Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
– der Boden war um mindestens dreißig Grad geneigt –, und vom großen Fenster links waren nur noch einige gezackte Splitter übrig. Dahinter erstreckte sich eine Dunkelheit, in er es gelegentlich knisterte und raschelte und aus der ein muffiger, modriger Geruch kam. Eine heftige Erschütterung hatte weiter vorn die Tür der Kanzel aus ihrer Einfassung gerissen, und direkt dahinter, wo zuvor die Kontrollen gewesen waren, ragte die graubraune Masse eines Baumstamms empor. Schwarze Punkte bewegten sich auf der Borke, winzige käferartige Geschöpfe, die bestrebt zu sein schienen, ins Innere des Wracks zu gelangen.
    Pribylla hatte den Pulser, und für einen Moment richtete sie ihn auf Xavius. Hinter ihr kauerte Jarqez Vandover auf einem Sitz, am Handgelenk eine der Spangen, die zuvor die drei Minerva-Gefangenen demobilisiert hatten. Mit zerrissener Jacke und Flecken im Gesicht saß er da, reglos, in den Augen das Feuer des Zorns. In der Ecke weiter vorn, halb im Schatten, lag Gantar, einer der beiden angeblichen medizinischen Assistenten, den Kopf so weit nach hinten und zur Seite gedreht, wie es nur mit einem gebrochenen Genick möglich war.
    »Lass das, Priby«, sagte Laurania. »Ohne ihn wären wir jetzt zum Endurium unterwegs.«
    »Ich habe ihm von Anfang an nicht getraut, und ich traue ihm auch jetzt nicht. Boris, wie weit bist du?«
    »Es dauert noch ein bisschen.« Der hagere Mann befand sich auf der anderen Seite, dort, wo Decke und gewölbte Wand ineinander übergingen. Neben ihm klaffte ein Riss im Rumpf, und daneben hing eine gelöste Verkleidungsplatte. Lange, dünne Finger tasteten über Leitungen und Schaltkreise, und in der anderen Hand bemerkte Xavius einen Coder, den er vor dem Start bei Vandover gesehen hatte.
    »Wo ist der andere?«, ächzte Xavius. »Der zweite Medo-Assistent. In Wirklichkeit sind sie ASE-Agenten.« Er hustete erneut.
    »Wir haben ihn beim Absturz verloren. Ebenso den anderen Soldaten und den Piloten.« Laurania fügte hinzu: »Bitte … Nehmen Sie sie zurück. Die kleinen Maschinen.«
    »Was?«
    Sie meint die Mikromaschinen, die du ihr transferiert hast und die ihren Demobilisierer außer Gefecht gesetzt haben, sagte der Chronass ungeduldig.
    Xavius spuckte noch einmal und schickte dann das Rufsignal. Er musste es zweimal wiederholen, bevor er eine Bestätigung bekam. Etwas, das wie eine kleine Dunstwolke aussah, wie in kalter Luft kondensierter Atem, kam aus Lauranias Mund und erreichte Xavius’ Gesicht. Er atmete tief ein und nahm den Teil des Schwarms auf, der Lauranias Fessel überlistet hatte.
    Draußen knirschte es, wie von langsam brechendem Holz, und das Wrack des Springers neigte sich noch mehr zur Seite.
    »Wir müssen hinaus«, drängte Pribylla. »Den Absturz bis hierher haben wir überlebt, aber es gibt keinen Sicherheitsschaum mehr, der uns beim Rest des Weges nach unten schützt.«
    Xavius zog sich an einem leeren Sitz hoch, und sofort richtete Pribylla wieder den Pulser auf ihn. Laurania trat zwischen sie beide. »Hör damit auf , Priby!«, sagte sie scharf. »Such besser nach der Notausrüstung. Boris, sie hat recht. Wir müssen nach draußen. Komm!«
    »Nur noch eine Minute, Laura. Dies ist ein uraltes Modell, aber es verfügt über ein Materialgedächtnis. Es wurde im Endurium nur deaktiviert und blockiert, bevor man den Springer hierherbrachte. Der Coder des Konsuls ist ein leistungsfähiges Universalgerät.« Ein Lächeln huschte über die Lippen des hageren Mannes, halb im Schatten verloren. »Man kann nicht nur die Spangen von Demobilisierern mit ihnen programmieren, sondern auch die Algorithmen des Materialgedächtnisses verändern. Ich bin dabei, das Gedächtnis des Springers mit einer Veränderung seiner molekularen Kohäsion zu wecken und einen Molekülarchitekten zu schaffen, der es uns ermöglichen sollte, Tarnpheromone zu produzieren.« Er drehte den schmalen, sichelförmigen Kopf, sodass eines der seitlich liegenden Augen direkt auf Laurania gerichtet war. »Ohne solche Pheromone würde uns der Wald nach spätestens ein oder zwei Stunden als Fremdkörper erkennen, selbst ohne Kontakt mit den Kundschaftern dort.« Es folgte eine Geste, die den winzigen käferartigen Wesen galt, die vorn durch die Reste der Pilotenkanzel krochen. Sie waren langsam, und es fiel Pribylla nicht weiter schwer, ihnen auszuweichen, als sie nach der Notausrüstung suchte. Aber es wurden immer mehr, und bald würden sie praktisch überall sein, ein dunkler Schwarm; dann

Weitere Kostenlose Bücher