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Der Leberwurst-Mörder

Der Leberwurst-Mörder

Titel: Der Leberwurst-Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Jansen
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brav. Schreibst Kinderbücher über mutige Kinder, ängstliche Drachen und gute Feen. Hast du keine Fantasie? Schreib doch mal über Sex oder Mord, so etwas wollen die Leute lesen!«
    »Mama!« Jule ist empört. »Viele Kinder lieben meine Geschichten. Und sie wollen genau das lesen oder vorgelesen bekommen, was ich schreibe.«
    »Ja, schon. Aber in einen richtigen Bestseller gehören doch wohl ein paar heiße Nächte und mindestens eine Leiche.«
    Jule räuspert sich, als hätte sie sich verschluckt. Ich weiß, dass sie große Mühe hat, Carla keine böse Antwort zu geben. Und Jule weiß, dass es zwecklos ist, mit ihrer Mutter zu diskutieren.
     
    Da Carla übers Wochenende bei uns bleibt, sitzt Jule heute nicht am Schreibtisch. Bei dem fast pausenlosen Geplapper, das meist mit
Kind, wo ist ...?
oder
Kind, wusstest du eigentlich ...?
beginnt, kann sich weder Jule auf ihr Schreiben konzentrieren noch ich mich in Ruhe dem Dösen widmen. Also beschäftigen wir uns mit praktischen Dingen – ich fange Fliegen, und Jule nimmt sich das Katzenklo vor, das sie aus Lianes Wohnung mitgenommen hatte. Die stinkenden Hinterlassenschaften der Katzenkinder hat Jule jedes Mal mit so einer komischen Gabel daraus entfernt, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Denn wenn ich die Kleinen inzwischen auch fast so liebe, als wären sie meine eigenen Welpen, so werde ich doch den Geruch von Katzenpipi immer als sehr unangenehm empfinden. Jule zieht sich so komische gelbe Plastikhandschuhe an, leert den kompletten müffelnden Inhalt in die Mülltonne und baut das ganze Katzenklo auseinander, um es in der Badewanne auszuspülen. Unten ist so etwas wie eine ganz flache Schublade eingebaut, und als Jule diese öffnet, schaut sie verdutzt und legt den Kopf schräg, so wie ich es tue, wenn ich etwas nicht verstehe.
    Vorsichtig zieht Jule mit ihren behandschuhten Fingern ein gefaltetes Blatt Papier hervor, das in einer glänzenden Folie steckt, und legt es auf den Wäschekorb. Nachdem sie das Katzenklo fertig geputzt, mit neuer Streu versehen und wieder auf dem Boden im Flur platziert hat, wäscht sie sich die Hände und kommt mit dem gefalteten Papier ins Wohnzimmer.
    Carla klappert unterdessen in der Küche herum, ich glaube, sie backt einen Kuchen. Mittlerweile steht fast der komplette Inhalt von Jules Küchenschränken, gleichmäßig verteilt, auf sämtlichen Ablageflächen herum. Dazwischen werkelt Carla abwechselnd mit Schneebesen, Messbechern, Mehl- und Zuckertüten.
    Am Boden scharwenzeln neugierig die Katzenkinder umher. Willy sieht komisch aus, er scheint durch eine Mehlwolke gelaufen zu sein, was seinem Fell einen seltsamen Nebelhauch verleiht. Carla niest, worauf sich eine weitere Mehlwolke in der Küche verteilt.
    Ich sehe, wie Jule sich aufs Sofa plumpsen lässt, das Blatt Papier, welches sie im Katzenklo fand, auseinanderfaltet, ein überraschtes
Oh!
von sich gibt und die Hand vor den Mund schlägt.
    »Kind, ist dir nicht gut?«, kommt es sofort besorgt aus der Küche.
    »Hä? Nein, schon gut. Äh, ich glaub, Rika muss mal raus«, stottert Jule.
    Ich? Das wüsste ich doch, oder? Aber egal, es ist immer fein, mit Jule Gassi zu gehen! Also springe ich auf, kaum dass ich meinen Namen gehört habe, und stehe bereits schwanzwedelnd und auffordernd bellend an der Haustür, als Jule sich meine Leine schnappt. Während ich sie erwartungsvoll anschaue, packt sie ihr Handy und diesen mysteriösen Zettel, und los geht es.
    Gegenüber ist die dicke Schmitz gerade dabei, die Blumen in ihrem Vorgarten zu gießen. Sie sieht heute irgendwie verändert aus, als ob sie beim Friseur gewesen wäre. Kaum erblickt sie uns, winkt sie freudig herüber und setzt sich in Bewegung, wohl um Jule abzupassen und in ein Gespräch zu verwickeln. Die hat aber im Hinausgehen bereits auf ihrem Handy herumgetippt und hält es nun wartend ans Ohr, was die dicke Schmitz tatsächlich veranlasst, den Rückzug anzutreten. Dabei wedelt sie noch einmal grüßend mit der Gießkanne herüber.
     
    »Mara, gut, dass du da bist!« Jule ist ein bisschen außer Atem, weil sie sich beeilt hat, aus Sicht- und Hörweite der neugierigen Nachbarin zu kommen. »Du wirst es nicht glauben, was ich gerade gefunden habe. Dadurch ergibt alles einen neuen Sinn. Karoline hat uns nicht die ganze Wahrheit gesagt.«
    Ich werde nicht schlau aus dem, was Jule erzählt. Doch dann fährt sie fort.
    »Karoline hat ein Testament zugunsten des Tierheims gemacht. Ich habe es unten im Katzenklo

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