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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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und zart, das Gesicht von rötlichem Haar umgeben. Ein Gesicht, das er hinter einem blutverschmierten Helmvisier gesehen hatte.
    »Ich muss mit ihnen reden«, sagte Xavius. Aber Reden allein genügte nicht – sie würden wohl kaum ohne Weiteres wichtige Informationen preisgeben. Er musste sie befreien und sich von ihnen zu den Psychomechanikern bringen lassen, um herauszufinden, was im Devos-System mit ihm geschehen war.
    »Gantar?«, fragte Vandover.
    »Die Gefangenen befinden sich bereits an Bord Ihres Springers, Protektor«, antwortete einer der beiden Assistenten.
    »Sie haben es gehört, Chronist. Auf dem Weg zum Konnektor können Sie mit den Minerva-Leuten reden.« Vandover lächelte. »Und wir hören zu.«
    Der Springer war ein Universalmodell des Enduriums: an den Seiten wie Sprungfedern die Spiralen der Gravitatoren, daneben und darüber Leitflächen für den Flug durch eine Atmosphäre, der stromlinienförmige Rumpf aus silbergrauem Synthstahl. Erste Lichter glühten und flackerten in der Abenddämmerung auf den Terrassen der Stadt, und nicht alle stammten von Lampen – an einigen Stellen brannten Feuer und schickten dem dunkler werdenden Himmel schwarzen Rauch entgegen, der den Glanz der ersten Sterne verschleierte. Soldaten patrouillierten in der Nähe, aber niemand von ihnen hielt Vandover und seine Begleiter an. Als sie die ausgefahrene Rampe des Springers erreichten, sagte der zum Protektor aufgestiegene Konsul: »Wenn Sie gleich mit den Minerva-Leuten sprechen, Chronist … Fragen Sie nach der verschwundenen Flotte.«
    »Nach der verschwundenen Flotte?«
    »Das dürfte der Hauptgrund für den Besuch des Großadmirals Haen sein. Das Gros der Flotte der Splitter-Welten ist verschwunden. Fast alle militärischen Einheiten haben sich unserem Zugriff entzogen. Offenbar gab es einen gut ausgearbeiteten Notfallplan.« Vandover verzog das Gesicht. »So viel Organisation überrascht bei diesen Leuten.«
    Zwei Soldaten nahmen sie an Bord in Empfang, zwei Vivi aus der Garde, mit Pulsern bewaffnet und mit Instrumentengürteln ausgestattet. Die Gefangenen saßen im Hauptabteil, Laurania und Pribylla auf der einen Seite und Boris, der hagere Boris mit den grotesk langen und dünnen Gliedmaßen, auf der anderen. Als Xavius ihn sah, fragte er sich kurz, was aus dem Krötenwesen Ocker geworden war. Sie alle trugen die silbernen Spangen von Demobilisierern und wirkten ziemlich mitgenommen. Bewegen konnten sie sich kaum, aber Pribyllas Augen schleuderten Blitze. Boris schien sich in stumpfsinnige Lethargie zurückgezogen zu haben, und in Lauranias Blick glaubte Xavius tiefe Enttäuschung zu erkennen.
    Hinter ihnen faltete sich die Rampe zusammen und schloss den Zugang. Der Springer summte, und seine Gravitatoren trugen ihn gen Himmel. Durch die Fenster war zu sehen, wie die Hauptstadt von Bluestone unter ihnen zurückblieb und ihr Tafelberg zu einem bunten Tupfer in einem Meer aus Wald wurde.
    Uns bleiben nur ein paar Minuten, mahnte der Chronass. Verlier keine Zeit.
    »Nur zu.« Vandover winkte. »Stellen Sie Ihre Fragen, Chronist.«
    »Haben sie genug Bewegungsfreiheit?«, fragte Xavius. Im Gegensatz zu den anderen stand er noch. Jarqez Vandover, die beiden angeblichen medizinischen Assistenten und die zwei Soldaten, die sie an Bord des Springers empfangen hatten, saßen bereits. »Können sie antworten?«
    »Aber ja, mein lieber Xavius.« Vandover winkte erneut. »Setzen Sie sich und fragen Sie.«
    Wie soll ich fünf Gegner überwältigen, beziehungsweise sechs, wenn man den Piloten in der Kanzel mitzählt?, dachte Xavius.
    Einige Sekunden vergingen, während der Springer höher kletterte.
    Vandover sah ihn an und wölbte die Brauen. Dann neigte er den Kopf ein wenig zur Seite, und sein Blick ging ins Leere.
    Eine Sondermeldung aus dem Mesh, sagte der Chronass. Und … sie betrifft dich. Ich meine … uns.
    Die Mikromaschinen, dachte Xavius. Der Schwarm ist meine einzige Möglichkeit, meine einzige Waffe. Aber Vandover hat ebenfalls einen, vielleicht auch seine beiden Begleiter und die Soldaten. Es dürfte ihrer Aufmerksamkeit kaum entgehen, wenn ich meine Maschinen hinausschicke.
    Es sei denn …
    »Ich empfange gerade eine wichtige Meldung aus dem Endurium, und sie betrifft Sie, Chronist«, sagte Vandover erstaunt.
    Seine Verbindung ist langsamer. Der Chronass sprach sehr schnell; seine Worte gingen ineinander über. Uns bleiben noch einige Sekunden. Die Meldung bezeichnet uns als Mörder des Regenten, Xavius.

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