Der Letzte Askanier
haben dich alle erkannt, gestern auf der Wiese vorm Tor, meine Frau und meine Schwägerin.«
Rehbock lachte. »Du, deine Frau und deine Schwägerin. Was zählt das schon gegen all die Fürsten, die mich erkannt haben: als Waldemar.«
»Nun …« Der Müller schien nicht auf den Kopf gefallen. »Wir haben etwas gegen dich, das dich entlarvt – und Markgraf Ludwig würde viel Silber darum geben, daß er's hätte.«
Schwäche packte Rehbock, und er mußte sich setzen. Was konnte das sein, was der Kerl da aus früheren Zeiten hatte? Oder täuschte er nur? Wollte er Geld – und wäre es von Nutzen, ihm welches anzubieten? Alles ging ihm wild im Kopf herum, und hinter den Schläfen pochte es wie im Fiebersturm. Windmühlenflügel drehten sich vor seinen Augen. Hungert deinen Feind, so speise ihn mit Brot; dürstet ihn, so tränke ihn mit Wasser. Denn du wirst feurige Kohlen auf sein Haupt häufen, und der Herr wird's dir vergelten. Er wußte nicht weiter.
Da kam Nienkerken in den Raum gestürzt, er hatte auf dem Flur gelauscht und alles mitbekommen. Mit der umgedrehten Lanze drosch er auf Bode Beetz, den Müller, ein und schrie dabei. »Du elender Strauchdieb, du! Wie ein Räuber bist du eingedrungen hier, na warte!«
Rehbock, in der Angst, der Ritter würde den Mann erschlagen, ging mit erhobenen Armen dazwischen. »Laß ihn!«
Nienkerken warf die Lanze in die Ecke, riß das Schwert heraus und setzte es dem Müller Beetz auf die Brust. »Weißt du, daß du des Todes bist!?«
»Nein, ich …«
»Um meinen Herrn zu retten, kann ich dich hier niederstechen, wie's mir beliebt – und auch König Karl würd's billigen. Nur die Gnade Waldemars kann dich noch retten. Wer ist das also hier an meiner Seite – ist das der Müller Rehbock aus Bärwalde?«
Da konnte Bode Beetz nur noch schlucken. »Nein …«
»Wer ist es dann?«
»Waldemar …«
»Lauter!«
»Markgraf Waldemar.«
»So ist's recht.« Nienkerken ließ das Schwert sinken und hielt die Tür auf. »Und solltest du es noch einmal wagen, deinen Fürsten zu verleugnen, dann ist es aus mit dir. Und jetzt verschwinde!« Als der Müller an Nienkerken vorbei war, bekam er einen Tritt in den Hintern, daß er die Treppe hinunterschoß.
Rehbock atmete schwer. »Ging denn das wirklich nur so, mit Gewalt?«
»Ja!« rief Nienkerken. »Und das war nur der Anfang, denn es bedroht uns nicht nur dieser Müller, da sind auch noch Ludwig und Karl. Bis jetzt haben wir so getan, als gäbe es sie nicht, und sie haben uns ja auch gewähren lassen, als wären wir nicht existent. Nun aber wird es Ernst, und List und Diplomatie helfen nicht mehr, auch nicht das Volk, das seinen Waldemar will, sondern nur noch Axt und Schwert. Ludwig zieht seine Truppen zusammen, und wir müssen uns rüsten zur Schlacht.«
Alles, was Nienkerken über die Schachzüge von Herzog Ludwig und König Karl in Erfahrung bringen konnte, gab er früher oder später an Rehbock weiter. Auch hatte er ihn im Gebrauch von Schwert, Streitaxt und Lanze unterwiesen. Zwar mußte der Markgraf nicht an der Spitze seines Heeres kämpfen, doch ging es trotz seines hohen Alters nicht an, ihn gänzlich im Lager zu lassen. Vor Strausberg war noch alles gutgegangen. Hier hatten sich die Heere der Askanier und der Mecklenburger mit dem Herzog Barnim und den Pommern vereinigt und die Stadt, die zu Ludwig hielt, gestürmt. Müncheberg war es wenig später nicht anders ergangen.
»So brauchst du denen wenigstens keine neuen Freiheiten gewähren«, sagte Nienkerken in seiner spöttischen Art.
Ohne viel Mühe hatte Rehbock sich die Mark bis auf die Neumark und das Land Lebus unterworfen. Die Lausitz hielt es mit dem Herzog Rudolf und konnte einstweilen außen vor gelassen werden.
Nach diesem schnellen Erfolg war aber nun mit Ludwigs Gegenwehr zu rechnen. Man wußte, daß er sich an König Waldemar von Dänemark, einen nahen Verwandten, um Hilfe gewandt hatte, ebenso an den Herzog von Sachsen-Lauenburg und an Lübeck, dessen Schutzherr er war.
»Auch zu König Kasimir von Polen soll er geschickt haben«, sagte Nienkerken, als sie von Strausberg aus nach Süden ritten. »Jedenfalls steckt Ludwig in der Neumark drüben. Und Graf Waldemar soll sich schon in seiner Gefangenschaft befinden.«
»Mein Gott! Stimmt es also, daß sie im Anzug sind: Pfalzgraf Ruprecht mit einem großen Heer aus Bayern und der Pfalz und auch Günther von Schwarzburg?«
»Ja. Und außerdem soll Ludwigs Heer in der Neumark lagern, irgendwo in
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