Der letzte Joker
von der Größe, um abzulenken. Aber jetzt ist klar, dass der Schütze die Pistole in der linken Hand hielt.»
«Wir müssen also nach einem Linkshänder Ausschau halten», sagte Loraine nachdenklich.
«Ja. Und ich erzähle euch noch was! Deshalb kramte Battle in dem Wandschrank. Er suchte nach einem Schläger für Linkshänder!»
«Mein Gott», rief Jimmy plötzlich. «Was ist?»
«Vielleicht steckt nichts dahinter, aber das Gespräch war merkwürdig.» Er wiederholte die Unterhaltung beim Tee am Tag vorher.
«Sir Oswald ist also Beidhänder?», fragte Bündel.
«Ja. Nun erinnere ich mich auch, dass ich an jenem Abend in Chimneys – die Nacht, in der Gerry starb – beim Bridge zusah und noch dachte, wie ungeschickt da jemand die Karten gab.
Dann merkte ich erst, dass er sie mit der linken Hand austeilte. Ich glaube, es war Sir Oswald.»
Sie sahen sich an. Loraine schüttelte den Kopf. «Ein Mann wie Sir Oswald Coote! Unmöglich. Was hätte er davon?»
«Es scheint absurd», meinte Jimmy, «trotzdem…»
«Nummer sieben hat eben seine eigene Arbeitsmethode», bemerkte Bündel. «Vielleicht ist dies die wahre Art und Weise, wie Sir Oswald sein Geld erworben hat?»
«Aber wozu diese Komödie in Wyvern Abbey inszenieren, wenn die Pläne in seinem eigenen Werk waren?»
«Dafür kann es einen Haufen Erklärungen geben», meinte Loraine. «Zum Beispiel die Gründe, die auch auf O’Rourke passen. Der Verdacht musste von ihm abgelenkt und in andere Kanäle geleitet werden.»
Bündel nickte eifrig. «Es passt haarscharf! Der Verdacht sollte auf Bauer und die Gräfin fallen. Wer in aller Welt würde Sir Oswald auch nur im Traum verdächtigen?»
«Wie wär’s mit Battle?», fragte Jimmy langsam.
Ein Gedanke schoss Bündel durch den Kopf. Battle hatte dem Millionär ein Efeublatt von der Jacke gezupft. Hatte er ihn schon die ganze Zeit über verdächtigt?
29
« M r Lomax ist da, Mylord!»
Lord Caterham zuckte heftig zusammen. Er war so in die knifflige Frage vertieft, wie er sein linkes Handgelenk einsetzen sollte, dass er die Schritte auf dem Rasen nicht gehört hatte. Eher traurig als ärgerlich sah er seinen Butler an. «Ich erklärte Ihnen bereits beim Frühstück, Tredwell, dass ich heute Vormittag besonders beschäftigt sei.»
«Ja, Mylord, aber…»
«Sagen Sie Mr Lomax, dass Sie sich geirrt haben, dass ich im Dorf bin, dass ich einen Gichtanfall habe oder – wenn alles nichts nützt – dass ich gestorben sei.»
«Mr Lomax hat Ihre Lordschaft bereits gesehen, als er die Auffahrt entlangsteuerte.»
Lord Caterham seufzte tief. «Na, schön. Ich komme.»
Für Lord Caterham war typisch, dass er sich stets dann besonders herzlich benahm, wenn er in Wahrheit genau das Gegenteil empfand. So begrüßte er George Lomax jetzt mit überschwänglicher Freundlichkeit.
«Mein lieber Freund, mein lieber Freund. Wie nett, Sie zu sehen, wirklich reizend. Bitte, nehmen Sie Platz. Einen Drink? Was für eine Überraschung!»
Er komplimentierte Lomax in einen großen Lehnstuhl, setzte sich ihm gegenüber und zwinkerte nervös.
«Ich wollte Sie aus einem bestimmten Grund sprechen», begann Lomax.
«Oh!», meinte Lord Caterham schwach, und sein Mut sank, während er hastig all die entsetzlichen Möglichkeiten überlegte, die hinter diesem einfachen Satz stecken konnten.
«Aus einem sehr bestimmten Grund», erklärte George mit Nachdruck.
Lord Caterhams Mut sank noch tiefer. Er ahnte, dass etwas viel Entsetzlicheres kommen würde, als er es sich je vorstellen könnte.
«Ja?», fragte er in dem kühnen Versuch, gleichgültig zu wirken.
«Ist Eileen zuhause?»
Lord Caterham war erleichtert und etwas überrascht. «Ja, ja», antwortete er. «Bündel ist da. Hat eine Freundin mitgebracht, die kleine Wade. Nettes Mädchen – sehr nettes Mädchen. Wird mal gut Golf spielen. Hübscher, leichter Schlag…»
Er plauderte munter drauflos, bis George ihn grob unterbrach: «Es freut mich, dass Eileen zuhause ist. Könnte ich sie wohl jetzt gleich sprechen?»
«Selbstverständlich, mein lieber Freund, selbstverständlich.»
Lord Caterham war immer noch überrascht und schwelgte im Gefühl der Erleichterung. «Wenn Sie’s nicht langweilt.»
«Nichts könnte mich weniger langweilen. Offenbar haben Sie, Caterham, wenn ich so sagen darf, noch gar nicht bemerkt, dass Bündel erwachsen ist. Sie ist kein Kind mehr, sondern eine Frau, eine, wenn ich so sagen darf, ausgesprochen charmante und kluge Frau. Der Mann, dem
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