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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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voran. Sein silbernes Haar fiel lang auf den schwarzen Samt hinunter.
    Er fühlte sich als Marionette Gottes. Der Herr im Himmel hielt ihn an unsichtbaren Fäden und führte ihn sicher. Es war weder Angst in ihm noch Glück, nichts außer einer wohligen Leere, aus Holz geschnitzt schien ihm sein Leib. Wenn sich die Männer vor ihm tief verbeugten, neigte er huldvoll den Kopf. Alles lief von selbst wie in einer Wassermühle: Strömte das Wasser über die hölzernen Schaufeln, drehte sich das Rad, und die Welle übertrug die Kraft des Wassers auf die Steine, die das Korn zermahlten. Und das Wasser strömte kräftig – nichts konnte mehr fehlgehen.
    Vor des Kaisers Zelt war ein noch größeres aufgestellt worden, mit aufgeschlagenen Vorhängen und Schranken ringsum. Der König saß im Purpurmantel auf einem erhöhten Thron, neben ihm der Erzbischof von Magdeburg und andere hohe Prälaten. Die Fürsten und Grafen hatten schon auf den Bänken Platz genommen, und viele Räte standen mit Pergamenten und Büchern um sie herum, flankiert von geharnischten Rittern.
    Rehbock war sicher, daß sein Spiel gewonnen war, denn eines hatte er vom jungen Waldemar gelernt: Ohne ihr Gesicht zu verlieren, konnten die Fürsten nicht mehr zurück, und Karl würde ihn schon deshalb als echt und recht bestätigen, weil er sich die Lausitz einverleiben wollte.
    Doch in dem Augenblick, als die Freude jäh in ihm aufschießen wollte, fiel sein Blick auf einen Franziskanermönch in brauner Kutte, und sein Herz krampfte sich zusammen, denn nun war alles aus. Der da stand, war kein anderer als Bruder Marquardus, der ihm in Jerusalem das Leben gerettet hatte und der ihn besser kannte als irgendein Mensch auf Erden.
    Wie gelähmt blieb er stehen und starrte den Franziskaner an. Vielleicht hätte ihn der ohne seine Panikreaktion gar nicht erkannt, nun aber, das sah er am Aufblitzen seiner Augen, war es geschehen. Rehbock wußte, daß Marquardus klug genug war, die Lage sofort zu durchschauen. Schrie er jetzt auf und lief zu Karl, war alles verloren, und man würde den falschen Waldemar ohne langen Prozeß erhängen wie einen gemeinen Verbrecher.
    Auch Nienkerken wurde von Unruhe gepackt. So, wie sich die beiden Männer maßen, war klar, daß sie sich von früher kannten und der Mönch seinem Herrn wahrscheinlich im Heiligen Land begegnet war. Und da war er ganz sicher nicht als Markgraf Waldemar herumgelaufen … Würde der Franziskaner die Wahrheit herausschreien?
    Diese Furcht stand auch Rehbock ins Gesicht geschrieben. Aber vielleicht ließ Bruder Marquardus die Sache laufen, wie sie lief, weil er sich sagte, daß Gottes Wille hier geschah. Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?
    Rehbock gab sich einen Ruck, todesmutig blieb er vor dem Franziskaner stehen und trug ihm seine flehentliche Bitte vor: »Bruder Marquardus, das Land braucht einen neuen Herrn, denn unter Ludwig hat es viel gelitten und ist kurz vorm Untergang. Verstehst du mich?«
    Damit, daß er ihn beim Namen genannt hatte, war seine Botschaft klar und deutlich ausgefallen: Wir wissen beide, wer wir sind, und ich lege mein Schicksal ganz in deine Hand.
    Da verkündete Marquardus feierlich: »Ich vertraue dem, der in Jerusalem war und in der Grabeskirche oft gebetet hat. Mögen andere Reh und Bock erlegen, du aber wirst ein Fürst in diesen Landen sein, ein Friedensfürst für Mensch und Tier.«
    »Gott sei mit dir!« sagte Rehbock und faltete die Hände. »Herr, erquicke mich nach deinem Wohlgefallen, denn du bist mein Gott; dein guter Geist führe mich auf ebener Bahn.«
    Bruder Marquardus hob segnend die Hände: »Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele; der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.«
    Damit wandte er sich ab, bahnte sich einen Weg durch die Menge und verschwand in Richtung Müncheberg. Rehbock sah ihm lange hinterher. Herr, ich danke dir!
    »Gehen wir«, sagte Nienkerken. »Der König wartet schon.«
    »Ist der Bayer auch erschienen?«
    »Nein, Ludwig ist nicht da.«
    Rehbock ging die letzten Schritte zum König wie in Trance, und als er dann vor ihm stand, wurde ihm unter dem samtenen Rock so heiß, daß er dahinzuschmelzen glaubte wie ein Eisblock in der Frühlingssonne. Dabei wichen ihm die dunklen Augen unter den schwarzen Haaren beständig aus, und daß der König höchst unsicher war, bemerkte man auch an dem Weidenstöckchen, an dem er mit dem Messer

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