Der letzte Single fangt den Mann
oft Komplimente gemacht. Zugegeben, meistens unter Alkoholeinfluss. Und in Hongkong, als wir im Bett lagen, hat er ein paar sehr…
» Er ist anders, seit er dich kennt, weißt du«, sagt Sophie und unterbricht meine Überlegungen.
» Ach ja?«
» Er hat mit dir mehr Zeit verbracht als mit den Jungs oder mit einer von seinen Damenbekanntschaften oder wie immer du sie mal genannt hast. Früher hat er viel Zeit allein verbracht… Er war ein richtiger Muffel.«
» Ja? Wirklich?«
Ich halte ihn für alles andere als einen Muffel, aber erst, seit ich ihn näher kenne. Inzwischen finde ich ihn umwerfend. In jeder Hinsicht.
» Ja«, entgegnet sie ungeduldig. » Du bist so blind, Abigail.«
» Bin ich das?«
Sophie beginnt über meine Papageienfragen zu lachen. Ich sage nichts, sondern kaue auf meiner Unterlippe, in Gedanken verloren.
» Ich muss nachdenken.«
» Ja, tu das. Hab dich lieb.«
» Ich dich auch.«
Ich will nicht über Robert und über Sophies seltsame Andeutungen nachdenken. Denn wenn er jemals auf mich abgefahren ist– ich habe ehrlich gesagt nie einen Gedanken daran verschwendet, weil ich davon ausging, dass er nicht an mir interessiert ist–, dann ist das ein ganz beschissenes Chaos. Und wenn man bedenkt, dass wir schließlich noch unserer gegenseitigen körperlichen Anziehungskraft erlagen und miteinander schliefen und ich ihn danach entsorgte wie alte Brotkrümel…
Ich kann den Gedanken nicht ertragen, allein ins Bett zu gehen, nur mit meinem Gehirn als Gesellschaft. Ich schlucke eine Tablette von meinem Antiallergikum, eine von denen, die schläfrig machen, und schlafe kurz darauf ein.
Um drei Uhr morgens werde ich von lautem Geschrei wach.
Und Gekicher.
Dann höre ich Roberts Stimme und die von JimmyJames. Und wieder Gekicher. Weibliches Gekicher.
» Verdammte Scheiße«, sage ich laut.
Dann legt jemand Musik auf. Ich höre, wie JimmyJames den Text laut mitsingt.
Das reicht. Es ist mitten in der Nacht. Das lasse ich mir nicht gefallen. Ich habe einen neuen Job, verdammt, ich brauche meinen Schlaf.
Ich klettere aus dem Bett und tapse im Pyjama wütend die Treppe herunter. Ich bin fast unten, als ich Roberts Stimme höre.
» Dreh den Scheiß leiser«, sagt er. Ich höre an seiner Stimme, dass er getrunken hat. Er spricht zu laut, obwohl er sich selbst dann immer zu leise findet. » Meine Mitbewohnerin schläft.«
» Soso, deine Mitbewohnerin. So nennst du sie also neuerdings?«, erwidert JimmyJames und hickst laut.
Plötzlich geht die Musik aus. Ich setze mich auf die Treppe.
» Genau das ist sie«, entgegnet Robert knapp.
» Habt ihr Zitronen für meinen Wodka?«, fragt eine weibliche Stimme.
» Du bist ganz schön verwöhnt, nicht?«, sagt JimmyJames.
» Ich will auch Zitrone!«, sagt eine andere weibliche Stimme. » Robbie, dein Haus gefällt mir!«
Dann höre ich JimmyJames und eine der Frauen in der Küche kichernd und flirtend eine Zitrone suchen und anschließend in Scheiben schneiden. Aber wegen der beiden mache ich mir keine Sorgen. Vielmehr mache ich mir Sorgen wegen Robert und der anderen Frau. Ich kann sie nicht sehen, aber deutlich hören. Sie können keine zwei Meter von mir entfernt sein.
» Ich glaube, mein Zeh ist gebrochen«, sagt die Frau. » Robbie, kannst du mal kommen und nachschauen?«
» Äh… natürlich«, sagt er. Ich höre die Couch quietschen. Sie müssen sich auf die Couch gesetzt haben, die am nächsten zur Diele steht. » Du hast aber hübsche Zehen…«
» Du solltest erst mal meine Arschbacken sehen«, erwidert sie und lacht hysterisch über ihren eigenen Witz.
Im Dunkeln mache ich ein angewidertes Gesicht. Was für ein Flittchen. Robert wird doch nicht darauf anspringen, oder doch? Plötzlich herrscht absolute Stille. JimmyJames und die eine Frau küssen sich wohl in der Küche. Nichts anderes würde ihn sonst so lange zum Schweigen bringen. Küsst Robert die andere? Ich halte den Atem an und bete, dass irgendwer etwas sagt.
» Der ist nicht gebrochen«, sagt Robert. Ich seufze erleichtert. Er hat sich nur ihren Zeh angeschaut. » Du wirst überleben und weiter hohe Schuhe tragen können.«
» Oh, vielen Dank, Doktor Robbie«, entgegnet sie. » Und… machen wir eine Hausbesichtigung? Ich glaube, die beiden möchten lieber ungestört sein…«
» Äh… sicher«, sagt Robert.
Ein erneutes Quietschen lässt darauf schließen, dass er aufgestanden ist, und ich springe sofort auf und schleiche schnell die Treppe hoch. Ich will nicht,
Weitere Kostenlose Bücher