Der letzte Grieche
gelegenen Ivösjön abgebaut, aber als Efi und Kostas den Umgang mit Waschbecken und Bidets erlernten, wurde das nötige Kaolin schon seit langem aus Großbritannien importiert. Als Jannis anklopfte, war Efi gerade dabei, die Kacheln rund um den Herd zu schrubben. BETTELN UND HAUSIEREN VERBOTEN , verkündete ein Metallschild an der Haustür. Der Briefeinwurf klapperte. »Panajía …«, platzte Jannis heraus, als er den Wischlappen in ihrer Hand sah. Er zog seine Schuhe aus und folgte ihr in die Küche. »Reicht es dir nicht, dass du das die ganze Zeit in der Fabrik machen musst?« Lächelnd löste Efi den Knoten ihres Kopftuchs und schüttelte ihre Haare. Nachdem sie das Putzzeug weggestellt hatte, lehnte sie sich ins Wohnzimmer hinein. »Kostas, Jannis ist hier.« Ihr Bruder lächelte so zurückhaltend, wie er es immer getan hatte, und gab dem Freund einen Wangenkuss. Seine Schwester stellte eine Schale auf den Tisch, betrachtete die Männer und ging zufrieden weg. Nach der Operation in Kristianstad – bei der Doktor von Reppe, assistiert von Doktor Florinos, griechisches Blech durch amerikanisches Plastik ersetzt hatte – ging sie besser als je zuvor.
Kostas nahm eine Zigarette und setzte sich an den Küchentisch. Seine Sätze enthielten Worte wie »dieser Florinos« und »Arbeitserlaubnis« sowie Fragezeichen. Jannis biss in eine Olive. Es brannte an der Innenseite seiner Wange, wo sonst das Streichholz drückte. Dann erzählte er von seinem Landsmann in Eden. Kezdoglou merkte, dass sein Freund mal stolz, mal überwältigt war. Nach einer Weile zog Jannis sein Portemonnaie heraus und zeigte ihm einige Fotografien. Das schneidige Schifferjackett gehöre zu dem Doktor, erläuterte er, aber die Gestalt, die Kostas auf dem Eis sehe– dort – nein, dort – ja, das Bild sei ein bisschen unscharf, aber trotzdem – das sei er selbst. Um zu zeigen, dass er keine Witze machte, demonstrierte er, wie man Schlittschuh lief, und anschließend, wie man eine Pirouette drehte wie ein Derwisch. Auf einem anderen Foto sah man die ganze Familie mit Ausnahme Lilys. Jannis selbst stand neben ihnen, ins Bild gelehnt, leicht angewinkelt zu seinem neuen Universum. »Darf ich mal sehen.« Efi kehrte mit offenem Blusenkragen zurück. Sie rieb die Lippen aneinander. »Mm, nicht schlecht. Wer ist die Blondine?« »Nur das Kindermädchen.« Kostas schärfte den Blick und murmelte: »Was heißt hier nur.« »Ich laufe schon richtig gut«, erklärte Jannis, als er die Bilder wieder eingesteckt hatte. »Auf zwei Beinen oder sogar auf einem. Wenn ich gelernt habe, rückwärts zu laufen, muss Killi sich vorsehen.« »Óch, óch« , sagte Efi mit gespielter Sorge. Sie kontrollierte die Kartoffeln auf dem Herd. An der Zärtlichkeit in ihrer Stimme war nichts auszusetzen.
Nach dem Essen machten sie und ihr Freund einen Spaziergang. Kostas blieb mit dem roten Prinzen aus dem Hause Dänemark daheim. Wie immer an den Wochenenden musste er lernen. Während sie zur Kreuzung hinunter gingen, erzählte sie, dass ihr Bruder noch ein Jahr bei Hermods Fernlehrinstitut absolvieren müsse. »Dann hat er das schwedische Abitur und braucht nicht mehr in der Fabrik zu schuften. Du ahnst nicht, wie langweilig es ist, Toilettensitze zu polieren!« Arm in Arm gingen sie durch die menschenleere Ortschaft. Efi energischer als Jannis. An der Würstchenbude verglichen zwei Jugendliche die Auspufftöpfe ihrer Mopeds. Zwei Mädchen saßen auf der Rückenlehne einer Bank. Ihre Lider waren hellblau, die Haare mit einer Zange gelockt, beide kauten eifrig Kaugummis. Die eine winkte, Efi winkte zurück. »Irma. Du weißt schon, Salonens Tochter.« Am Bahnhof fragte sie, ob ihr Freund gekommen sei, um zu bleiben. Die Jacke knarrte in den Achselhöhlen. »Ich denke, ich fahre heute Abend wieder nach Hause.« »Red keinen Unsinn!« Efi lachte, wurde jedoch unvermittelt ernst. »Das soll doch wohl ein Witz sein, oder?« Ihre Augen flackerten. »Bleib wenigstens über Nacht. Balslöv läuft dir nicht weg. Ich habe gedacht, ich mache uns heute Abend moussaká. Sieh mal, der erste Zug geht um 7.34.« Der Fahrplan war ein gelbes Ding mit einem geflügelten Rad in einer Ecke, auf dem eine Krone balancierte. »Im Übrigen ist man da zu Hause, wo man vermisst wird, wenn man fort ist. Hast du das etwa vergessen?« Sie schmiegte sich an Jannis. Ihm stieg der Duft ihres Parfums in die Nase. Sie machten sich auf den Rückweg. »Meinst du, die Frau des Doktors könnte Hilfe gebrauchen?
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