Der Letzte Tag Der Schoepfung
Zusammenhang mit der Rüstung und dem in großem Umfang produzierten »Backfire« stehen konnten. Von da an verdichteten sich die Gerüchte um eine sowjetische Marsexpedition in regelmäßigen Abständen, wenn ein Startfenster aufging oder sich wieder schloss. Da die beiden Viking-Lander der USA 1976 keinen eindeutigen Aufschluss über Lebensspuren auf dem Mars gebracht, ja im Gegenteil den Exobiologen, Chemikern und Geologen unvermutet weit mehr Rätsel aufgegeben als gelöst hatten, forderten eine Reihe namhafter Wissenschaftler eine bemannte Expedition zum Nachbarplaneten. Die NASA griff ihre Argumente bereitwillig auf und rührte die Werbetrommel. Es gab immer wieder ein paar NASA-Direktoren, die auf einen Wink der Industrie hin an den Fäden zogen, und ihre Hampelmänner in Washington zappelten prompt und tischten die alten Parolen von neuem auf, »das Prestige der USA«, »die Ehre der Nation« und wie sie alle heißen. Man hatte die Pläne des verstorbenen von Braun aus der Schublade geholt, war aber nur sehr halbherzig an ihre Realisierung gegangen. Die Aufträge, die an die Industrie vergeben wurden, waren nicht nennenswert: Projektstudien, Alternativlösungen, Kostenrechnungen. Der Kongress knauserte. Niemand glaubte so recht an den Wettlauf zum Roten Planeten, zumal nicht mit Sicherheit herauszukriegen war, ob die Russen ihre Vorbereitungen ernsthaft betrieben. Und der Kongress geizte nicht ohne Grund; doch es wussten nur wenige Eingeweihte, die Angehörigen des »Engeren Kreises«, dass die Gelder längst in andere Kanäle flossen, die sich als unersättlich erwiesen.
1982 begannen die regelmäßigen Shuttle-Flüge, und das Spacelab nahm seine Arbeit auf. Als kurz darauf das Startfenster zum Mars näher rückte und die Sowjets nicht die geringsten Anstalten machten, eine bemannte Mission auf den Weg zu bringen, froren die USA ihre Pläne für bemannte interplanetare Missionen vorläufig ganz ein. Die Inaktivität der Sowjets auf dem Gebiet war unerklärlich. Die mit dem Chronotron-Projekt beauftragten Militärs beurteilten die Situation als in wachsendem Maße Besorgnis erregend und drängten zur Eile. Der Bau der Käfigschiffe wurde beschleunigt, der wissenschaftliche Stab erweitert.
Von diesen Entwicklungen hatte Steve B. Stanley natürlich keine Ahnung. Er spürte nur, dass die Regierung jedes Interesse an der Raumfahrt verloren hatte und ständig wissenschaftliches und technisches Personal abgezogen wurde. Er war ein halbes Dutzend Mal mit Wissenschaftlern und deren zerbrechlichem Reisegepäck in den Orbit aufgestiegen, hatte am Spacelab angedockt und war mit anderen Wissenschaftlern und deren Reisegepäck auf die Erde zurückgekehrt. 1983 musterte er bei der NASA ab; die Arbeit war nicht nach seinem Geschmack. Zwanzig Stunden lang Tests und Durchchecken aller Geräte und Messinstrumente zur Startvorbereitung - und nach kaum einer Stunde Flug war der erste Teil der Mission beendet. Zwei Stunden lang dieselbe Prozedur parallel mit Stations-und Bodenkontrolle, dann Rückstart zur Erde, Ausklinken der Abfallbehälter bei Wiedereintritt in die Erdatmosphäre, Landung.
Steve kam sich schon nach dem dritten Flug vor wie ein Droschkenkutscher, der sich von nervösen Metallurgen, Biologen, Geografen, Meteorologen und Astronomen schikanieren lassen musste, von denen die meisten über die Maßen um die Sicherheit ihrer Instrumentenpakete und ihrer eigenen Person besorgt waren und ihm die Schuld gaben, wenn etwas nicht einwandfrei funktionierte. Als er beim sechsten Rückflug die wohl gefüllte Latrine ins Luftmeer kippte, wo sie wie ein Feuerwerk verglühte, hatte er seinen Entschluss längst gefasst. Er ging als Fluglehrer zurück zur Air Force - und er war nicht der einzige.
So war er vor zwei Jahren hierher nach New Mexico gekommen.
Das Flugticket war für Freitag ausgestellt. Steve hatte also noch zwei Tage Zeit um seine Angelegenheiten zu regeln. Seine paar Habseligkeiten brachte er leicht in zwei Metallkoffern und einem Seesack unter. Am Nachmittag des folgenden Tages rief er Lucy an, mit der er seit etwa einem halben Jahr ein Verhältnis hatte. Sie war eine kluge Frau Ende dreißig mit rotbraunen Haaren und herausfordernden grünen Augen, die eine Spur zu weit auseinander standen. Sie arbeitete in Albuquerque in der Kanzlei eines Rechtsanwalts als Sekretärin.
Steve ließ sich, nachdem er seine Marschpapiere abgeholt hatte, mit einem Jeep vom Luftwaffenstützpunkt in die Stadt fahren und von
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