass es Probleme geben sollte.«
»Ja.«
»Gute Nacht, Alex.« Sie verabschiedete sich mit einem Lächeln.
»Gute Nacht, Emilie.«
In den folgenden Tagen war Emilie damit beschäftigt, die kleine Terrasse zu säubern und die moosbewachsenen Töpfe von verwelkten Pflanzen zu befreien. Fürs Erste bepflanzte sie sie mit Winterstiefmütterchen, in einigen Wochen
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