Der Leberwurst-Mörder
Jugend zu erzählen.
Mir dagegen geht dieser Metzger nicht aus dem Kopf. Ein grober, böser Mann, so hat Karoline ihn beschrieben, und so stelle ich mir einen Mörder vor. Hat ein Mensch, der Tiere umbringt, auch weniger Hemmungen, einen Menschen zu töten? Und dann ist da noch der Leberwurstgeruch vom Metzger Krumm, den ich auch an Lianes Leiche erschnüffelt habe. Leider ist das kein Beweis für Rolfs Schuld, da außer mir niemand diesen Geruch wahrgenommen hat. Es könnte doch sein, dass der Metzger Liane erwürgt hat. Das würde den Geruch nach Leberwurst an ihrer Leiche erklären. Mein kleines Hundehirn ist müde, aber diesen Gedanken muss ich festhalten und später weiterverfolgen.
Auf dem Heimweg in Maras Auto betont Carla immer wieder, wie froh sie ist, gerade jetzt bei uns zu sein, in dieser aufregenden Zeit. »Nicht auszudenken, Kind, du in einen Mord verwickelt und ganz allein!«
Hallo? Ich bin auch noch da und Mara ebenso. Von hinten kann ich Jules Gesicht zwar nicht sehen, bin mir aber sicher, dass sie wieder einmal die Augen verdreht.
»Ja, was ist das denn?« Mara klingt ärgerlich, als sie in unsere Straße einbiegt, aus der uns gerade ein Auto langsam entgegenkommt. »Hast du das gesehen? Das war Patullek. Was will der denn am Samstagabend um diese Zeit noch hier?«, wendet sie sich an Jule, während sie das Auto vor unserem Haus zum Stehen bringt.
»Keine Ahnung.« Jule zuckt müde die Schultern. »Zum Glück scheint er uns nicht gesehen zu haben. Hab jetzt überhaupt keine Lust, mit ihm zu reden. Das muss bis Montag warten.«
Die beiden Freundinnen verabschieden sich mit Küsschen und Drücken, und auch ich werde noch einmal herzlich von Mara geknuddelt.
Nach einer Mini-Gute-Nacht-Gassi-Runde falle ich in einen tiefen Schlaf. Ich träume einen wunderbaren Traum, in dem der Himmel statt mit leuchtenden Sternen mit duftenden Leberwürsten behangen ist, die sanft im Wind schaukeln und leise rufen: »Friss mich!« Leider kann ich nicht fliegen.
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Kapitel 16
Orchideen zum Frühstück
Am Sonntagmorgen verkündet Carla, dass sie sich nun nützlich machen und als Erstes mit mir Gassi gehen will.
»Kind, du schreib mal lieber«, sagt sie zu Jule und tätschelt ihr dabei die Wange, als wäre ihre Tochter wirklich noch ein kleines Mädchen.
Ich sehe, dass Jule die Zähne zusammenbeißt, weil ihr das nicht gefällt, und knurre ihre Mutter ein bisschen an. Doch Carla lacht nur, schnappt sich meine Leine, und hinaus geht es in Richtung Stadtpark. Leider lässt sie mich auch dort nicht frei laufen, sodass mein Besuch im Tierheim heute Morgen ausfallen muss. Dafür wird es auf dem Rückweg lustig, denn wir treffen die Nachbarin Frau Schmitz vor ihrem Haus.
Sie begrüßt Carla überschwänglich: »Ja, guten Morgen, sind Sie nich die Schwester von Frau Anders?«
»Ach nein, ich bin die Mama.« Carla kann sich scheinbar nicht zwischen Stolz und Erröten entscheiden und macht ein ziemlich komisches Gesicht.
»Wie geht’s denn Ihrer Tochter und den lieben Kleinen? Die Kätzchen sind ja so süß!« Mit einem vorsichtigen Blick zu mir hinunter beeilt sie sich, hinzuzufügen: »Und der Hund natürlich auch.«
Grrr ... ich bin nicht
der
Hund, sondern
die
Hündin! Warum kann die dicke Frau sich das nicht merken? Ich mag sie nicht, und wenn sie für Jule tausend Kuchen backen würde!
Plötzlich zieht Carla an meiner Leine. Ich habe vor lauter Ärgern die letzten Worte der beiden Frauen verpasst und bin nun umso mehr erstaunt, von Carla in die offene Haustür der Nachbarin hineingezogen zu werden.
Was wollen wir denn hier? Wenig später duftet es nach Kaffee, Carla und Frau Schmitz sitzen auf dem großen grünen Plüschsofa, und ich liege zu ihren Füßen auf dem weichen Teppich, auf dem Frau Schmitz allerdings ein dunkles großes Handtuch ausgebreitet und darauf bestanden hat, dass ich nur genau dort liegen darf. Schnell sind die beiden beim
Du
und somit bei Carla und Irene. Da haben sich die zwei richtigen Klatschtanten gefunden, denke ich, das kann dauern. Gelangweilt sehe ich mich im Wohnzimmer um. Soweit ich das von meinem Platz hier unter dem Tisch erkennen kann, dominieren in der Wohnung Grünpflanzen. Überall, auf niedrigen Schränkchen und kleinen Regalen, auf den Fensterbrettern und selbst auf dem Fußboden vor der Terrassentür stehen Töpfe mit Blumen darin, die in den verschiedensten Farben blühen. Jule hat auch
eine
solche Blume – die Orchidee, an der die Katzen
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