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Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giusi Marchetta
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Unterlippe.
    »Es ist vor allem wegen Andrea. Er ist nicht normal. Er macht mir Angst. Er macht allen Angst, und sie wollen nicht mehr in Klassenzimmer 9 kommen.«
    Petar hat Mattia den Dylan Dog gegeben, um sie nicht aus den Augen zu lassen. Auch du, Petar, denke ich.
    »Das ist ungerecht«, sage ich. »Wollt ihr ihm keine Chance geben, weil ihr zu egoistisch seid oder weil ihr Angst davor habt, was die anderen sagen?«
    Ich suche Petar über Mattias Kopf hinweg.
    »Es passt euch nicht, mit einem behinderten Menschen zusammen zu sein. Ihr schämt euch«, sage ich.
    Meriem lehnt sich ans Fensterbrett. »Manchmal kommt er ganz nah heran, als ob er mich gleich packen will. Ich weiß dann nicht, was ich tun soll, ich kriege Angst.«
    Ich sollte jetzt eine Antwort parat haben, sie beruhigen können. Stattdessen meldet sich Mattia zu Wort. »Um wen geht es eigentlich? Um Andrea? Na, der ist ja verrückt. Total verrückt.«
    Er hebt die Augenbrauen: Hat eine Idee.
    »Können wir die Werkstatt nicht alleine machen, ohne die?«
    Kaum hat er den Satz beendet, sieht Petar ihn einen Augenblick lang an: »Eigentlich gibt es doch gar kein Problem. Das ist nur einmal in der Woche, das ist doch gar nichts.«
    »Wir müssen es versuchen, Meriem«, füge ich hinzu. »Die Schule soll uns lehren, miteinander zu leben: Dazu ist sie schließlich da.« Petar werfe ich einen Blick zu. Danke.
    Sie seufzt.
    »Ok.« Sie dreht sich zum Fenster und schneidet eine Grimasse.
    Lupus in fabula. Wenn man vom Teufel spricht.
    »Was machen die denn da unten?«
    Im Schulhof stehen sich Riccardi und De Lucia gegenüber, schauen sich in die Augen. Der Lehrer breitet die Arme über dem Kopf aus, senkt sie dann langsam. Andrea tut das Gleiche mit geradem Rücken, ausgestreckten Armen, geschlossenen Fäusten, die Mittelfinger erhoben.
    »Gymnastik«, sage ich. »Sie machen Gymnastik.«
 
    Am Morgen sind die Busse voller Schüler, die mit ihren Rucksäcken den Durchgang versperren und sich über die Sitze hinweg unterhalten. Sie stören mich bei meiner morgendlichen Zeitungslektüre.
    »Am Ende ist Papa dann hingegangen, um mit Viglione zu reden.«
    »Woah.«
    »Ja, wirklich.«
    »Und was hat er ihm gesagt?«
    Da neue Fahrgäste hereindrängen, geht die Antwort unter. Aber das Geschnatter wird bis zur Haltestelle des Technischen Gymnasiums hier in der Nähe weitergehen.
    »Ist mir doch egal. Du weißt ja, dass mein Vater alle für sich einnimmt.«
    »O ja, er ist eine Persönlichkeit.«
    »Ja, in der Tat. Viglione erzählte, wie er bei einer Art italienischer NASA als Ingenieur arbeitete. Sie gaben ihm einen Haufen Geld.«
    »Wem, Viglione? Und was ist dann passiert?«
    »Passiert ist, dass er plötzlich Lehrer werden wollte. Er hat gekündigt, sagt er, um diesen Beruf auszuüben, obwohl er beschissen bezahlt wird. Verstehst du das?«
    Sie kichern, die Köpfe auf den Rucksäcken.
    »Aus Leidenschaft, hat er gesagt. Ach du Scheiße, der kann einem wirklich leidtun.«
 
    Als ich zum Frühstück in die Küche komme, mustert mich Margherita von Kopf bis Fuß.
    Ich nippe an ihrem Kaffee, um nicht den im Kännchen zurückgebliebenen Rest trinken zu müssen.
    »Willst du so aus dem Haus?«
    »Ist das ein unverzeihlicher Fehler?«
    Sie lächelt.
    »Nein, steht dir gut. Ich bin nur nicht daran gewöhnt.«
    »Gewöhn dich nicht daran.«
    Noch während ich die Wohnungstür schließe, dringt ihre Stimme zu mir.
    »Erklärst du es mir heute Abend?«
    Ich komme in die Klasse und brauche ein wenig, um sie hervorzuziehen. Mattia brummt verschlafen: Der Freitagmorgen ist fast so anstrengend wie der Montag. Zwei Schritte vor der Werkstatt fällt es ihm auf.
    »Du hast ja eine Brille?«
    Er ist überrascht und etwas fassungslos: Mir scheint, dass ich ihm ohne Brille besser gefallen habe.
    »Erinnerst du dich? Wir haben schon mal darüber gesprochen. Jeder von uns hat irgendein Problem und lässt sich helfen. Die einen brauchen mehr Hilfe, die anderen weniger oder andere Hilfe. Ich brauche eine Brille.«
    »Aber du hast sie nie auf!«
    »Ich trage Kontaktlinsen. Das ändert nichts an meinem Problem.«
    Jim.
    Mattia lächelt, boshaft.
    »So siehst du aber wie eine Streberin aus.«
    Was für eine schöne Lebensweisheit , flüstert Biagini, wir sind alle verschieden, alle ein wenig behindert, unsere Schwierigkeiten machen uns zu etwas Besonderem.
    »Nun, hat euch Zanna Bianca gefallen?«
    Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber für mich ist das beste an einer Behinderung, wenn

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