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Der letzte Kuss

Der letzte Kuss

Titel: Der letzte Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillips Carly
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die an ihr zerrten, es nicht waren.
    Die einzige Person, die nichts von ihr wollte, war die, die sie abgewiesen hatte. Die Kehle zog sich ihr zusammen und
schmerzte wegen des ewigen Kloßes, der dort festzusitzen schien. Sie warf sich zwar vor, dass sie in Romans Falle getappt war, genauso aber gab sie ihm die Schuld, dass er sie unabsichtlich hineingezogen hatte. Obwohl sie wusste, dass er sie nie hatte verletzen wollen, blieb die Tatsache, dass er es getan hatte.
    Seine Nachricht war immer noch auf ihrem Anrufbeantworter. Sie hatte nicht vor, sich zu quälen und sie immer wieder abzuspielen, aber warum sie seine verführerische Stimme nicht vom nächsten Anruf hatte überspielen lassen, wollte oder konnte sie auch nicht analysieren.
    Eine halbe Stunde später war sie zurück in ihrem Apartment, um ihre Nahrungsmittel auszupacken und etwas aufzuräumen, ehe sie an die Arbeit ging. Die ganze letzte Woche hatte sie sich vor der Welt versteckt. Sie war der Ansicht, jedem mit einem gebrochenen Herzen stünde eine Genesungszeit zu. Aber anders als ihre Mutter hatte sie nicht vor, dafür ein Leben lang zu brauchen.
    Sie sah aus dem Fenster in den hellen Sonnenschein. Es war Zeit, das gewohnte Leben wieder aufzunehmen. Das heutige Baseballspiel sollte der Anfang dazu sein.
     
    Als das Spiel zu Ende war, hatten die Rockets ihre Gewinnsträhne fortgesetzt, und Charlotte hatte sich den Leuten gezeigt, wenn sie auch weiterhin ihrem Vater ausgewichen war. Sie war zu vielem bereit. Sich mit ihrem Vater auseinander zu setzen, gehörte nicht dazu. Er erinnerte sie zu sehr an all ihren Schmerz, den vergangenen und gegenwärtigen. Außerdem war sie sich sicher, dass er bald abreisen würde, sie musste nur lange genug ausharren. Jetzt wollte sie aufbrechen, bevor Russell wieder versuchte, sie in die Enge zu treiben. Im Gemischtwarenladen und vor ihrer Wohnung
hatte er es schon versucht. Sie war ihm beide Male ausgewichen.
    »Hier, wirf das bitte für mich weg, ja?« Charlotte gab Beth ihre Seltersdose. »Und vergiss nicht zu recyceln.« Sie hüpfte von der unteren Tribüne. »Ich sehe dich morgen bei der Arbeit.«
    »Feigling!«, rief Beth ihr nach.
    Charlotte ging weiter, obwohl sie nicht leugnen konnte, dass sie sich getroffen fühlte, einmal, weil Roman sie auch feige genannt hatte, besonders aber, weil sie genau wusste, dass Beth im Recht war. Eines Tages würde sie sich allem stellen müssen, dem sie jetzt auswich, ihre Eltern eingeschlossen. Sie war nur noch nicht soweit.
    Auf der Hälfte ihres Heimweges entschloss sie sich, die Abkürzung durch die Sullivan-Wohnsiedlung zu nehmen, durch den Garten von George und Rose Carlton. Wie die meisten Städter waren auch die Carltons noch beim Baseballspiel, deshalb drehte sich Charlotte überrascht um, als sie es bei der Vorderhecke rascheln hörte.
    »Hallo?«, rief sie laut.
    Ein hoch aufgeschossener Mann in dunkelgrüner Hose, konservativem Hemd und Baseball-Kappe schlich um die Büsche. Er duckte sich, als er ihre Stimme hörte, aber sie hatte noch einen Blick auf sein Gesicht erhaschen können.
    »Samson?« Völlig erstaunt und geschockt lief sie den Plattenweg entlang. »Komm jetzt aus dem Gebüsch.« Sie zog an seinem grünen Hemd, dessen Farbe mit dem Laub verschmolz. »Was machst du denn da?«
    Er richtete sich zu voller Größe auf. »Du gehörst hier nicht her.«
    »Du auch nicht. Was ist los?« Ihr Blick fiel auf seine rechte Hand, die in einem Handschuh steckte und etwas festhielt,
was wie … Slips aussah. Die gehäkelten Slips, die sie verkaufte!, ergänzte Charlotte im Geiste. So etwas Absonderliches … »Gib sie mir.« Sie streckte die Hand aus.
    Er brummelte vor sich hin: »Das geht dich nichts an.«
    »Wenn du ein Transvestit und kein Dieb wärest, würde es mich vielleicht nichts angehen. Aber da du gerade etwas stiehlst, mache ich es zu meiner Sache. Und ich will wissen, warum du das tust. Zuerst gehst du aber hinein und legst die Sachen zurück.«
    »Nein.« Er verschränkte die Arme wie ein trotziges Kind.
    »Die Carltons werden jede Minute vom Spiel zurück sein, deshalb wirst du das jetzt zurückbringen, und dann unterhalten wir uns.« Sie blickte auf die Haustür, die, wie sie annahm, nicht abgeschlossen war.
    Diese verfluchte Stadt lebte noch in einem Zeitalter, in dem jeder jedem traute. Selbst bei dieser Höschendiebgeschichte nahm keiner die Bedrohung ernst genug, um die Türen abzuschließen. George und Rose hatten sich wahrscheinlich vorgestellt, sie

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