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Der letzte Bissen

Der letzte Bissen

Titel: Der letzte Bissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Ard
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hörte Schreie und Befehle.
    Ein Querschläger pfiff an den drei im Abseits Stehenden vorbei, die Kugel bohrte sich neben dem Staatssekretär in die Wand. Fast synchron warfen sie sich zu Boden und suchten Deckung. Das Inferno dauerte zwei Minuten, dann war alles ruhig.
    Bastian erhob sich am schnellsten und lief auf den Platz.
     
    Es roch wie auf einem Schießstand. Das Erste, was Bastian ins Auge fiel, war der im Rollstuhl zusammengesunkene Körper Günther Wollwebers. Mehrere Kugeln hatten seine Brust zerfetzt. Seine schlaffen Hände berührten fast den Boden. Neben dem Rollstuhl lag eine Pistole.
    Bastians Blick suchte den Junior. Boris saß auf dem Asphalt, die Beine von sich gestreckt, sein Rücken lehnte an der Eingangstür der Ruine, von seinem Gesicht war nicht mehr viel zu erkennen.
    Ein Polizist kniete neben Kellner Samtlebe und fühlte seinen Puls, er schüttelte den Kopf. Die Leiche des zweiten Bewachers verdeckte Harder, ein Polizist stieß mit dem Fuß die Waffe zur Seite.
    Sarah und Eberwein traten neben Bastian.
    »Was ist passiert?«
    Liebisch kam zu ihnen und machte ein zerknirschtes Gesicht. »Bedauerlicherweise ist keiner auf die Idee gekommen, den Alten in seinem Rollstuhl zu filzen. Damit konnte doch niemand rechnen. Und dann ging alles ganz schnell.«
    »Ist einer Ihrer Männer verletzt?«
    »Ich glaube nicht.«
    Sarah meinte, eine Bewegung wahrzunehmen. Sie lief zu dem Anwalt und kniete sich neben ihn. Sein Anzug war blutgetränkt, aber es war nicht sein eigenes Blut, sondern das des Mannes, der über ihm lag. Sarah winkte zwei Polizisten heran, die die Leiche wegzogen. Harder war im Unterleib und im rechten Oberschenkel getroffen worden.
    Seine Augen starrten in den Himmel. Dann blinzelte er.
    »Er lebt noch!«, schrie Sarah auf.
    Sie knöpfte ihm die blutige Jacke und das Hemd auf. Der Anwalt trug darunter eine dieser neuartigen dünnen, aber schusssicheren Westen, die sich auch Polizisten kaufen konnten, allerdings auf eigene Rechnung. Auf der Weste hatten deutlich sichtbar drei Kugeln, die abgeprallt waren, Abdrücke hinterlassen.
    »Wir brauchen einen Krankenwagen.«
    Bastian beobachtete, wie sich Eberwein und Liebisch einen Blick zuwarfen. Als Liebisch bemerkte, dass Bastian ihn im Visier hatte, griff er zum Funkgerät.
    »Ist schon unterwegs!«
    Sarah presste ein Taschentuch auf die Wunde in Harders Unterleib. Der Mann würde nie mehr Kinder zeugen können.
    »Vielleicht kann mir mal jemand helfen!«, brüllte sie.
    Die Polizisten guckten fragend in Richtung ihres Vorgesetzten. Per Kopfbewegung wies Liebisch zwei seiner Männer an, Sarah zu assistieren. Sie agierte wie eine gelernte Krankenschwester.
    »Er verliert zu viel Blut. Bindet ihm das verletzte Bein ab.«
    Zehn Minuten später fuhr ein Krankenwagen vor. Sarah wich nicht von Harders Seite. »Ich werde mitfahren!«
    »Das ist doch nicht nötig«, sagte Eberwein. »Der Mann ist in guten Händen.«
    »Es gibt hier ohnehin nichts mehr für mich zu tun.« Ungerührt stieg sie in den Krankenwagen, der kurz darauf sein Blaulicht in Gang setzte und davonschoss.
     
    Bastian stand unter Schock. Er beobachtete das Treiben um sich herum wie durch einen Wattebausch, bis er begann, sich zu wundern. Liebisch rief seine Männer nicht zur Ordnung, dabei spazierten sie kreuz und quer über den Tatort, klaubten die herumliegenden Waffen auf und zündeten sich Zigaretten an. Später würde es schwierig werden, Spuren zu sichern und den Tathergang zu rekonstruieren. Außerdem lernte man auf der Polizeischule, dass man Flüchtenden in die Beine schießt. Brustbein, Schambein, Stirnbein und Jochbein hatte der Ausbilder nicht gemeint.
    Liebischs Leute gingen zur Tagesordnung über. Autos, Frauen, Hertha und die eigenen Chancen des baldigen Aufstiegs in eine höhere Besoldungsgruppe waren die dominierenden Themen einer unaufgeregten Konversation.
    »Schöne Scheiße.« Eberwein stellte sich neben Bastian.
    »Was ist mit dem Film?«, fragte Bastian.
    »Was für ein Film?« Eberwein tat erstaunt.
    »Darum ging es doch bei der Entführung. Boris Wollweber gegen einen Film. Ich schätze mal, damit ist der Film gemeint, mit dem die Regierung erpresst wird.«
    Eberwein runzelte die Stirn. »Woher wissen Sie davon?«
    Bastian fuhr mit der Zunge über seine staubtrockenen Lippen. »Ich weiß nur das, was ich vorhin gehört habe.«
    Der Staatssekretär nickte. »Ja, Sie haben richtig gehört.«
    »Haben Sie den Film?«
    Eberwein schüttelte den Kopf.

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