Der Lavendelgarten
nicht teilen.«
»Wie meinst du das?«
»Alex hat dich überzeugt, dass er niemanden braucht, der sich um ihn kümmert. Wenn er allein ist, wirst du dich verpflichtet fühlen, wie heute Abend nach ihm zu sehen. Du hängst schon am Haken. Wahrscheinlich beklagt er sich über seinen grausamen Bruder und erzählt dir Schauermärchen über mich.«
»Sebastian, das stimmt nicht. Alex spricht mit mir nicht über dich«, erklärte Emilie.
»Trotzdem ist mir nicht wohl dabei, Emilie. Ich bin nicht immer hier und kann mir vorstellen, zu wie vielen lauschigen Tête-à-Têtes er dich überreden wird. Du glaubst, dass ich übertreibe, aber du weißt nicht, wie er ist. Er wird versuchen, dich mir wegzunehmen.«
»Keine Angst.« Emilie strich Sebastian über die Haare. »Ich liebe dich und will dir nur helfen.«
»Das weiß ich, Schatz. Und ich weiß auch, wie dumm ich mich anhöre, aber Alex manipuliert wirklich gern Menschen. Er darf keinen Keil zwischen uns treiben.«
»Das gelingt ihm nicht«, sagte sie.
»Vielleicht war es doch keine so gute Idee, dich hierherzubringen«, seufzte Sebastian. »Aber unter den gegebenen Umständen hatte ich keine Wahl.«
»Ich – wir können uns eine Wohnung in London leisten, Sebastian, und dort zusammen sein …«
»Da ist es wieder, dieses Wörtchen: ›ich‹.« Sebastian verzog das Gesicht. »Mir ist vollkommen klar, dass meine Frau in der Lage wäre, ein kleines Land aufzukaufen, wenn ihr der Sinn danach stünde, aber bitte lass mir meinen Stolz. Ich muss das für uns durchziehen, egal wie hart es für uns beide ist. Kannst du das verstehen?«
»Ja.«
»Tut mir leid, wenn ich in dieser Hinsicht störrisch bin, doch ich möchte nicht, dass jemand auf die Idee kommt, ich hätte dich deines Geldes wegen geheiratet.«
»Ich weiß, dass das nicht der Fall ist.«
»Gut. Wollen wir schlafen gehen?«
Sebastian brach am Montag nach London und Frankreich auf. Da schönes Wetter war, holte Emilie ein altes Fahrrad aus der Scheune und radelte zum Laden im Ort. Dort lehnte sie den Drahtesel an die Mauer, ging hinein und wartete in der Schlange.
»Könnte ich das hier aufhängen?«, fragte sie die Frau hinter der Theke, als sie an der Reihe war, und reichte ihr eine Suchanzeige für eine Putzkraft.
Die Frau nahm den Zettel, las den Text und musterte Emilie interessiert. »Ja, kostet ein Pfund die Woche. Sie sind also die Frau von Mr Carruthers, die er aus Frankreich mitgebracht hat?«
Emilie hatte Mühe, den starken Yorkshire-Akzent der Frau zu verstehen. So viel war allerdings klar: Neuigkeiten sprachen sich in dieser Gegend schnell herum.
»Ja. Ich zahle für zwei Wochen«, erklärte sie und nahm das Geld aus ihrer Tasche.
Die Frau nickte.
»Ich bezweifle, dass sich jemand meldet. An Ihrer Stelle würde ich es im Lokalblatt versuchen.«
» Merci für den Tipp. Ich meine, danke.«
Als Emilie zu ihrem Fahrrad zurückgehen wollte, hielt eine Frau sie auf.
»Mrs Carruthers?«
Da sie es nicht gewöhnt war, mit Sebastians Familiennamen angesprochen zu werden, brauchte sie ein paar Sekunden, bis sie reagierte.
»Ja?«
»Ich bin Norma Erskine, war viele Jahre lang Haushälterin in Blackmoor Hall und habe kurz vor Ihrer Ankunft gekündigt.«
»Das hat Sebastian mir erzählt.«
»Er hat mich gebeten zurückzukommen, aber ich mag nicht mehr.«
Emilie musterte die Frau: Sie war klein und rund und hatte lebhafte, freundliche Augen. »Tut mir leid. Alex hat Sie verärgert«, entschuldigte sie sich.
»Hmmm«, lautete die Antwort. »Sie wissen vieles nicht, was in diesem Haus passiert ist, und ich werde es Ihnen auch nicht erzählen. Ich möchte Ihnen nur sagen, dass die Großmutter der Jungs sich im Grab umdrehen würde, wenn sie Bescheid wüsste. Am Ende bin ich nur noch geblieben, weil ich es ihr versprochen hatte. Schön, Sie kennenzulernen. Hoffentlich ist Ihnen klar, was Sie sich da aufgehalst haben. Aber mich geht das ja nichts mehr an.«
»Ich habe schon gemerkt, dass die Situation nicht ganz einfach ist«, erklärte Emilie.
»Das ist eine Untertreibung, glauben Sie mir.« Norma verdrehte die Augen. »Haben Sie sich schon eingewöhnt?«
»Ja, es wird allmählich, danke.«
»Wenn Sie mal Lust auf ein Tässchen Tee haben sollten … mein Cottage ist das letzte auf der linken Seite des Ortes. Schauen Sie doch mal vorbei, meine Liebe, und berichten Sie, wie es läuft.«
»Danke, sehr freundlich von Ihnen.«
»Dann auf Wiedersehen.«
»Auf Wiedersehen.« Als Emilie aufs Rad
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