Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation
Rabea bestimmt. ‚Warum sollten uns die Christen verfolgen? Wir haben viele Freunde unter ihnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie uns Übles wollen.‘
‚Du kennst die Menschen nicht‘, sagte Vater düster. ‚Wir Juden sind nach dem Abzug der Muslime in der Minderheit. Wir werden zur Zielscheibe der Neider und Unzufriedenen. Viele Christen werden uns für kommende Missstände, Niederlagen, schlechte Geschäfte und Missernten verantwortlich machen. Es wird einen Rückfall im Denken der Menschen geben.‘
‚Du siehst zu schwarz, lieber Mann.‘
‚Ich bleibe auch hier!‘, erklärte ich. ‚Ich will auf keinen Fall fort aus Granada.‘ Ich weinte, stampfte mit den Füßen auf den Boden. Vater war klug genug, keinen heftigen Streit vom Zaune zu brechen.
So bestimmt und sicher ich mich auch an diesem Abend und in der nächsten Zeit gab, so war mein Herz doch schwer und die Traurigkeit in meinem Gemüt war stärker geworden. In meinem Zimmer spielte ich auf der Laute, während Biba und Hasan ihre zottigen Köpfe an meine Knie schmiegten.“
„Sieh nur, Tamas, die Morgenröte steigt über den Horizont, die Sonne geht über der Stadt auf. Ich bin müde und glücklich, dass wir zusammen sind. Nimm mich in den Arm und lass uns ein wenig ruhen, bevor ich weitererzähle.“
Tamas schloss sie in seine Arme, deckte seinen Umhang über sie beide und sie fielen in einen kurzen, unruhigen Schlaf.
Das Spiel muss zu Ende gehen!
Pandora: „Bist du noch dabei?“
Tamas: „Was soll der Scheiß? Natürlich bin ich dabei.“
Pandora: „Was tust du?“
Tamas: „Ich höre die meiste Zeit zu, was denn sonst?“
Pandora: „Jetzt hörst du nicht zu.“
Tamas: „Weil du mich unterbrochen hast. Was willst du denn!“
Pandora: „Deine Spielzeit ist bald überzogen!“
Tamas: „Was soll das heißen?“
Pandora: „Das heißt, das Spiel muss zu Ende gehen. Bald gibt es keinen Code mehr.“
Tamas: „Ist das eine Drohung?“
Pandora: „Du beschäftigst dich zu viel mit dem Mädchen.“
Tamas: „Bist du etwa eifersüchtig?“
Pandora: „Ich hab dir schon mal gesagt, dass wir keine Liebesstory machen.“
Tamas: „Kann mich nicht erinnern.“
Pandora: „Dann sag ich es jetzt.“
Tamas: „Interessiert mich nicht. Ich will bei ihr bleiben. Ich liebe sie!“
Pandora: „Trotzdem ist deine Zeit begrenzt.“
Tamas: „Hör auf damit, Pandora! Die halbe Menschheit lebt doch heute in der virtuellen Welt. Es gibt keine Begrenzung.“
Pandora: „Das musst du mir überlassen.“
Tamas: „Ich habe mich auf dein Spiel eingelassen, vergiss das nicht. Ich habe dir einen Gefallen getan. Ich habe das Recht, das Ende selber zu bestimmen! Und jetzt mache ich weiter mit der Geschichte des Mondmädchens. Ob es dir passt oder nicht!“
Tamas ist wütend. Er hat ganz vergessen, wie sehr er auf Pandora angewiesen ist. Plötzlich erschrickt er bei dem Gedanken? Was wäre, wenn sie ihm keinen neuen Code gab?
„Pandora?“
Nichts.
Stattdessen Mokis akustisches Chat-Signal Drummers Call :
Ta-ta-ta-tatata-blapp!
Dreimal, viermal. Nervend. Tamas klickt auf das Chat-Fenster.
„Was ist, Alter? Kommst du voran mit deiner Bewerbung?“, schreibt Moki.
„Geht so.“
„Du hast noch gar nicht angefangen?“
„Nicht wirklich.“
„Kommst du morgen ins Radschu zu meiner Geburtstagsparty?“
Geburtstag? Tamas hätte es glatt vergessen.
„Klar komme ich“, schreibt er zurück. „Bis dann also.“
„Dann können wir deine Sache bequatschen.“
„Welche Sache?“
„Die Bewerbungssache, was denn sonst? Ich dachte, das ist eilig.“
„Ja, schon.“
„Also lass dich nicht hängen. Was machst du eigentlich die ganze Zeit?“
„Nichts Besonderes.“
„Also, komm vorbei!“
„Mal sehen.“
„Pandora?“
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Er gibt den vorherigen Code nochmal ein.
Das Bild erscheint, Tamas ist wieder in der Szene mit Susana auf dem Hügel am Stadtrand von London.
Bedrohung
Susanna erwachte. Sie blickte um sich, als wüsste sie im Moment nicht, wo sie sich befand.
„Hallo, ich bin es, Susana. Du bist bei mir.“
Sie erkannte ihn, lächelte ihn an.
„Wie schön. Ich bin so froh, dass du da bist!“
Er legte den Arm über ihre Schultern, drückte sie an sich.
„Willst du weitererzählen?“
„Ja. Du musst dir vorstellen, dass unser Leben in Granada immer mehr bedroht wurde. Es geschah, dass jüdische Bürger auf offener Straße beschimpft, bespuckt und sogar tätlich angegriffen wurden. Dabei machte der Mob
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