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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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gezwungen, sich von seinem schweren Geldsäckel zu trennen. Vielleicht würde die Beute sie zufriedenstellen, zumindest aber ein Weilchen aufhalten. Doch Guntzo sah sich schon am Galgen hängen.
    Meinhard von Attenweiler hatte Meile um Meile zurückgelegt und wußte noch immer nicht, für welches glückliche Ende er sich entscheiden sollte: Leah als seine Geliebte oder aber Leah als seine Frau mit Ehevertrag. Wie aber sollte das gehen zwischen einem Lehnsherrn Ludwigs und der Tochter eines Juden aus Berlin? Doch er wurde aus seinen Grübeleien herausgerissen, als er an einen Hohlweg gelangte, und in diesem erhob sich nun ein ziemlicher Lärm. Er suchte nach einem Standplatz im dunklen Dickicht, um zu sehen, was sich dort unten tat. Es konnte ein Zug von Soldaten sein, Ritter mit ihren Reisigen, die aufgebrochen waren, um eine der zahllosen Fehden auszutragen. Vielleicht waren es auch nur Buschräuber, die nach Brietzen zogen, um Vieh zu stehlen. Denkbar war auch, daß sich Kaufleute und andere Reisende auf dem Weg nach Norden zu einem Trupp vereinigt hatten, um sich so vor Räubern und Rittern zu schützen.
    Attenweiler band das Pferd fest und schob sich bis an den Rand des Hohlweges vor, den sie hierzulande ›Rummel‹ nannten. Was er sah, ließ ihn aufatmen. Zwar schien ihm der Zug der Reiter, Wagen und der einfachen Wanderer endlos zu sein, doch an der Spitze ritt ein Dominikaner, und die drei Männer an seiner Seite sahen aus wie Ratsherren aus Brandenburg, Spandau, Bernau oder Frankfurt an der Oder. So stand er auf und gab sich als einer zu erkennen, der nichts Böses im Schilde führte.
    »Hallo, darf ich mit Euch ziehen?«
    »Wer seid Ihr?« fragte der Dominikaner.
    »Der Meinhard Attenweiler aus Nürnberg, ein Waffenhändler nur.«
    »Nun, wenn Ihr die Waffen nicht gegen uns richtet, dann kommt.«
    »Wohin geht Euer Zug?«
    »Nach Spandau hoch, teils auch nach Brandenburg, der Stadt.«
    »Gut.« Meinhard holte sein Pferd und reihte sich ein.
    Als die Sonne hinter den Kiefernwäldern unterging, erreichten sie einen alten Hof, der wüst geworden war, und beschlossen hier zu rasten, denn Mensch wie Tier waren müde. Zwar fehlten Dach und Balken, doch die Feldsteinmauern boten Schutz vor Wind und Wetter und womöglich auch vor angreifenden Räuberbanden. Bald regte sich geschäftiges Leben. Es wurde ausgepackt und abgeladen, und die Knechte liefen zum See, um in hölzernen Schöpfeimern Wasser zu holen, und in den Wald, denn man brauchte viel dürres Holz fürs große Feuer, über dem auch bald der Kessel brodelte und sich Spieße drehten. An denen steckten Gänse, Schinken und mancherlei Wild. Wer viel hatte, half den Bedürftigen aus, und es fehlte nicht an Eintracht, so verschieden die Leute an Alter, Stand und Herkunft auch waren. Dicht am Feuer aber saßen die von höherem Rang, zuerst die Geistlichen, dann die mitziehenden Ritter und schließlich Eike Winns, ein Kaufherr aus Frankfurt an der Oder. Meinhard hockte mit den übrigen dahinter. Ein Domherr vom Havelberger Stift sprach den Segen, dann wurde gegessen. Die ersten Bissen wurden noch schweigend genossen, dann aber begann man zu erzählen, denn viel Erregendes geschah in dieser Zeit.
    Der Domherr hatte seinen Becher mit köstlichem Malvasier gefüllt und berichtete von einem irren Kapuzinermönch, der in Brandenburg von der Kanzel herab mit seinem Zetern über die Verderbnis der Welt die Leute verschrecke. »Wenn er vom ewigen Flammenpfuhl spricht, darin sie alle glühen werden, sieht man in seinen Augen das leibhaftige Höllenfeuer. Vom Untergang der Welt hört man ihn predigen.«
    »Den hatten wir doch schon«, bemerkte Eike Winns, »als die Litauer unser Land verwüstet haben.«
    Die schrecklichen Erinnerungen wurden wieder wach, und man gedachte Anselmas, der Märtyrerin im Nonnenkloster an der Oder, der verschleppten Frauen und Kinder, aber auch des Propstes von Bernau, den sie in Berlin erschlagen hatten. Über zwanzig Jahre war das nun her, aber noch so lebendig wie gestern erst geschehen.
    »Die Berliner haben's mächtig büßen müssen«, sagte der Dominikaner. »Der Bann von Rom und Magdeburg hat schwer auf ihnen gelastet, und mit großen Summen und harten Bußübungen haben sie sich loskaufen müssen.«
    »Dabei haben sie noch Glück gehabt«, lachte Eike Winns, »denn viele fromme und kluge Leute haben ja erwartet, daß das Meer über die Ufer treten und die Mark Brandenburg fortschwemmen würde wie Sodom und Gomorrha.«
    Ein Berliner

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