Der letzte Krieger: Roman
sie nicht einmal mehr von den vier Völkern der Elfen wissen, kann es damit nicht weit her sein.«
»Ich bin Krieger, kein Gelehrter. Mag sein, dass es Schriften darüber gab.« Pergamente, die mit den Bibliotheken Theroias in Flammen aufgegangen sind. Für einen Augenblick spürte er erneut die Hitze der brennenden Stadt auf der Haut. Rauch kratzte in seinem Hals, biss in seine Augen. In seinen Ohren fauchte und brüllte das Feuer, und die Menschen schrien. Wie ein nasser Hund schüttelte er den Kopf, doch es war der Hufschlag eines galoppierenden Pferds, der die Erinnerungen endlich vertrieb.
Athanor blickte auf und entdeckte zwischen den Bäumen Elanya, die zurückkam. Da sie so wenig Zeit gebraucht hatte, konnte es bis zur Stadt der Elfen nicht mehr weit sein. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Ich bin erfreut zu sehen, dass ihr beide noch lebt.«
»Warum sollten wir nicht?«, fragte Athanor schmunzelnd. »Wir haben nur ein wenig geplaudert.«
Davaron zog es offenbar vor, nichts dazu zu sagen, aber Athanor konnte sich seinen Blick in den düstersten Farben ausmalen.
»Gut, dann kommt!« Elanya wendete ihr Pferd, um wieder voranzureiten. »Peredin, der Älteste der Söhne und Töchter Ardas, erwartet uns.«
»Ist es eine besondere Ehre, diesem Greis vorgestellt zu werden?«, erkundigte sich Athanor und folgte ihr.
Prustend unterdrückte sie ein Lachen. »Peredin ist kein Greis. Ältester ist nur ein Ehrentitel für denjenigen, der sich am meisten um die Geschicke des Volkes verdient gemacht hat. Wir erweisen ihm dafür Respekt und achten seinen Rat, wenn es um die Belange aller geht.«
»Er ist also eine Art Anführer?«
»Peredin ist das Oberhaupt der Töchter und Söhne Ardas. Er entscheidet über alle wichtigen Fragen, wenn im Kreis der Älteren keine Einigkeit herrscht. Aber er befiehlt uns nicht, wie wir den Trollen befehlen. Wir folgen seinem Rat um seiner Weisheit willen und nicht, weil er uns dazu zwingt.«
Athanor stellte sich die adligen Familien Theroias vor und das Dickicht ihrer Interessen und Intrigen. Ohne die strenge lenkende Hand des Königs hätten sie sich gegenseitig zerfleischt. So wenig zu essen, musste die Elfen wirklich schwächen, wenn sie sich von einem alten Mann mit freundlichen Ratschlägen regieren ließen. Aber die Elfen gibt es noch. Theroias vornehme Häuser nicht.
Der Wald veränderte sich. Kleine Lichtungen taten sich auf. Blumen und blühende Sträucher lugten zwischen den Bäumen hervor, und moosgesprenkelte Felsen spiegelten sich in klaren Teichen. Auf den ersten Blick sah die Landschaft so unberührt aus, dass Athanor sie nicht als Garten erkannte. Doch hier und dort leuchteten gelbe und rote Früchte im Geäst, von denen er einige nie zuvor gesehen hatte. Je genauer er hinsah, desto mehr Kräuter und Gemüse entdeckte er zwischen den unbekannten Gewächsen. Kürbisse und Melonen, Hirse und Schwarzwurzel wuchsen nicht in abgeteilten, sauber geharkten Beeten, sondern wild durcheinander. Kein geflochtener Zaun schützte die Ernte vor den Tieren des Waldes. Nicht einmal eine Vogelscheuche wachte über sie. Vielleicht hatten die Elfen deshalb so wenig zu essen. Kein Edelmann Theroias hätte solche Nachlässigkeit bei seinen Bauern geduldet.
Endlich erreichten sie einen ausgetretenen Pfad. Zu beiden Seiten tauchten vereinzelte Gestalten zwischen den Pflanzen auf. Einige trugen Körbe mit Blumen und Früchten, andere arbeiteten zur Erde gebeugt, aber alle sahen neugierig auf, wenn sie die Reiter bemerkten. Es war kaum möglich, sie mit Menschen zu verwechseln. Da sie im Gegensatz zu Elanya und Davaron keine Rüstungen trugen, fiel erst recht auf, wie schlank und hochgewachsen sie waren. Zugleich bewegten sie sich mit der Anmut itharischer Tempeltänzerinnen, obwohl es doch nur Gärtner sein konnten, Bauern mit rauen Händen und Schmutz unter den Nägeln. Wie von selbst hob sich Athanors freie Hand, sodass er einen Blick auf seine Finger werfen konnte. Na gut. Ist schon eine Weile her.
Die Elfen kamen näher. Viele schlossen sich dem kleinen Zug an. Athanor spürte ihre Blicke, hörte sie miteinander flüstern. Manche riefen Elanya zu, ob dieser Fremde ein Mensch sei. Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile. Immer mehr Neugierige strömten herbei. Als sie die ersten Gebäude erreichten, säumten Elfen bereits den Weg. Athanor kam kaum dazu, die wundersamen Häuser zu betrachten, deren Säulen und Bögen mit den Bäumen verwoben schienen. Ständig zog ein
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