Der Lavendelgarten
er das Bild begutachtet, und bin gespannt, ob ich recht habe«, erklärte Sebastian lächelnd.
»Sie können selbstverständlich dabei sein«, sagte Emilie. »Wann müssen Sie nach England zurück?«
»Ende nächster Woche, was bedeutet, dass ich Ihnen bis dahin zur Verfügung stehe. Sie haben so viel um die Ohren. Im Moment ist es das Wichtigste, für Ihre eigene und die Sicherheit des Hauses zu sorgen. Wenn Sie wollen, frage ich den Mann, der morgen das Schloss an der Haustür auswechselt, wen er für den Einbau einer Alarmanlage empfehlen kann.«
»Gern. Ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen soll.«
»Gut. Aber jetzt zu einem anderen Thema, das mich weit mehr interessiert«, sagte Sebastian zwischen zwei Bissen Spaghetti. »Haben Sie eine Ahnung, wieso sich in Ihrem Keller ein geheimer Raum befindet?«
»Nein.« Emilie schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, ich weiß sehr wenig über die Geschichte meiner Familie.«
»Möglich, dass der Raum im Krieg als Versteck genutzt wurde. Himmel, ein paar Minuten da unten würden reichen, mich in den Wahnsinn zu treiben.« Sebastian runzelte die Stirn. »Können Sie sich vorstellen, wie es gewesen sein muss, Tage, Wochen oder sogar Monate dort zu verbringen?«
»Nein. Ich wünschte, mein Vater wäre noch am Leben, damit ich ihn fragen könnte. Es ist mir peinlich, dass ich so wenig über die Vergangenheit weiß. Vielleicht erfahre ich beim Sortieren der Sachen mehr.«
»Bestimmt.« Sebastian räumte die Teller ab.
»Bitte, Sie haben genug getan. Lassen Sie mich das machen«, bat Emilie. »Sie müssen jetzt sicher los.«
»Wie bitte?« Sebastian sah sie entsetzt an. »Glauben Sie wirklich, ich lasse Sie heute Nacht allein mit einer Haustür, die man nicht verschließen kann? Ich würde kein Auge zutun. Nein, Emilie, erlauben Sie mir zu bleiben. Ich kann auf dem Sofa vor dem Kamin schlafen, das ist kein Problem.«
»Sebastian, ich komme zurecht, wirklich. Der Blitz trifft einen nur selten zweimal hintereinander, stimmt’s? Wie ich dem Gendarm erklärt habe, kann ich meine Schlafzimmertür absperren. Ich habe Ihnen schon zu viele Umstände gemacht. Bitte fahren Sie nach Hause.«
»Wenn ich Ihnen lästig bin, gehe ich natürlich.«
»Nein, das ist es nicht. Ich habe nur ein schlechtes Gewissen, weil ich Ihnen die Zeit stehle«, erwiderte Emilie hastig. »Schließlich kennen wir uns kaum.«
»Nicht nötig. Das Bett in meinem gîte ist sowieso hart wie ein Brett.«
»Nun, wenn Sie sicher sind, danke«, gab Emilie sich geschlagen. »Selbstverständlich schlafen Sie in einem der Zimmer oben. Es wäre albern, wenn Sie hier unten blieben.«
»Gut, abgemacht.« Sebastian griff nach dem Schürhaken. »Den lege ich neben das Bett, für alle Fälle.«
Nach dem gemeinsamen Abwasch verschloss Emilie die hintere Tür und führte Sebastian hinauf. »Margaux hält dieses Zimmer immer für unerwartete Gäste bereit. Ich hoffe, Sie fühlen sich darin wohl«, sagte sie.
Sebastian sah sich in dem großen Raum mit den herrlichen alten französischen Möbeln um. »Danke, Emilie. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht.«
»Ich Ihnen auch.«
Sebastian machte einen Schritt auf sie zu. Instinktiv schloss Emilie die Tür und eilte zu ihrem eigenen Zimmer, wo sie die Tür verriegelte und sich atemlos aufs Bett warf.
Warum hatte sie die Flucht ergriffen? Wahrscheinlich hatte Sebastian ihr nur einen keuschen Gutenachtkuss geben wollen. Sie boxte frustriert in die Kissen. Das würde sie nun nie erfahren.
Nach einer unruhigen Nacht, in der sie sich der Tatsache, dass Sebastian wenige Meter von ihr entfernt schlief, sehr bewusst war, ging Emilie am folgenden Morgen hinunter, um Kaffee zu kochen. Da sie angenommen hatte, dass Sebastian noch schlief, war sie überrascht, als sie einen Wagen hörte und Sebastian kurze Zeit später zur Hintertür hereinkam.
»Guten Morgen«, begrüßte er sie. »Ich war in der Bäckerei, Frühstück holen. Weil ich nicht wusste, was Sie morgens essen, habe ich Baguette, Croissants und Pains au Chocolat mitgebracht. Und meine französische Lieblingsmarmelade.« Er stellte seine Einkäufe auf den Küchentisch.
Wieder einmal bedankte Emilie sich. »Ich habe Kaffee gemacht.«
»Ich liebe es, in Frankreich am Morgen frisches Brot zu holen. Eine Tradition, die es in England schon lange nicht mehr gibt«, erklärte er. »Ach, und der Mann vom Schlüsseldienst hat angerufen, um zu sagen, dass er in einer Stunde hier sein wird.«
»Ich komme mir so dumm vor.« Sie
Weitere Kostenlose Bücher