Der letzte Agent
anregend und fröhlich.
Es fiel sofort auf, dass die Bedienung ausschließlich aus hübschen jungen Frauen bestand, die in sehr züchtig wirkenden, hochgeschlossenen Kleidern steckten. Sie rannten lächelnd mit vollen Tabletts durch die Tischreihen, sie schufteten richtig.
Ich suchte nach Marga und fand sie hinter der voll besetzten Bar an der Kasse. Zumindest tippte ich darauf, dass nur diese Frau Marga sein konnte. Sie war groß und schlank und trug ein enges, golden glitzerndes Kleid, das bis unters Kinn geschlossen war. Ihre fast weißblonden Haare waren hochgetürmt, ihr Gesicht schmal, ein wenig kantig und sicherlich schön zu nennen. Ihre Augen waren hart wie Kieselsteine, aber groß und blau.
Ich ging an die Bar und fragte der Einfachheit halber direkt in ihr Gesicht: »Sind Sie Marga?«
Sie lächelte, nickte und fragte: »Wieso?«
»Weil mir gesagt wurde, Ihr Laden hier sei klasse.«
»Ist er klasse?«
»Das will ich herausfinden«, sagte ich. »Ich hätte gern einen Kaffee.«
»Marschiert schon«, sagte sie und hatte sofort das Interesse an mir verloren. Sie wandte sich einer Gruppe von drei äußerst eleganten jungen Männern zu, die Goldkettchen und Rolex am Handgelenk trugen und sich laut dreckige Witze erzählten. Es geht eben nichts über eine solide berufliche Ausbildung.
Ich bekam meinen Kaffee von einer wesentlich unattraktiveren pummeligen Rotblonden, die affektiert: »Bitte, Sir« sagte.
Ich suchte eine Treppe in das Obergeschoss, sah aber keine. Ich machte einen Ausflug auf die Toiletten. An denen ist immer erkennbar, wie gut ein Restaurant geführt wird. Marga führte ein gutes Haus. Auch auf dem Weg zu den Toiletten sah ich keine Treppe nach oben. Auf einer schmalen Tür stand ›Privat‹. Möglicherweise war das der Weg in das Obergeschoss.
Ich ging zurück, trank meinen Kaffee aus, zahlte und ging hinaus. Ich umrundete das Haus zweimal und prägte mir die Lage der Fenster genau ein. Es musste nach diesen Fenstern zu schließen in einem Raum hinter der Bar eine Treppe nach oben geben.
Ich ging wieder hinein und bat eine Bedienerin um einen Platz an einem Tisch. »Ich möchte essen«, sagte ich.
Sie sah sich um, ging dann auf ein älteres Ehepaar zu, das an einem Vierertisch saß, und sprach leise mit ihnen. Dann sagte sie: »Sie können bei den Herrschaften Platz nehmen.«
»Danke sehr«, sagte ich und setzte mich.
Der Mann lächelte mir freundlich zu. »Wir essen hier oft, es ist prima hier. Mein Sohn und seine Familie kommen auch immer.«
»Unser Sohn ist Regierungsrat in Bonn«, sagte die silberhaarige Dame und lächelte leicht. »Er hat einen schweren Beruf, und er braucht so ein Lokal, in dem man gut und diskret essen kann.«
»Das glaube ich«, sagte ich und versuchte auch zu lächeln. Die Bedienerin legte eine in Leder gebundene Karte vor mich hin.
Ich schlug sie nicht auf, ich sagte: »Ich hätte gern ein Schweinesteak, rosa. Mit grünem Pfeffer und frischer Ananas.«
»Selbstverständlich. Und vorher einen Drink?«
»Kaffee.«
Die silberhaarige Dame sagte immer noch lächelnd: »Man erkennt gleich, wer etwas vom Essen versteht.«
Ich lächelte ihr zu, und ihr Mann sagte: »Mein Sohn sagt immer, er würde die wirklich Gebildeten an dem erkennen, was sie essen.«
»Ihr Sohn hat sicherlich Recht«, meinte ich freundlich.
»Mein Sohn«, sagte die silberhaarige Dame, »ist der Meinung, dass nur der in der Welt herumgekommen ist, der Fleisch grundsätzlich mit Früchten isst. Wenn es Ananas ist, liebt er frischen Geschmack, wenn es Avocados sind, mag er lieber Herbes und Wild. Mein Sohn sagt …«
»Entschuldigen Sie«, sagte ich, »aber dürfte ich um Pfeffer und Salz bitten?« Wahrscheinlich arbeitete ihr Sohn im Ernährungsministerium. Gibt es so etwas?
Der ältere Mann reichte mir das Set. Ich schüttete ein wenig Salz auf die Hand und leckte daran. »Meersalz«, sagte ich. »Wer etwas vom Essen versteht, nimmt grundsätzlich Meersalz.«
»Köstlich«, sagte der Mann, »wirklich köstlich.«
»Amüsant!«, pflichtete ihm die Frau bei.
»Notfalls kann ich ein Eifelschwein von Hunsrückschweinen unterscheiden«, sagte ich.
»Wie machen Sie denn das?«, fragte der Herr verblüfft.
»Ich schaue nach den Stempeln auf ihren Arschbacken«, sagte ich mit ernster Miene.
Er hatte plötzlich das Gesicht eines Karpfens und prustete dann los. »Köstlich. Meine Liebe, hast du das gehört? Das erzähle ich meinem Sohn.« Er war mit Sicherheit der Typ, dem ich auch
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