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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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bezahle die Flasche und eine Nummer. Und wir reden.«
    Sie fummelte an dem kleinen Eisschrank herum und stellte zwei Gläser auf den Boden neben das Bett.
    »Nicht für mich. Ich muss klar bleiben.«
    »Wie du willst. Aber hinlegen darf ich mich schon, oder?« Sie legte sich hin und sah einen Augenblick lang wie eine sehr alte, erschöpfte Frau aus.
    »Also hat Harry mit seiner Chefin geschlafen?«
    »Muss er, mein Lieber, muss er. Gehört zum Job.«
    »Was erzählte er davon?«
    »Nichts Besonderes. Harry sagte: Jedesmal, wenn es ihr kommt, schreit sie erst oh, oh, und dann gelobt sei Marx und Lenin, also diese toten Kommunisten. Es gibt eben schon komische Vögel.«
    »Sonst nichts?«
    »Sonst nichts. Na ja, sie lässt sich halt Tricks beibringen und sagt zu Harry, er sei der heimliche Schulmeister der Oberen Zehntausend, oder so. Aber das verstehe ich nicht.«
    »Was ist mit diesem Kanter, diesem Dr. Helmut Kanter hier aus Düsseldorf?«
    »Das ist der Ständige von der Grenzow. An den gibt sie auch die Tricks dann weiter. Manchmal kommt er auch ins ›Opossum‹. Wenn er schon genug getankt hat. Manchmal sagt er dann auch, er braucht eine Bude hier. Dann geht er mit der Frau Doktor hierhin, und sie bezahlen mich gut. Ein Tausender pro Nacht. Aber das ist selten.«
    »Was ist mit dem Bundestagsabgeordneten Sven Sauter? Kennst du den?« Für einen Moment dachte ich, das sei die falsche Frage gewesen; sie blickte mich lauernd an. Dann aber machte sie weiter, als wäre nichts gewesen: »Na sicher. Der ist immer um Kanter herum. So ein Schleimtyp.«
    Sie war von der Sorte gefährliche Zeugen, sie war jemand, der gerade so viel sagte, dass man aus ihren Äußerungen alles und nichts interpretieren konnte. Ich streckte mich neben ihr ein wenig aus. Ich fühlte mich erschöpft. Aus dieser Perspektive sah ihr Gesicht zuweilen fast schön aus, zuweilen sah man die Falten am Hals, die groben Poren der Haut.
    »Hast du mit diesem Sauter irgendwas zu tun gehabt?«
    Wieder zögerte sie. Dann sagte sie betont forsch: »Na ja, einmal schon. Da war er nicht schlecht. Harry hat ja den Offenbarungseid geleistet, als er zuletzt aus dem Knast kam. Das haben die ja alle. Und da schreibt er alles, was er hat, auf mich um. Da brauchten wir einen besseren Dauerkredit, und die Bank wollte nicht. Na ja, das habe ich Sauter so erzählt, weil er sagte, er hätte Bankleute, die fressen ihm aus der Hand. Eines Tages ruft mich ein Typ von einer Bank an und sagt, er würde sich freuen, mit mir Geschäfte zu machen. Und ob ich nicht mal vorbeikommen wollte. Na ja, ich also hin. Hab’ mich angezogen wie die Friseuse von nebenan. Da sagt der Bankfritze doch, er könne mir für den laufenden Überziehungskredit doch glatt zehntausend mehr zu gleichen Konditionen bieten. Das ist doch was, sage ich. Aber ich brauche noch einen Sonderkredit für ein Motorrad. Ja, macht doch nix, sagt er. Können wir bereden. Also habe ich alles festgemacht und Harry die Maschine geschenkt. Hatte er auch verdient, weil er ist eigentlich gut. Und wenn ich mal schlecht drauf bin, kann ich blaumachen.«
    »Das war die schwarze Yamaha, nicht wahr?«
    Sie sah mich an, zog beide Augenbrauen hoch und strahlte: »Dass du das weißt. Na klar, wir haben die ganz normale Ausgabe gekauft, und Harry hat sie zu einem Kumpel gefahren und schwarz spritzen lassen. Ich war erst fast ein bisschen sauer. Ein Geschoss ist das, sage ich dir.«
    »Aber er hatte doch vorher schon so eine Maschine, aber mit Werkslackierung. Hat er die denn auch noch?«
    »Na sicher, aber die benutzt er ja nur hier. Die Schwarze ist doch für den Ring, also den Nürburgring. Weil er doch zu denen gehört, die dauernd in die Eifel rasen und da ihre Rennen machen. Der Hammer war ja, dass ich die Maschine gekauft habe, und vierzehn Tage später kommt Harry mit einem Scheck, und da steht genau der Zaster drauf, den die schwarze Maschine gekostet hat. Zahl ein, Baby, sagt er. Meine Frau Doktor ist der Meinung, ich hätte das verdient. Aber das kam mir gerade recht. Ich also zur Bank und sage dem Fritzen: Also, hier hätte ich eigentlich das Geld für den Kredit, aber ich brauche das noch. Macht nix, sagt er, wir können es weiterlaufen lassen. Auf diese Weise habe ich mir nämlich ein BMW-Cabrio kaufen können. Harry sagte, ich wäre ein Ass.«
    Sie war sehr mit sich zufrieden, sie räkelte sich und nippte an dem Sekt. »Hat Harry irgendwann mal etwas erzählt, dass er auch private Aufträge seiner Chefin erledigen

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