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Der letzte Karpatenwolf

Der letzte Karpatenwolf

Titel: Der letzte Karpatenwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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unternahm etwas, was er bisher nicht für möglich gehalten hatte: Er handelte auf eigene Faust. Aus dem Bewußtsein heraus, seine den ehemaligen Freunden gegenüber schändliche Haltung ein klein wenig zu sühnen.
    Er ließ Michael aus dem Zentralgefängnis vorführen, mitten in der Nacht, und begann mit einem strengen Verhör unter vier Augen. So hieß es wenigstens. Er ließ starke Scheinwerfer kommen, baute sie im Kreis um einen Stuhl auf und rieb sich vor den anderen Beamten die Hände.
    »Das Vögelchen wird singen, Genossen!« rief er begeistert. »Ich beginne gleich mit dem 2. Grad! Wer über zehn Jahre verborgen lebt, der ist ein harter Brocken! Und nun laßt mich allein, Genossen!«
    Michael wurde in den Raum geführt, in Ketten, ohne Schuhe, mit rutschender Hose, weil man ihm den Gürtel abgenommen hatte, um einen Selbstmord vorzubeugen. Zwei Geheimpolizisten setzten ihn auf den Stuhl und schalteten die Scheinwerfer ein.
    Michael hatte die Augen geschlossen. Er hatte von den Foltern schon gehört. Daß er nun selbst ein Opfer dieser Verhörmethode wurde, erfüllte ihn mit Angst, aber auch mit einem Trotz, der ihm bisher fremd gewesen war. Ich werde nichts sagen, sagte er sich immer wieder vor. Er suggerierte es sich förmlich ein: Ich werde nichts sagen! Nichts sagen! Nichts sagen …
    Kaum hatte sich die Tür hinter den Geheimpolizisten geschlossen, schaltete Jon Lupescu die grellen Scheinwerfer ab. Nur die Tischlampe brannte noch … ein schwacher Schein in dem weiten Raum. Als Michael erstaunt die Augen öffnete, kam es ihm im ersten Augenblick vor, als sitze er im Dunkeln.
    »Reden wir vernünftig, Freundchen«, sagte Lupescu leise. »Ich habe nur meine Pflicht getan … was ich jetzt tue, ist nur, weil ich Sonja schon als Kind gekannt habe und den alten Mihai auch. Hör einmal zu, du Kerl: Sonja ist deine Frau! Verstehst du?! Sie hat dich versteckt gehalten, weil du ihr Mann bist.«
    »Ich bin ein deutscher Soldat«, sagte er langsam. »Ich habe mich verborgen gehalten … Sonja Patrascu hat mit allem nichts zu tun. Ich habe sie gezwungen, mich zu verstecken. Ich habe …«
    »Du bist ein Idiot, Mihai Peters!« Lupescu beugte sich neben der Tischlampe weit vor. »Du sollst sagen: Ich habe Sonja geheiratet! Aber weil ich ein politischer Flüchtling bin, konnte es nicht gesetzlich sein! Jetzt will ich gesetzlich heiraten, wenn ihr mich begnadigt! Verstehst du?«
    »Nein …«
    »Wie kann ein Mann bloß solch ein Idiot sein! Mit dieser Aussage rettest du deinen Kopf! Morgen früh stehst du vor Oberst Sumjow … der redet anders mit dir! Und dann müßt ihr die gleichen Aussagen machen, du und Sonja! Ihr seid ein Ehepaar, verstanden?! Vor der Liebe kapituliert selbst die Politik! Manchmal …«
    »Wie geht es Sonja?« fragte Michael heiser.
    »Gut. Sie schläft in einem vornehmen Einzelzimmer in einem richtigen Bett. Fast besser als zu Hause bei dir unterm Dach!« Lupescu beugte sich vor. »Nur eines mußt du mir noch verraten: Wer hat Stepan Mormeth umgebracht?«
    »Der blöde Grigori, der eigentlich Paul Herberg hieß.«
    »Ist das wahr, Freundchen?«
    »Ich schwöre es.«
    »Und Wassile Popa … wer war das?«
    »Popa ist doch verschwunden …«
    »Blödsinn! Ein Mann kann nicht einfach verschwinden. Die nächsten Sowjetstreifen hätten ihn aufgegriffen.«
    »Ich habe über zehn Jahre gelebt, ohne gesehen zu werden.«
    »Das stimmt«, sagte Lupescu. »Es ist eine Schweinerei, Jüngelchen. Man wird mich in Bukarest mit scheelen Augen ansehen.« Jon beugte sich wieder neben der Lampe vor. »Sagt immer: Es war die Liebe! Und wenn man dir die Knochen bricht … schrei immer: Es war Liebe! Vergiß es nicht … Gegen Liebe sind alle Paragraphen machtlos und alle Ideologien. Das werden sie einsehen, wenn ihr fest bleibt! – So, und nun laß dich abführen. Du mußt so tun, als seist du halb tot …«
    Lupescu schaltete wieder die starken Scheinwerfer ein. Michael saß auf seinem Stuhl, den Kopf nach hinten geworfen, mit offenem Mund und zusammengekniffenen Augen. Schweiß rann ihm über das Gesicht und über die Brust und durchtränkte das zerrissene Hemd.
    »Gut so«, sagte Lupescu zufrieden. Er klopfte Michael auf die Schulter, ging dann zur Tür und riß sie auf. Auf dem Flur standen wartend die beiden Geheimpolizisten.
    »Holt den Sauhund heraus!« schrie Lupescu. »Das Schwein ist ohnmächtig! Oberst Sumjow wird ihn schon kleinkriegen! Weg mit ihm … ich kann den Anblick einer solchen Wanze nicht mehr

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