Der letzte Drache
eine der hinteren Kammern seines Gehirns. Er schnappte sich einen Rucksack, packte das Nötigste und machte sich auf Richtung Ausgang. Was immer auf ihn wartete, es würde seine Laune verbessern.
Er war sauer auf Ella. Sie hatte kein Wort mehr mit ihm gesprochen, nur weil er einmal nicht ihrer Meinung war. Und natürlich hatte er Recht gehabt. Sie war übersensibel und nachtragend. Wie hatte er sich nur so in ihr täuschen können. Offenbar konnte sie ihn nicht ausstehen. Wahrscheinlich hasste sie ihn insgeheim und war nur mitgekommen, um über ihn an den Drachen zu gelangen. Dass er sie nicht eher durchschaut hatte. Dieses hinterhältige Biest. Bei dem Gedanken fühlte er ein Stechen im Magen. Und Baldur war auch sauer auf sich, obwohl er sich das ungern eingestehen wollte. Er war sauer wegen seiner Stoffeligkeit, dass er nicht den ersten Schritt gemacht hatte und sich versöhnt hatte. Diese Spannung zwischen ihnen behagte ihm ganz und gar nicht und er wusste, dass er jetzt nur davor weglief. Und er war sauer auf sich, weil er damit den vermeintlich einfacheren Weg wählte.
Als er vor die Höhle trat, begrüßte ihn die Morgensonne mit erstaunlicher Kraft. Nach dem Tag in der Höhle jubilierte sein Herz. Er befand sich in einem Laubwald mit hohen, kräftigen Bäumen. Sein erster Eindruck war, dass sie in einer Klimazone gelandet waren, die Zentraleuropa nicht so unähnlich war. Mal schaun, wie bald er auf Zivilisation treffen würde. Aber Moment Mal, das ging doch noch viel einfacher. Er holte sein Smartphone aus der Tasche. Gleich würde er am Provider erkennen, wo er war. Doch er hatte die Rechnung ohne den immensen Stromhunger gemacht, mit dem sein Telefon ihn immer wieder ärgerte. Der Akku war leer, es gab keinen Pieps mehr von sich. Also gut, zurück zu Plan A. Baldur begann seine Wanderung. Schon nach kurzer Zeit erreichte er einen Waldpfad und nach einer Stunde stieß er auf ein Hinweisschild: “Banff 30 minutes”. Kanada. Sie waren in Kanada gelandet. Und auch noch an einer der schönsten Stellen, die das Land zu bieten hatte. Baldur genoss die Wanderung und seine Stimmung wurde besser. Besonders, als er hinter einer Wegbiegung auf eine kleine Herde Bergziegen traf. Er hatte schon einiges über den Banff Nationalpark gehört und wunderte sich nun doch, wie wenig scheu die Tiere waren. Schade, dass er dank seines leeren Akkus kein Foto machen konnte, er hätte den Moment gerne mit Ella geteilt. Da waren die schlechten Gedanken von heute Morgen wieder, er fühlte einen Stich in seiner Brust. Er wandte sich ab von den Tieren und folgte schnellen Schrittes dem Weg in Richtung der Siedlung Banff. Dort würde er ihre Vorräte auffrischen können und bestimmt auch eine Möglichkeit finden, sein Handy wieder zu laden. Und vielleicht gab es irgendwo auch einen Schluck zu trinken. Baldur war kein intimer Freund des Alkohols, aber heute schien ihm das eine gute Idee zu sein.
Nachdem Baldur eingekauft hatte, er freute sich vor allem, Ravioli gefunden zu haben und hoffte, dass Fafnir auch diese Marke munden würde, schlenderte er die Hauptstraße des kleinen Ortes entlang. Vor “The Woody Burger and Bar” blieb er stehen. Bei dem Gedanken an einen amerikanischen Burger lief im das Wasser im Munde zusammen. Das war bestimmt noch besser als Curry King’s Currywurst. Insbesondere nach den vielen Tagen der Campingdiät die er hinter sich hatte. Und hier gab es bestimmt auch einen Schluck zu trinken. Er trat ein und stellte seinen Rucksack an die Bar. Endlich mal wieder zivilisierte Toiletten, auch darauf freute er sich. Er fragte ein Mädchen, das allein an der Bar saß und ihm den Rücken zuwandte, ob es kurz auf seinen Rucksack aufpassen könnte.
“Could you please have an eye on my backpack?”
“Ah, ein deutscher Akzent, ich komme auch aus Deutschland”, sagte das Mädchen mit den mittellangen roten Haaren und drehte sich zu ihm um.
“Cindy!”, staunte Baldur.
“Baldur, was für eine Überraschung. Ich wusste ja gar nicht, dass du auch in Kanada Urlaub machst.”
“Ich bin gleich wieder da. Bestell mir doch auch schon mal ein Cuba Libre.” Baldur hatte vermutet, dass Cindy nicht um diese Zeit an einer Bar saß und eine einfache Cola trank und damit richtig gelegen. Wanderung und Einkäufe hatten ihre Zeit benötigt und der Abend schickte sich an zu beginnen.
“Cindy, ich kann es kaum glauben. Aber schön dich hier zu treffen. Ich wusste auch nicht, dass du hier Urlaub machst?”
“Na kein
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