Der letzte Liebesdienst
Kopf. »Also geht es um mich, gar nicht um sie.« Sie versuchte Elisabeths Blick einzufangen. »Wie kannst du ihr so etwas antun, Elli? Wenn du mich meinst, tu es mir an, nicht ihr. Sie hat nichts damit zu tun.«
»Es war so schön«, sagte Elisabeth, als ob sie gar hier wäre, sondern in der Vergangenheit mit Lara. »Eine Zufriedenheit. Eine Vertrautheit . . .« Rasch verdrängte sie den Gedanken. Luftschlösser, alberne Tagträume, mehr war es nicht gewesen. Sie hatte sich eben getäuscht. So etwas gab es für andere, nicht für sie. Nie.
»Es war schön?«, fragte Michelle. »Wie mit uns? Und dann hat sie was getan?«
»Wahrscheinlich hat sie es die ganze Zeit getan«, sagte Elisabeth. »Sich mit ihrer alten Freundin getroffen. Ich wusste nur nichts davon. Ich habe es erst gemerkt, als ich ihr den Antrag gemacht habe. Sie war nicht begeistert, obwohl wir uns so gut verstanden haben, obwohl ich dachte –« Sie brach ab.
»Obwohl du dachtest, du hättest endlich das gefunden, was du suchst«, setzte Michelle mitfühlend fort.
»Ich dachte, sie wäre nicht so wie die anderen. Sie hat jahrelang für mich gearbeitet, sie war immer nett, freundlich und bescheiden. Dann ging es ihr eine Weile schlecht. Ihre erste Frau ist gestorben. An einem Gehirntumor. Innerhalb eines Jahres. Es war furchtbar für Lara.«
»Und da hast du dich zur Retterin aufgeschwungen. Dem konntest du noch nie widerstehen.« Michelle lachte leicht. »Nicht alle Frauen wollen gerettet werden.«
»Lara schon«, sagte Elisabeth leise. »Ich habe es gespürt, wenn sie in meinem Arm lag. Sie hat sich wohlgefühlt. Vielleicht war sie manchmal sogar glücklich.«
»Warum hat sie deinen Antrag dann nicht angenommen?«, fragte Michelle.
»Das habe ich mich auch gefragt.« Elisabeth biss wieder die Zähne zusammen. »Zum Schluss habe ich es dann erfahren. Wir waren im Theater, und ihre Freundin war auch da. Sie wollten es vor mir verheimlichen, aber ich habe es trotzdem mitbekommen. Wie immer habe ich versucht, es einfach zu ignorieren, habe gehofft, sie würde –« Sie schluckte. »Und dann ist ihre Freundin auf dem Parkplatz mit Karacho in meinen Wagen reingerast.«
»Ach du lieber Himmel, wie dramatisch!« Michelle lachte. »Das ist wirklich passiert? So etwas sieht man sonst doch nur in Filmen.«
»Ja, das dachte ich auch.« Elisabeth schaute in die Luft. »Ab dem Zeitpunkt konnte Lara sich dann nicht mehr verstellen. Sie war dauernd bei ihrer Freundin im Krankenhaus. Sie wusste gar nicht mehr, dass ich da bin.«
»Und die Eifersucht hat dich aufgefressen.« Michelle nickte. »Aber warum hat sie deinen Antrag dann nicht einfach endgültig abgelehnt? Wenn sie lieber mit ihrer Freundin zusammensein will?«
»Sie –« Elisabeth beugte sich vor und legte ihren Kopf in die Hände. »Ich glaube, das wollte sie, aber ich . . . ich war so eifersüchtig, ich fühlte mich so hilflos, so betrogen . . . ich habe sie . . . sie musste sich auf den Teppich legen, und dann habe ich –«
»Du hast sie vergewaltigt?« Michelle starrte sie an. »Sag mir, dass das nicht wahr ist.«
Elisabeth lehnte sich zurück. »Es ist nicht wahr. Ich konnte es nicht. Als ich auf ihr lag, dachte ich plötzlich, ich sehe mich von oben, wie in einem Film. Aber das war nicht ich. Ich habe mich nicht wiedererkannt. Und dann flüsterte Lara es auch: Das bist nicht du . . . das willst du nicht wirklich . . . tu das nicht.« Sie atmete tief durch. »Und da habe ich es nicht getan. Ich habe sie weggeschickt. Aber sie wusste, dass ich ihre Freundin nicht so leicht entkommen lassen würde. Also hat sie meinen Antrag angenommen, unter der Bedingung, dass ich ihre Freundin in Ruhe lasse.«
»Oh Mann . . .« Michelle holte tief Luft, als hätte sie das alles eben miterlebt. »Du bist ja wohl nicht ganz richtig im Kopf! Du zwingst sie, deine Frau zu werden, nur weil sie eine andere liebt?«
»Sie war das ganze Wochenende bei ihr«, erwiderte Elisabeth mit mahlenden Kiefern. »Wahrscheinlich, um sich noch mal mit ihr auszutoben. Junggesellinnenabschied, bevor sie mich heiratet und ich das unterbinden werde.«
»Du hörst dich an wie ein mittelalterlicher Schlossherr, der seiner Frau einen Keuschheitsgürtel verpasst, wenn er in den Krieg zieht.« Michelle schaute Elisabeth eindringlich an. »Wir leben nicht mehr im Mittelalter, Elli. Das kannst du nicht tun.«
Elisabeth schaute sie an, als hätte sie sie nicht verstanden.
»Du kannst das nicht tun, Elli«,
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