Der letzte Polizist: Roman (German Edition)
die beiden durch den Raum, dorthin, wo ich bin, zum Flur.
»Wir haben die Leiche ausgelagert«, erklärt Dr. Fenton. »In die alte Kapelle.«
»Was?«
Littlejohn stutzt, ein kleiner Stolperschritt, Angst und Verwirrung blitzen in seinen Augen auf, und mir schlägt das Herz bis zum Hals, denn ich habe recht – ich wusste, dass ich recht hatte, und doch kann ich es nicht glauben. Ich starre ihn an, stelle mir vor, wie diese sanften Hände einen langen schwarzen Gürtel um Peter Zells Hals schlingen und ihn langsam zuziehen. Stelle mir eine zitternde Pistole in seiner Hand vor, Naomis große schwarze Augen.
Noch einen Augenblick, Palace. Nur noch einen Augenblick.
»Ich glaube, Sie irren sich, Doktor«, sagt er leise zu Fenton.
»Aber nein«, erwidert sie energisch und lächelt McConnell dabei verkniffen und beruhigend zu. Fenton macht die ganze Sache Spaß. Littlejohn lässt nicht locker, was bleibt ihm auch anderes übrig? »Doch, Sie irren sich, dieser Raum wird gegenwärtig nicht genutzt. Er ist verschlossen.«
»Ja«, sage ich, und Littlejohn fährt zusammen, in diesem Moment weiß er genau, was gespielt wird, er schaut sich um, und ich trete mit erhobener Waffe aus dem Dunkeln hervor. »Und Sie haben den Schlüssel. Wo ist der Schlüssel, bitte?«
Er sieht mich fassungslos an.
»Wo ist der Schlüssel, Sir?«
»Er …« Er schließt die Augen, öffnet sie wieder, das Blut weicht ihm aus dem Gesicht, die Hoffnung in seinen Augen erlischt. »Er ist in meinem Büro.«
»Dann gehen wir jetzt dorthin.«
McConnell hat ihre Waffe aus der schwarzen Handtasche geholt. Fenton rührt sich nicht vom Fleck, ihre Augen glitzern hinter der runden Brille, sie genießt jede Sekunde.
»Detective.« Littlejohn tritt vor, er bemüht sich nach Kräften, seine Stimme zittert, aber er versucht es. »Detective, ich kann mir nicht vorstellen …«
»Still«, sage ich. »Seien Sie bitte still.«
»Ja, aber Detective Palace, ich weiß nicht, was Sie denken, aber wenn Sie … wenn Sie denken …«
Gespielte Verwirrung verzerrt sein gut aussehendes Gesicht. Sie ist da, die Wahrheit ist da, selbst in der Tatsache, dass ihm mein Name so mühelos einfällt: Er weiß genau, wer ich bin, weiß es seit dem Tag, an dem ich diesen Fall übernommen habe, seit ich seine Frau angerufen habe, um ein Gespräch zu vereinbaren – er war hinter mir her, hat mich beschattet und meine Ermittlungen zu behindern versucht. Hat Sophia zum Beispiel ermuntert, meinen Fragen auszuweichen, indem er ihr weisgemacht hat, es würde ihren Vater aufregen. Hat mir weisgemacht, sein Schwager wäre so deprimiert gewesen. Hat vor dem Haus auf der Lauer gelegen und gewartet, während ich mit J.T. Toussaint geredet habe. Und hat dann – ein Akt der Verzweiflung – die Schneeketten an meinen Winterreifen gelöst.
Und er war noch einmal bei Toussaint, in dem Haus an der Bow Bog Road, und hat dort nach der übrig gebliebenen Ware gesucht, nach den Telefonnummern und Kundenlisten. Nach denselben Dingen wie ich, nur dass er wusste, wonach er suchte, und ich nicht, und dann habe ich ihn verscheucht, bevor er auf die Idee kam, in der Hundehütte nachzusehen.
Aber er hatte noch einen Trick in petto, einen weiteren Versuch, mich in die Irre zu führen. Einen weiteren brutalen Trick, und er hätte beinahe funktioniert.
Officer McConnell tritt vor, nimmt Handschellen aus der kleinen Handtasche, und ich sage: »Warten Sie.«
»Was ist?«, fragt sie.
»Ich …« – meine Waffe ist noch immer auf Littlejohn gerichtet – »ich würde gern vorher noch die Geschichte hören.«
»Tut mir leid, Detective«, sagt er, »aber ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.«
Ich entsichere die Waffe. Ich denke, wenn er weiterhin lügt, bringe ich ihn vielleicht um. Vielleicht tue ich es wirklich.
Aber dann redet er doch. Langsam, leise, mit toter, tonloser Stimme, den Blick nicht auf mich, sondern auf die Mündung meiner Waffe gerichtet, erzählt er die Geschichte. Die Geschichte, die ich schon kenne, die ich mir fast schon selbst zusammengereimt habe.
Nachdem Sophia im Oktober entdeckt hatte, dass ihr Bruder ihren Rezeptblock gestohlen hatte und sich damit Schmerztabletten beschaffte – nachdem sie ihn zur Rede gestellt und ihm Einhalt geboten hatte – nachdem Peter in die kurze, schmerzhafte Entzugsphase eingetreten war und Sophia gedacht hatte, die ganze Sache wäre zu Ende –, nach all dem ging Erik Littlejohn zu J.T. Toussaint und machte ihm einen Vorschlag.
Zu dieser Zeit
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