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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Sie hatte auf einmal ganz verkniffene Augen, und ihr Mund war nur noch ein Strich. Rechts und links liefen zwei scharfe Falten von ihren Mundwinkeln herunter.
    »Quatsch. Sehe ich aus wie ein Bulle? Nein, nein. Ich habe einen Chef, und der traut ihr nicht übern Weg. Und da soll ich Auskünfte einholen. Geht um Geld, verstehst du?«
    »Das versteh’ ich. Aber Harry sagt bestimmt nichts gegen die. Auf die lässt er nichts kommen. Er nennt sie immer Königin-Mutter. Königin-Mutter will dies, Königin-Mutter will das. Und Harry macht es. Besonders die Kissenschlachten.«
    »Die was?«
    Sie kicherte, jetzt hatte sie endlich ein gutes Thema. »Na, die Kissenschlachten. Also Harry ist da ja Hausmeister und Maschinenwart und Schlosser und Laufbursche und alles eben. Aber Harry ist auch ein guter Bock, ein wirklich guter. Und da hat sie sich angewöhnt, ihn ab und zu kommen zu lassen. Da muss Harry Böckchen spielen, verstehst du? Und weil Harry gut ist, verdient er da locker einen bis zwei Tausender im Monat. Wie bist du denn eigentlich auf Harry gekommen?«
    »Frag mich nicht. Das war ziemlich einfach. Ich habe erst über die Firma ein paar Erkundigungen eingezogen, und dabei bin ich auf Harry gestoßen. Harry, hat man mir jedenfalls gesagt, ist ziemlich helle in der Birne. Und also will ich ihn was fragen, verstehst du? Das ist alles. Ganz seriös. Und es ist echt was für ihn drin dabei.«
    »Tja, wenn das alles ist. Was ist mit uns, mein Schatz?«
    »Vielleicht ’ne Pulle, vielleicht reden, aber nicht auf die Matratze.«
    »Vielleicht ein Joint? Vielleicht ein Speed, eine schöne kleine Tablette, damit du gut drauf bist?«
    »Nichts, Gertie. Na gut, du bist Harrys Braut. Also schieben wir ab. Hast du eine Pulle? Wir gehen zu dir und reden, und ich schieb’ dir eine Nummer Bares rüber. Okay so?«
    »Okay«, sagte sie. »Ist gleich um die Ecke.«
    Sie stakste auch wie pretty woman, ausgreifend, ein wenig breitbeinig, erobernd.
    »Hast du auch einen bürgerlichen Beruf?«
    »Nie gehabt«, sagte sie. »Man versucht es, aber du fällst immer wieder auf die Schnauze. Harry will ja ’ne Kneipe irgendwann oder ein Café, irgendwas in der Art. Aber ich sage immer: Junge, lass die Finger davon! Erstens bist du selbst dein bester Gast, und zweitens greifst du pausenlos in die Kasse. Aber er will es nicht kapieren. Ich wollte neulich mal in ein Sonnenstudio reinriechen. Ich dachte: Vielleicht ist das was für Mutters Töchterlein. Also hab’ ich da als Geschäftsführerin angeheuert. O Mann, das war ein Ding. Mein Chef hat siebzehn oder achtzehn Studios. Als er merkte, dass mir das richtig Spaß macht, hat er erst mal die Putzfrauen rausgeschmissen und mir den Job zusätzlich aufs Auge gedrückt. Dann habe ich entdeckt, dass der in seinen Grills noch Röhren von 1986 drin hatte. Die sind dauernd durchgeknallt. Dann funktionierten die Schiebetüren in diesen Bratröhren nicht, und die Kunden waren eingeschlossen und flippten aus. O Mann, nein.« Sie warf die Hüften nach vorn und ging ein wenig so, als befände sie sich im Ansturm auf eine Liegewiese.
    Zwei Männer kamen uns entgegen, die nach Kanalmatrosen aussahen.
    »Heh, Jungens!«, sagte sie fröhlich.
    »Hallo, Baby«, sagte der Dünnere von den beiden. Der Dickere starrte sie an und sagte nichts.
    »Bin gleich wieder im ›Opossum‹«, sagte sie und zeigte ihr Pferdegebiss.
    »Wir warten, Baby«, sagte der Dünne und wiegte sich in den Schultern.
    Das Schild über der Haustür lautete: ›.ote. garn.‹. Sie schloss auf, und im Flur roch es eindeutig nach Pissoir.
    »Die haben hier nicht mal eine Putzfrau«, sagte sie. »Aber sie kassieren pro Tag zweihundertfuffzig für das Loch. Da muss eine alte Frau lange für stricken. Außerdem zahlst du satte zweieinhalb Riesen, wenn du dich einmietest. Die kriegst du nur wieder, wenn dein Macker dem Hausbesitzer aufs Dach steigt und ihm zeigt, was eine Harke ist. O Mann, diese Welt ist echt geldgeil.«
    Ihr Zimmer war wirklich ein Loch, mit uralter Blümchentapete, deren Farben in dem schummrigen Licht nicht mehr auszumachen waren. Das Bett in Rot, die Fenstervorhänge in Rot. Über dem Bett an der Wand ein Kruzifix. Ich erinnerte mich an eine andere Prostituierte in einem anderen Land, die ausgewaschene Präservative über die Querbalken des Kreuzes hängte, um sie dort zu trocknen.
    »Darf ich mir die Schuhe ausziehen?«
    »Du darfst alles ausziehen«, sagte sie. »Wie ist es mit einer Flasche Schampus?«
    »Trink nur. Ich

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