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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Abteilung Sie für die Aasgeier der Polizei hält. Die haben mehr Respekt für die Verbrecher, die sie ins Gefängnis stecken. Deshalb hatten Sie Schiß, mit ihnen zu sprechen, Dreckmann. Statt dessen stützen Sie sich auf die Aussage eines alten Mannes, der wahrscheinlich nicht einmal wußte, daß Pounds tot war, als Sie mit ihm sprachen.«
    Bosch sah an der Art, wie Brockman seinem Blick auswich, daß er ins Schwarze getroffen hatte. Gestärkt durch seinen Erfolg stand er auf und ging zur Tür.
    »Wohin gehen Sie?«
    »Wasser trinken.«
    »Jerry, geh mit.«
    Bosch blieb an der Tür stehen und schaute sich um.
    »Was, Sie haben Angst, daß ich abhaue? Wenn Sie das glauben, dann kennen Sie mich überhaupt nicht. Wenn Sie das glauben, dann haben Sie sich nicht auf das Verhör vorbereitet. Kommen Sie doch irgendwann mal nach Hollywood. Ich werde Ihnen zeigen, wie man Mordverdächtige verhört. Gratis.«
    Bosch ging hinaus und Toliver folgte. Am Trinkbrunnen nahm Bosch einen großen Schluck und wischte sich den Mund ab. Er war nervös und fahrig. Wie lange würde es dauern, bis Brockman seine Scharade durchschaute?
    Als er zurückging, blieb Toliver schweigend drei Schritte hinter ihm.
    »Sie sind noch jung«, sagte Bosch über die Schulter. »Bei Ihnen besteht vielleicht noch eine Chance, Toliver.«
    Bosch betrat das Konferenzzimmer, als Brockman gerade durch die Tür am anderen Ende des Raums kam. Bosch wußte, daß sie direkt in Irvings Büro führte. Er hatte einmal bei einer Fahndung nach einem Serienmörder mitgearbeitet, und sie hatten hier unter der direkten Aufsicht Irvings ihre Zentrale gehabt.
    Die Männer setzten sich wieder einander gegenüber.
    »Also dann«, begann Brockman. »Ich werde Ihnen Ihre Rechte vorlesen, Detective Bosch.«
    Er zog eine kleine Karte aus seiner Brieftasche und begann, Bosch die Miranda-Warnung vorzulesen. Bosch war sich jetzt sicher, daß die Telefonleitung zu einem Tonband ging. Das war etwas, was sie auf Band haben wollten.
    »Nun«, sagte Brockman, als er fertig war. »Verzichten Sie auf Ihre Rechte und willigen Sie ein, mit uns über die Situation zu sprechen?«
    »Ach, ist es eine Situation? Ich dachte, es wäre Mord. Ja, ich verzichte.«
    »Jerry, hol ein Verzichtformular, ich habe keins hier.«
    Jerry stand auf und ging hinaus. Bosch hörte seine eiligen Schritte auf dem Linoleum des Korridors, dann öffnete sich eine Tür. Er nahm die Treppe hinunter zum DIE im vierten Stock.
    »Hm, fangen wir an mit …«
    »Wollen Sie nicht warten, bis Ihr Zeuge zurück ist? Oder wird dies heimlich und ohne mein Wissen aufgezeichnet?«
    Die Bemerkung brachte Brockman sofort aus dem Konzept.
    »Ja, Bosch, es wird ge… es wird aufgenommen, aber nicht heimlich. Bevor wir anfingen, haben wir Ihnen gesagt, daß dies aufgezeichnet wird.«
    »Tolle Parade, Lieutenant. Der letzte Satz war echt gut. Den muß ich mir merken.«
    »Also, fangen wir jetzt an mit …«
    Die Tür ging auf, und Toliver kam mit einem Blatt herein. Er reichte es Brockman, der es einen Moment studierte, um sich zu vergewissern, daß es das richtige Formular war, und schob es dann zu Bosch hinüber. Harry nahm es und kritzelte schnell eine Unterschrift an der vorgeschriebenen Stelle. Er kannte das Formular. Er schob es zurück und Brockman legte es zur Seite, ohne es anzusehen. Daher merkte er nicht, daß Bosch mit ›Fuck You‹ signiert hatte.
    »Okay, fangen wir an, Bosch. Wo waren Sie in den letzten zweiundsiebzig Stunden?«
    »Was, keine Leibesvisitation zum Anfang? Wie steht’s mit Ihnen, Jerry?«
    Bosch stand auf und öffnete seine Jacke, damit sie sehen konnten, daß er nicht bewaffnet war. Er hoffte, wenn er sie so provozierte, würden sie genau das Gegenteil tun und ihn nicht durchsuchen. Pounds’ Dienstmarke würde ihm als Beweisstück den Hals brechen.
    »Setzen, Bosch!« bellte Brockman. »Wir werden Sie nicht durchsuchen. Wir versuchen, ohne vorgefaßte Meinung an die Sache ranzugehen, aber Sie machen es uns verdammt schwer.«
    Bosch setzte sich erleichtert.
    »Also, sagen Sie uns, wo Sie waren. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.«
    Bosch dachte nach. Er war über die Zeitspanne erstaunt. Zweiundsiebzig Stunden. Was war mit Pounds passiert, und warum hatten sie den Todeszeitpunkt nicht genauer bestimmen können?
    »Vor zweiundsiebzig Stunden? Das war Freitag nachmittag. Da war ich in Chinatown, im Einundfünfzig-Fünfzig. Dabei fällt mir ein, daß ich in zehn Minuten dort sein muß. Also, wenn Sie mich

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