Der letzte Polizist: Roman (German Edition)
an, nimmt ihn gleich dort im aufgewühlten Schnee auf dem Spielplatz an der West Street ordentlich in die Mangel, und er spuckt alles aus. Er hat das Handy an eine blauhaarige Lady namens Beverly Markel verpfändet, die einen Trödelladen im mit Brettern vernagelten Büro eines Kautionsvermittlers direkt neben dem County-Gericht führt. Markel ist eine Goldhökerin, sie hortet Münzen und Edelmetall, betreibt aber nebenbei auch eine Pfandleihe. McConnell folgt der Spur: Beverly hat das Handy bereits an einen fetten Spinner namens Konrad verkauft, der Lithium-Ionen-Akkus sammelt, um mit den Aliens zu kommunizieren, die seiner Ansicht nach auf dem Weg von der Andromeda-Galaxis hierher sind und die Menschheit auf eine kleine Flotte von Rettungsschiffen laden wollen. McConnell stattet Konrad einen Besuch ab, gibt ihm zu verstehen, dass sie keine Außerirdische ist, sondern vom Police Department kommt, und er händigt ihr widerwillig das Handy aus – das wundersamerweise noch immer intakt ist.
Ich belohne diesen dramatischen Schluss mit einem langen, leisen, beifälligen Pfiff und mit Applaus, während McConnell ihre Beute hervorholt und zwischen uns auf den Tisch legt: ein schlankes schwarzes Smartphone, elegant und glänzend. Es ist dieselbe Marke und dasselbe Modell wie meines, und einen kurzen, verwirrenden Moment lang denke ich, es wäre wirklich meines und Peter Zell wäre irgendwie im Besitz des Handys von Detective Henry Palace gestorben.
»Sehr gut, Officer McConnell.« Ich nehme das Handy und spüre es in meiner Hand, kühl, flach und schwer. Es ist, als hielte ich eins von Zells Organen, eine Niere, einen Hirnlappen. »Das war ein sauberes Stück Polizeiarbeit.«
Sie senkt den Blick auf ihre Hände, schaut dann wieder zu mir hoch, und das war’s, wir sind fertig. Wir sitzen in frühmorgendlicher Stille da, zwei Menschen, gerahmt vom Fenster einer kleinen weißen Küche, während die Sonne mühsam durch das nässende Grau der tief hängenden Wolken zu dringen versucht. Hier draußen habe ich einen recht hübschen Ausblick, vor allem ganz früh am Morgen: ein nettes kleines Winterfichtenwäldchen, das Feld dahinter, über den Schnee tanzende Rotwildfährten.
»Eines Tages werden Sie einen großartigen Detective abgeben, Officer McConnell.«
»O ja, ich weiß.« Ein kurz aufblitzendes Lächeln, und sie trinkt ihren Kaffee aus. »Ich weiß.«
Als ich das Handy einschalte, begrüßt mich ein Foto von Kyle Littlejohn, Peter Zells Neffen, in Aktion auf dem Eis. Eine riesige Eishockeymaske bedeckt sein Gesicht, die Ellbogen sind zu beiden Seiten abgespreizt.
Der Kleine muss schreckliche Angst haben , denke ich und verschließe die Augen vor dem Gedanken, zwinkere ihn weg. Schweif nicht ab. Konzentrier dich.
Meine erste Beobachtung ist, dass in dem Dreimonatszeitraum, den die Liste der »letzten Anrufe« abdeckt, zweimal die auf Sophia Littlejohn eingetragene Nummer angerufen wurde. Einmal am letzten Sonntagvormittag um neun Uhr fünfundvierzig, und der Anruf dauerte zwölf Sekunden: gerade lange genug, um die Ansage der Mailbox abzuhören. Vielleicht hat sie auch abgenommen, seine Stimme erkannt und aufgelegt. Der zweite Anruf, dreizehn Sekunden, erfolgte am Montag, seinem Todestag, um halb zwölf.
Ich habe mein blaues Buch herausgeholt und schreibe diese Beobachtungen und Überlegungen nieder. Der Kuli kratzt rasch übers Papier, im Hintergrund blubbert meine zweite Kanne Kaffee.
Meine zweite Beobachtung ist, dass es innerhalb derselben Dreimonatsfrist sieben Gespräche mit dem als » JTT « eingetragenen Kontakt gegeben hat. Die meisten am Montagnachmittag, vielleicht, um sich für den Abend zur aktuellen Folge von Fernes fahles Schimmern zu verabreden. Der letzte eingehende Anruf dauerte eine Minute und vierzig Sekunden, an diesem letzten Montag, mittags um ein Uhr fünfzehn.
Interessant – interessant – sehr interessant. Nochmals vielen Dank, Officer McConnell.
Doch erst meine dritte Beobachtung lässt mein Herz wirklich schneller schlagen, sodass ich mit dem Smartphone in der Hand hier am Tisch sitze und das eifrige Piepsen der Kaffeemaschine ignoriere, während ich aufs Display starre und mein Verstand schlingernd auf Touren kommt. Denn da ist eine Nummer ohne zugewiesenen Namen, die Peter Zell am Abend seines Todes angerufen hat. Zweiundzwanzig Sekunden lang.
Und zweiundvierzig Sekunden lang genau um zehn Uhr am Abend davor.
Ich scrolle erneut durch die Liste, meine Finger tanzen übers
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