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Der Letzte Tag Der Schoepfung

Der Letzte Tag Der Schoepfung

Titel: Der Letzte Tag Der Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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nun doch zu einer bemannten Mission zum Mars rüsteten? Die Gerüchte, dass die Sowjets eine Expedition vorbereiteten, waren nie ganz verstummt - und wurden von der NASA bewusst gefördert. Aber die Regierung konnte sich zu keinem Entschluss durchringen; man zauderte, und die Zauderer schienen Recht zu behalten, denn ein Startfenster nach dem anderen ging auf und schloss sich wieder, ohne dass in Baikonur ein bemanntes Schiff abgehoben hätte, das über den Erdorbit hinauswollte. Sollten die Zauderer sich doch getäuscht haben?
    Zwei Übungsmaschinen schwebten ein, setzten knapp hintereinander zur Landung an, huschten schattenhaft am Fenster vorbei und starteten mit aufheulenden Motoren sofort wieder durch. Die Hubschrauber jenseits der Piste schienen im wabernden Strahl der Triebwerke für einen Moment zu schmelzen und wieder zu erstarren.
    »Das ist alles, was ich dem Einladungsschreiben entnehmen kann, Major Stanley«, sagte Snydenham, »und eine Flugkarte nach Miami.«
    »Danke, Sir«, nickte Stanley, obwohl er nicht so recht wusste, wofür er sich eigentlich zu bedanken hatte.
    »Die NASA sucht Freiwillige, offenbar für eine ganz große Sache. Sie sind schon der neunte Pilot, der von meinen Einheiten angefordert wird.«
    »Aha«, sagte Steve etwas enttäuscht.
    »Ich hoffe, wir sehen uns nächste Woche wieder, Major.«
    »Wenn Sie meinen, Sir, dann lehne ich das Angebot ab«, sagte Steve.
    Der General sah ihn einige Sekunden lang an und brachte es fertig, gleichzeitig zu lächeln und leicht missbilligend die Stirn zu runzeln.
    »Nein, nein, Major. Sie tun, was man von Ihnen verlangt, es sei denn, Sie hätten gewichtige Gründe dagegen. So ungern ich Sie ausleihe, denn Sie sind einer meiner allerbesten Leute, Sie haben sich als Astronaut qualifiziert und Ihre Ausbildung hat eine Menge Geld gekostet. Wenn man Sie braucht, sollten Sie sich zur Verfügung stellen.«
    Snydenham stand auf. Stanley schnellte aus dem Sessel und salutierte, doch der General reagierte nicht, sondern streckte freundschaftlich seine braun gebrannte Rechte über den Schreibtisch. Stanley ergriff sie und schüttelte sie herzlich. »Machen Sie’s gut, Steve.«
    »Ich werd’s versuchen, Sir.«
     
    Auf sein Zimmer zurückgekehrt, warf Steve das Ticket und die Reisepapiere auf den winzigen plastikbeschichteten Schreibtisch und starrte sie an. Er legte die Uniformjacke aufs Bett und setzte sich in den wohltuenden Luftzug des Ventilators, der an der weiß gestrichenen Holzdecke zerrte und die warme Luft in Bewegung hielt.
    Steve hatte nie damit gerechnet, je wieder als Astronaut reaktiviert zu werden. Er war knapp vierzig Jahre alt, körperlich zwar in Hochform, doch seine besten Jahre lagen hinter ihm, das hatte er sich längst eingestanden, ohne dass es ihn mit Bitterkeit erfüllte. Er hatte, weiß Gott, immer Glück gehabt, wenn er auch nie besonders glücklich gewesen war. Man hatte ihn in jungen Jahren als Pilot ausgebildet, er war schließlich nach Guam verlegt worden, als Johnsons verzweifelte Argumente gegen Nordvietnam so gewichtig wurden, dass sie nur noch die B-52 tragen konnte, war gerade dabei, ebenfalls verladen zu werden, als Tricky Old Henry das Wunderhorn hervorkramte und Tricky Old Dicky hineinstieß, dass es misstönend knarrte, und bald darauf der große teure Zapfenstreich mit Katzenjammer ausbrach und die Jungs zehn unwiederbringliche Jahre zu spät nach Hause zurückkehrten - wenigstens jene, die noch dazu in der Lage waren.
    Steven B. Stanley (er mochte seinen zweiten Vornamen Benedikt nicht) war dazu in der Lage. Er flog die B-1 Prototypen von Rockwell, aber als die USA im Frühjahr 1977 unter Präsident Carter nach den gescheiterten SALT II-Verhandlungen mit einem verschärften Wettrüsten begannen, auf das unbemannte Cruise-Missile setzten und auf die teure B-1 verzichteten, meldete er sich freiwillig bei der NASA, die gerade erfahrene Piloten für die vierte Astronauten-Generation suchte. »Astronauten« war ein reiner Euphemismus, die NASA bildete Shuttle-Piloten aus, die ihre Nase kaum 100 Kilometer aus der Erdatmosphäre steckten, doch man hielt die Leute bei Laune, indem man ständig von einer bevorstehenden Mars-Expedition redete, da die Sowjets ebenfalls dabei wären, eine bemannte Mission zum Roten Planeten vorzubereiten.
    Bereits 1977 deutete der amerikanische Geheimdienst an, dass die Sowjetregierung Aufträge größeren Umfangs an die Schwer-und Elektronik-Industrie vergab, die nicht unmittelbar im

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