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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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allem, was sie tun und lassen wollten, frei in Wald und Feld. Man jagte und man hängte sie, wenn man sie denn faßte, doch scheute man sich nicht, mit ihnen zu paktieren, wenn die Kräfte fehlten, sie wirksam zu bekämpfen. Und das war oft der Fall, denn das Land war weit, und der Markgraf hatte weder Geld noch Lust, die Soldaten zu bezahlen, die nötig waren, Brandenburg von allen marodierenden Banden zu säubern. Die Macht der Städte reichte kaum über ihre Mauern hinaus.
    Doch Guntzo war merklich schlecht gelaunt an diesem Tag, denn gestern hatten sie in Spandau zwei Freie gefangen und gerichtet, zwei Männer, die mal eben nach reicher Beute Ausschau halten sollten. Das schrie nach Rache, mußte aber warten, denn erst war mit den Ruppiner Grafen ins reine zu kommen. Einer von deren Lehnsmännern hatte die beiden Genossen in Spandau verraten.
    »Dabei haben wir mit den Ruppinern einen Pakt geschlossen, daß wir uns gegenseitig in Ruhe lassen«, grollte Wilkin.
    Guntzo nickte. »Am Tage aller Seligen haben wir uns an den Rauhensteinen mit Handschlag gelobt, daß keiner den anderen schädigen solle auf drei Jahre …«
    »… bis wieder aller Seligen Tag«, fügte Ruprecht hinzu.
    »Nun – den Lehnsmann der Ruppiner, den haben wir erschlagen«, sagte Wilkin.
    »Mit dem Blutgeld, das wir bei uns haben, wird die Sache ausgestanden sein.« Guntzo schlug mit der flachen Hand auf den schweren Beutel, den er unter seinem Umhang dicht am Leib verborgen hatte. »Was unsere Schuld betrifft. Dann sind die edlen Herren am Zuge. Achtung!«
    Dieser Ausruf bezog sich auf das Frauenkloster, das nun vor ihnen aufgetaucht war und umgangen werden mußte. Ein schmaler Knüppeldamm führte durch sumpfiges Gebiet. Nach einer halben Stunde erreichten sie die Birkenschenke, von der aus das Schloß am See gut zu erkennen war.
    Guntzo gab seine Weisungen. »Ich setze mich in die Schenke und warte, Wilkin hält draußen Wache, und du, Ruprecht, reitest zum Schloß, um dem Grafen zu vermelden, daß wir gekommen sind und um freies Geleit anhalten.«
    So geschah es denn auch. Guntzo band sein Pferd im Hofe fest und betrat den niedrigen Raum, um sich einen Krug Wein kommen zu lassen. Der Wirt erkannte ihn und erzählte ihm die letzten Neuigkeiten.
    »In Gransee macht Euch einer von den Rittern Konkurrenz: der Hans Lüddecke vom Roten Haus. Einen reichen Kaufmann aus München hat er gefangen und bei sich eingesperrt. Und wartet auf das Lösegeld.«
    Guntzo nickte. »Drunter und drüber geht es hierzulande! Nun, uns stört es nicht.«
    »Wart nur, wenn der Waldemar wiederkommt.«
    »Außer Jesus Christus ist noch niemand auferstanden.«
    »Er schon. Viele haben ihn gesehen. Als frommer Pilger aus Jerusalem soll er durch die Dörfer ziehen.«
    »Unsinn!« rief Guntzo, der, bevor er zu den Freien in den Wald gegangen war, als Kämmerer der mecklenburgischen Grafen in Lohn und Brot gestanden hatte. Von Geburt her war er der Guntzo von Köpcke und kam aus einem kleinen Nest in der Prignitz, da, wo sich die Stepenitz durch die Wiesen schlängelte.
    So redeten sie eine geraume Weile, bis Wilkin in der Tür erschien.
    »Sie kommen!« schrie er.
    »Wer?«
    »Die Reisigen aus'm Schloß!«
    Guntzo sprang auf. Hetzten also die Ruppiner Grafen Soldaten auf sie. Er stürzte zur Tür und sah sie kommen. Fünfzig Mann bestimmt. Sie sprengten den Weidendamm entlang.
    »Das sind zu viele. Fliehen wir!« Mit zwei Sätzen hatte Guntzo sein Pferd erreicht. Doch der Strick, mit dem es festgebunden war, hatte sich im Geäst verheddert. Als Guntzo endlich im Sattel saß, war es zu spät, durchs Tor zu reiten, er mußte es wagen, über die Hecke zu setzen. Das gelang ihm auch, nicht aber Wilkin auf seinem schwächeren Pferd. Der mußte einen zweiten Anlauf nehmen und hatte nur noch zwanzig Pferdelängen Vorsprung vor den gräflichen Reitern, als er es schließlich geschafft hatte. Jetzt galt es, aufs Glück zu vertrauen.
    Doch als Guntzo sich umdrehte, sah er, daß Wilkins Pferd ins Moor geraten war und steckenblieb. Mit wüstem Geschrei waren die Reiter heran. Guntzo konnte Wilkin nicht zu Hilfe kommen, denn zwischen ihnen war der Sumpf, und die anderen waren viel zu viele. So mußte er ansehen, wie sie dem Gefährten mit drei, vier mächtigen Hieben den Schädel spalteten. Mit einem Racheschwur auf den Lippen gab er seinem Roß die Sporen, doch die Verfolger kamen näher und näher. Sie hatten gute Pferde und kannten das Gelände besser als er. So war er

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