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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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was ich ersehnet,
    ich bin gekommen an die Statt,
    da Gott als Mensch gelebet hat.
    Elisabeth trat ein, um mit ihm das Nachtgebet zu sprechen. Das war ein Ritual, das er wie kein anderes liebgewonnen hatte. Die Begine, obwohl dreißig Jahre jünger als er, war wie eine Mutter für ihn. An seine eigene Mutter hatte er keine Erinnerung mehr.
    »Daß Ihr den armen Leuten gegen die Müller geholfen habt, will ich Euch hoch anrechnen«, sagte Elisabeth.
    »Das ist mir aber auch sehr schwer gefallen«, erwiderte Rehbock schwerfällig lachend, denn die Müdigkeit hatte ihn die Vorsicht vergessen lassen, und gleich darauf erschrak er, weil ihn die Begine mit ihren Vergißmeinnichtaugen streng und prüfend ansah.
    »Wie meint Ihr das!?«
    Rehbock konnte keine befriedigende Antwort finden und wünschte sich Nienkerken herbei – offenbar so sehr, daß der auch wirklich kam.
    »Entschuldigung, aber eben meldet ein Bote aus der Lausitz, daß sich die Gräfin Matilde von Nordheim mit ihrer Tochter in der Gewalt einer Räuberbande befindet.« Nienkerken blieb abwartend in der Tür stehen.
    Wieder war Rehbock um eine schnelle Antwort verlegen. Es war wirklich mehr Last als Lust, Markgraf zu sein.
    »Ja, nun … Ist das meine Schuld? Soll sich Ludwig um sie kümmern. Oder Karl. Wir können nicht überall gleichzeitig sein!« Er wünschte sich, daß es einen großen Knall mit Rauch und Feuer gäbe – und er wieder als Pilger aus Jerusalem in seinem Erdloch säße.
    »Sprechen wir nachher noch drüber«, sagte Nienkerken und verließ ihn und die Begine wieder.
    »Das mit den Müllern …« Rehbock hatte endlich die Antwort auf ihre Frage gefunden. »Ja, warum hab ich da gezögert? Um mir die Mächtigen der Stadt nicht zu Feinden zu machen. Herz und Kopf – die sind manchmal nicht zusammenzubringen.«
    Elisabeth nickte. »Wer sich des Armen erbarmt, der leihet dem Herrn; der wird ihm wieder Gutes vergelten. Laß uns beten: Unser Vater in dem Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel. Unser täglich Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld …«
    Noch als sie längst gegangen war, fragte sich Rehbock, ob und wie sehr er sich schuldig gemacht hatte dadurch, daß er der Welt vorspielte, Markgraf Waldemar zu sein. Wenn Gott alle Schritte eines Menschen lenkte, dann war es doch auch dessen und nicht sein eigener Wille, daß er Waldemar war. Wie ging das alles zusammen? Eine Antwort fand er nicht, und es quälte ihn über die Maßen. So war er recht erfreut, als es wiederum an seine Türe klopfte. Nienkerken, stets munter wie eine Amsel am Morgen, würde seine Sorgen verscheuchen.
    Doch in der Tür stand nicht sein Berater und Freund, sondern ein untersetzter Mann, kahlschädlig und mit bläulichrotem Gesicht, der sehr aufgeregt schien, denn er drehte seinen Hut mit den Händen wie ein Rad, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Doch seine Stimme war nicht schüchtern, sondern eher anmaßend.
    »Eure fürstliche Gnaden«, begann er mit hörbarem Spott. »Nach Albrecht, Otto, Johann, Konrad … nun Markgraf Jakob. Wie geht das?«
    Rehbock fuhr zusammen. Da war also einer, der ihn von früher kannte; es war das eingetreten, was er schon lang befürchtet hatte. Und dennoch hatte er sich keinen Plan dafür zurechtgelegt. Ohne Nienkerken schaffte er das nicht. Ja, was nun? Erst einmal: Zeit gewinnen. Darum stellte er sich schwerhörig und bat den Besucher, seine Frage zu wiederholen. »… und außerdem: wer bist du denn!?«
    »Ich bin der Müller Bode Beetz aus Niemegk, der Sohn dessen, der Euch damals, bevor Ihr nach Bärwalde fortgezogen seid, Eure alte Mühle abgekauft hat.«
    »Was? Ich eine Mühle verkauft!?« Rehbock tat so, als überlegte er. »Das ist Sache meines Kanzlers gewesen. Frag meinen alten Notarius!« Er war stolz darauf, sich so elegant aus der Affäre gezogen zu haben.
    Doch der andere lachte nur. »Seit wann hatte der Müller Jakob Rehbock damals einen Notarius!?«
    »Von wem redest du da?«
    »Von Euch, sozusagen von Müller zu Müller.«
    Rehbock erhob sich zu voller Größe. »Weißt du eigentlich, daß du vor Waldemar dem Großen stehst?«
    »Groß schon – aber nur ein großer Betrüger.«
    Rehbock entschloß sich, heiter und überlegen zu wirken, obwohl ihm die Knie beträchtlich zitterten. »Auf die Beweise bin ich mal gespannt, Bode Beetz. Entweder du hast sie – oder dich hat der Galgen.« Diese Wendung fand er genial.
    »Wir

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