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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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definitive, endgültige Aussagen niemals bekommen werden, weil die, die wir fragen müssten, tot sind. Weshalb also diese Dreckwühlerei? Wir leben ohnehin in sehr schwierigen Zeiten. Afrika kocht, der Nahe Osten kocht, die ehemalige Sowjetunion ist kurz vor der Explosion, mit dem Vereinten Europa klappt es vorne und hinten nicht, die fünf neuen Länder im Osten kosten wahnsinnig Geld, die Steuern platzen aus den Nähten. Warum um Gottes Willen, müssen Sie angesichts all dieser Schwierigkeiten weiterhin im Schlamm dieses vergleichsweise kleinen Falles herumwühlen, der sich nur unter extremen Ausnahmebedingungen entwickeln konnte? Dieser Fall, Herr Baumeister, ist doch kein Spiegelbild des zu Arbeit, Anstrengung und Vernunft hoch motivierten deutschen Bürgers. Der Bürger, Herr Baumeister, hätte für so eine journalistische Arbeit auch kein Verständnis. Der Bürger hat ganz anderes im Sinn – seine Familie, sein Vorwärtskommen. Lassen Sie die Toten ruhen, Baumeister, machen Sie stattdessen eine Reportage, wie phantastisch es trotz allem in den fünf neuen Bundesländern aufwärts geht.
    Clara machte die Badezimmertür auf und fragte: »Wir hatten etwas miteinander, Baumeister. Kannst du mir sagen, ob wir immer noch etwas miteinander haben?«
    »Ich weiß es nicht. Ich bin zu, ich bin dicht. Ich kann dazu jetzt nichts sagen.«
    »Du weichst aus.« Ihr Gesicht war ganz rot.
    »Ich weiche nicht aus. Ich habe einfach keine Luft mehr für Probleme aller Art.«
    »Lieber Himmel«, schrie sie fast, »wieso weicht ihr Machos immer aus, wenn man Hilfe braucht?«
    »Ich bemühe mich, keiner zu sein. Und ich bin auch nicht ihr Machos, ich bin Baumeister. Du kannst auf meine Hilfe rechnen, wenn diese Geschichte den Bach runter ist, wenn die Akte geschlossen wird.«
    »Bis dahin bin ich verrückt geworden«, sagte sie leise.
    »Bist du nicht. Vielleicht übersiehst du die Tatsache, dass sehr viele Menschen die kleine Welt, in der wir leben, genausogut zu kennen scheinen wie ihre Hosentasche. Tatsächlich kennen sie die kleine Welt aber nicht, gar nicht. Du bist kein Einzelfall, du hast nur sehr schnell begreifen müssen, dass …«
    »Du redest wie ein Pfarrer, Baumeister.«
    »Stimmt, entschuldige. Ich kann jetzt nicht helfen, ich muss arbeiten.«
    »Schreibst du diese Geschichte?«
    »Das kann ich noch nicht. Ich denke, wir erleben jetzt den Endspurt!«
    »Kann ich dabei sein?«
    »Nein, kommt nicht in Frage, ist zu gefährlich.«
    »War es eigentlich Lippelt, der uns im Auto beschossen hat?«
    »Das kann sein. Aber der ist tot, er kann uns keine Auskunft mehr geben. Und es gab mindestens zwei von diesen Yamaha Genesis. Mich würde nicht wundern, wenn es sogar drei oder vier gibt!«
    »Was machst du jetzt?«
    »Nachdenken, ausruhen, etwas essen, gammeln. Eigentlich habe ich die Nase voll, eigentlich will ich den Fall gar nicht mehr.«
    »Und was mache ich?«
    »Du wirst dich ausruhen, dir einen neuen Job suchen, Erfahrungen mit dir selbst machen, etwas Neues zimmern. Denke ich.«
    »Was ist mit uns, Baumeister?«
    »Freunde, wir sind auf jeden Fall gute Freunde. Du kannst herkommen und dir die Eifelsonne auf den Bauch scheinen lassen oder im Winter vor dem Kamin hocken.«
    »Was ist mit uns, habe ich gefragt?«
    »Ich weiß es nicht, Clara, ich weiß es wirklich nicht.«
    Sie nickte, drehte sich herum, ging den Flur entlang und hielt den Kopf gesenkt. Mir war sehr elend zumute.
    Ich ging zu Anni. Ich fragte: »Sag mal, wenn wir diesen Bauernhof erben, dann kann dort ein anderer so lange nicht glücklich arbeiten, wie er von uns weiß, oder?«
    »Richtig, mein Junge. Wir blockieren ihn mit diesen verdammten Erbscheinen.«
    »Was schlägst du vor?«
    »Na ja, ich dachte, wir fahren mal hin, sehen uns das an, sehen uns vor allem die Leute an, die dort arbeiten. Und wenn sie uns gefallen, schenken wir ihnen den ganzen Quatsch. Wir könnten ja auch darum bitten, dass sie uns ein Zimmer einrichten. Zum Ferienmachen, oder so.«
    »Und wenn die Leute uns nicht gefallen?«
    »Dann schenken wir ihnen das Ding trotzdem und verzichten auf die Zimmer.« Sie grinste wie ein gutmütiger Drache.
    »Du bist ein wahres Schätzchen.«
    »Nein, ich bin eine alte Frau mit Rheuma, Gicht und Ischias und vielen kleinen Wehwehchen.«
    »Weißt du eigentlich genau, warum mein Vater dich nicht geheiratet hat?«
    Sie war eine Weile wie erstarrt. »Genau weiß ich es nicht. Ich nehme aber an, ich war eine viel zu bequeme Frau.«
    Ich ging in den

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