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Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giusi Marchetta
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habe ja gerade erst angefangen.«
    »Deswegen geht sie ja«, mischt sich Manuel ein.
    Savarese beachtet ihn nicht.
    »Und außerdem, was soll denn diese Ausrede? ›Morgen ist Schule‹ war schon mit achtzehn keine Entschuldigung mehr.«
    Ich will meine Hand wegziehen, tue es dann aber doch nicht.
    »Für mich gilt das nach wie vor. Es gilt immer.«
    Das ist nicht gesagt , murmelt Biagini. Dieses Jahr hat es geklappt. Nächstes Jahr, wer weiß.
    »Du bist Lehrerin?«, fragt Manuel.
    »Gymnasiallehrerin«, antwortet Savarese. »Besser, du bringst sie nicht auf die Palme.«
    »Was unterrichtest du?«
    Ich denke kurz nach.
    »Italienisch und Latein.«
    »Meine Lateinlehrerin war schon bei der Einigung Italiens dabei«, sagt Livio. »Wir hatten wirklich Angst, dass sie irgendwann in der Klasse tot umfällt.«
    Savarese macht den hinter ihm vorbeigehenden Mauro auf sich aufmerksam und bestellt noch mal zwei Cocktails.
    »Gut möglich, dass ihr das auch demnächst passiert«, sagt er. »Sie hat nämlich einen durchgeknallten Schüler.«
    Alle starren mich an. Ich bemühe mich zu lächeln.
    »Dieses Jahr arbeite ich vertretungsweise als Inklusionslehrerin. Ich habe einen sehr schwierigen Fall.«
    Die Tischgesellschaft gerät kurz ins Schleudern. Ich kneife die Augen zusammen, und alles ist wieder an Ort und Stelle: Nasen, Augen, Münder.
    »In meiner Klasse in der Mittelstufe gab es auch einen komischen Typen«, sagt Marco oder Gabriele, einer der beiden. Marco. »Er aß Fliegen. Aber er belästigte niemanden.«
    »Und du ihn?«, fragt Savarese.
    Marco blickt ihn abschätzig an.
    »Auch ich würde gerne als Lehrerin arbeiten«, sagt eine der jungen Frauen. »Mit kleinen Kindern vor allem.«
    Savarese bezahlt auch mein drittes Glas. Ich bitte ihn, das sein zu lassen. »Ich habe immer davon geträumt, Lehrer zu werden«, antwortet er mir.
    Jetzt fallen die Freunde mit Spott und Hohn über ihn her.
    »Im Ernst. Rechtswissenschaft. Pädagogische Hochschule. Letztes Studienjahr.«
    »Diese Hochschulen gibt es gar nicht mehr. Und ich bin mir nicht sicher, ob am Pädagogischen Gymnasium Rechtswissenschaft gelehrt wird.«
    Savarese hält mir die Hand vor den Mund.
    »Wie alt sind Sie eigentlich? Aber Sie wissen doch, dass Sie ein gutaussehender Mann sind? Sind Sie wirklich sicher, dass wir am Ende des Jahres nicht doch auf eine sechs kommen?«
    Ich warte, bis die anderen aufhören zu kichern.
    »Mir scheint, du ahmst unheimlich gern Frauenstimmen nach, Savarese.«
    »Das ist meine einzige Leidenschaft«, gibt er zu, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Es ist schon Mitternacht. Mein Glas ist halb leer.
    Ich hole Luft und schöpfe Mut. Wenn ich die Augen schließe, schwingt das Dunkel unablässig hin und her.
    »Bleib«, kommt mir Savarese zuvor und legt wieder die Hand auf meinen Arm.
 
    »Aber sind Sie sicher?«
    Gaglio brach in Gelächter aus.
    »Glauben Sie mir, die stehen alle mit einem Bein im Grab. Sie sind gar nicht imstande, jemandem etwas zuleide zu tun.«
    Er gab einem der Tiere einen Klaps auf den Rücken. Die Pferde scharrten ein wenig mit den Hufen und schwenkten die verschmutzten Schweife.
    »Wer will zuerst?«
    Dip rannte herbei, um sich den schwarzen Reithelm aufzusetzen, wobei er ihn erst zweimal hin und her drehen musste, bevor er richtig saß. Rita überließ es Lorenzo, dafür zu sorgen.
    Sid hielt sich am Pfosten des Gatters fest. Gaglio ging, den Helm in den Händen, zu ihm hin.
    »Sie tun dir nichts, komm.«
    Sid umklammerte den Pfosten mit den Fingern, würgte ihn und ließ flehende Blicke umherwandern.
    »Lassen Sie ihn in Ruhe«, sagte ich. Ich nahm ihm den Helm weg, entwaffnete ihn.
    »Mattia, komm, steig du auf.«
    Von der morschen Holzbank aus beäugte Mattia den alten Lloyd. Ich reichte ihm den Helm und schaute zu, wie er sich dem Trittsteig näherte, Lorenzos Hilfe ablehnte, sich breitbeinig auf den Rücken des Pferdes setzte und, die Hände fest um die Zügel geklammert, mit den Füßen die Steigbügel suchte.
    »Alle bereit?«
    Gaglio schwang sich auf ein Pferd und gab das Startzeichen zum Rundritt. »Spürt ihr die Muskeln der Pferde? Probiert mal, die Zügel anzuheben, und ihr werdet sehen, dass sie stehen bleiben.«
    Eine ganze Runde, die zweite, dann die dritte: Gaglio ließ die Zügel sinken.
    Herrenlos, richtungslos, verweilten Ross und Reiter unbeweglich in der Mitte der Koppel. Lloyd machte einige Schritte, bevor Mattia sich des freien Raums zwischen sich und den Palisaden bewusst

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