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Der letzte Kuss

Der letzte Kuss

Titel: Der letzte Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillips Carly
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heftiges Verlangen, sich selbst und die eigene Individualität zu bewahren, um nicht wie die Mutter zu enden. Er bewunderte sie dafür, dass sie allein ein Geschäft aufgebaut hatte, dazu noch in einer Stadt, die darauf nicht vorbereitet war. Sie hatte die Leute leicht überzeugen können. Er liebte es auch, wie sie in ihm nur das Beste sah, selbst wenn er es nicht verdient hatte. Er liebte einfach alles an ihr.
    Das alles gestand er sich ein, nachdem er von so nah ihren tiefsten Schmerz miterlebt hatte. Nur durfte er sie jetzt nicht mit dieser Liebe bedrängen. Wenn er ihre Not nicht berücksichtigte, riskierte er, sie für immer zu verlieren. Er würde ihr sagen, wie sehr er sie liebte, aber dafür musste der richtige Zeitpunkt kommen.
    Es war ihm schleierhaft, wie er erkennen sollte, wann es soweit war. Seine eigene Familie gab nicht gerade ein gutes Beispiel ab für funktionierende Beziehungen. Chase hing mit den Single-Typen von der Zeitung herum, trank mit ihnen Bier, unterhielt sich über Sport und schlief gelegentlich mit irgendeiner Partymaus, ohne sich je weiter zu engagieren. Rick rettete die Frauen, so wie er gerade jetzt bei Beth Hansen den charmanten Prinzen spielte, bis sie ihre zerbrochene Verlobung überwunden hatte und bereit war, weiterzugehen. Dann würde auch er zur nächsten Frau in seinem Leben wechseln.
    Roman schüttelte den Kopf. Er wusste, dass er keine Vorbilder hatte, die ihm eine Antwort geben konnten. Er war auf sich allein gestellt.
    »Kein Aber«, mischte Eric sich ein, indem er sich mit beruhigender, aber gleichzeitig gebieterischer Stimme an
Annie wandte. »Ich muss darauf bestehen, dass du Rainas Limonade probierst. Außerdem soll sie nicht so lange auf den Beinen sein, und ich wäre dir dankbar, wenn du sie zu ihrer Decke begleiten könntest, bis ich dazukommen kann.«
    »Na los, Annie.« Russell tätschelte ihren Arm und löste sich aus ihrer Umklammerung.
    Sobald das Trio verschwunden war, blickte Roman Charlottes Vater ins Gesicht. »Ich habe nicht viel Zeit.«
    »Das ist mir klar. Aber du solltest wissen, dass das Leben komplizierter ist als irgendeiner von euch« – Russell machte eine große Armbewegung und wies auf das Spielfeld und die Bewohner der Stadt – »verstehen kann.«
    Roman sah in seinem schmerzlichen Ausdruck nicht den ichbezogenen Schauspieler, der seine Familie für Ruhm und Reichtum verlassen hatte. Stattdessen sah er den alternden Mann, dem viel verloren gegangen war. Roman stöhnte auf. »Es geht nicht darum, dass irgendeiner, sondern dass deine Tochter das versteht.« Er fixierte Russell mit ruhigem Blick. »Wenn es dir wirklich wichtig ist, dann hoffe ich, dass du dir diesmal dafür Zeit nimmst.«
    »Sie muss bereit sein, zuzuhören.«
    Roman zuckte die Schultern. »Bring sie dazu.« Nach einem letzten wütenden Blick lief er in Richtung Parkplatz davon, in der Absicht, seinem eigenen Rat zu folgen.
     
    »Es wird Zeit, Annie.« Russell Bronson saß auf der Picknickdecke, die Raina ihnen überlassen hatte. Sie hatten zu viert miteinander geredet, dann hatte Eric Raina nach Hause gebracht und Russell und Annie alleingelassen. Russell hatte Raina als freundliche Nachbarin, gute Mutter ihrer drei Söhne und Freundin seiner Frau in Erinnerung. Daran hatte sich offenbar nichts geändert.

    Und das war das Problem, dachte Russ. Nichts hatte sich geändert. In Annies Welt war alles gleich geblieben, von dem Tag an, da er sich in sie, das Mädchen aus der fünften Klasse, verliebt hatte.
    Sie zog ihre Beine unter sich und starrte auf das Spielfeld. »Ich bin nicht sicher, dass es einen Unterschied machen wird«, sagte sie endlich.
    Es ging ihm genauso, aber es gab keine andere Möglichkeit, als es zu versuchen. Russell fühlte in seiner Tasche nach dem Zettel, den er von Dr. Eric Fallon erhalten hatte. Eric hatte mit ihm und Annie als ihr Arzt gesprochen. Annie sei depressiv, hatte er gesagt. Höchstwahrscheinlich krankhaft.
    Warum hatte Russell das nicht früher erkannt? Er hätte es gern darauf geschoben, das er ja kein Arzt war, aber er war Manns genug, seine eigenen Fehler zuzugeben. Er war egoistisch und egozentrisch. Seine Wünsche hatten immer an erster Stelle gestanden. Niemals hatte er sich lange genug Zeit genommen, um darüber nachzudenken, warum Annie so sprach und sich so verhielt, wie sie es nun einmal tat. Er hatte sie einfach akzeptiert und sie ihn ebenso.
    Depressionen, überlegte er weiter. Charlotte hatte es bemerkt und deshalb Dr. Fallon

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