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Der letzte Tag der Unschuld

Der letzte Tag der Unschuld

Titel: Der letzte Tag der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edney Silvestre
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italienischen Landarbeiter in Brasilien rührt daher. Die Frau des Kaisers, Dona Teresa Cristina, war Neapolitanerin und brachte die Einwanderer, von denen viele aus Sizilien, dem Königreich ihres Vaters, stammten, hierher, auf die Kaffeeplantagen des Freundes ihres Mannes und der Freunde dieses Freundes.«
    »Und das alles hat Ihnen der Bischof erzählt«, schloss Ubiratan, eine Rauchwolke ausstoßend.
    »Ja.«
    »Um deutlich zu machen, dass …«
    »Kurz gesagt, Senhor Ubiratan, die Familie Marques Torres hat seit sehr langer Zeit so viele und so viele verschiedene barmherzige Werke zum Nutzen der Bevölkerung getan, ganz besonders für die Ärmsten, dass der Herr Bischof findet … Er glaubt, dass gewisse Angelegenheiten, in die einige unserer bedeutendsten Gemeindemitglieder verstrickt sind, also der Herr Bischof glaubt – und so hat er es mir auch gesagt –, dass man gewisse Angelegenheiten den dafür zuständigen Stellen überlassen sollte.«
    »Das heißt?«
    »Verbrechen sind Sache der Polizei, und die allein sollte sich darum kümmern.«
    Ubiratan stieß unwillkürlich einen Seufzer der Enttäuschung aus.
    »Der Herr Bischof hat auch einen alten Mann erwähnt, der die Soutane des Pfarrers von São Joaquim entwendet und sie benutzt hat, um sich hier einzuschleichen und sich mit mir zu unterhalten. Er sagte, dieser alte Mann behaupte, früher Lehrer gewesen zu sein, in Wirklichkeit sei er aber Koch an einer Schule in Recife gewesen. Er sei als Kommunist aktenkundig und schon mehrmals in dunklen Straßen unserer Stadt in der Gesellschaft minderjähriger Jungen gesehen worden. Ich werde den Ausdruck nicht wiederholen, mit dem der Herr Bischof die Beziehung des Alten zu den Jungen bezeichnete.«
    Ubiratan hielt mitten im Zug inne.
    »Es sei daher für mich als Leiterin dieses Waisenhauses, als Verantwortliche für die moralische Erziehung minderjähriger Mädchen gänzlich unangemessen, nicht akzeptabel, mich noch mal auf ein Gespräch mit Ihnen einzulassen, Ihnen Informationen zu übermitteln oder den Kontakt zwischen Ihnen und den Nonnen zu ermöglichen, die hier seit der Zeit sind, in der Aparecida in dieser Einrichtung lebte.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Das sind die Anweisungen des Herrn Bischof.«
    »Aber Sie haben mich doch hergebeten.«
    »Ich möchte wirklich gerne Schach lernen, das sagte ich Ihnen ja bereits.«
    Wieder blätterte sie in den Papieren.
    »Gestatten Sie mir, Ihnen einen weiteren Absatz aus Mater et Magistra vorzulesen, Senhor Ubiratan: ›Wer daher von diesen göttlichen Gesetzen abweicht, beleidigt nicht die Majestät Gottes, sondern entwürdigt sich selbst und das Menschengeschlecht und schwächt die innersten Kräfte seines Volkes.‹«
    Sie legte die Blätter wieder auf den Tisch, setzte ihre Brille ab, hielt sie in den Händen und knetete die Bügel in ihren Händen. Sie wollte nicht, dass Ubiratan sah, wie sie zitterte.
    »Sie haben Aparecida hier weggeholt, als sie noch ein Kind war. Sie haben Aparecida erniedrigt wie … Nicht einmal ein Tier behandelt man so, wie sie sie behandelt haben. Sie haben dieses Mädchen kaputt gemacht. Sie haben aus ihr eine …«
    Sie stand auf, ging an ein Regal und begann, mit dem Rücken zu Ubiratan, an den Büchern herumzurücken. Nicht aus Interesse an ihnen, sondern um sich den verwerflichen Zorn, der sie gepackt hatte, nicht anmerken zu lassen. Erst als sie spürte, dass er verraucht war, wandte sie sich wieder zu Ubiratan um.
    »Sie haben ja Ihr Schachbrett gar nicht dabei. Schade. Während Sie mich unterrichten, könnten wir über das reden, was mir die älteren Nonnen über die Zeit erzählt haben, als Aparecida hier lebte. Zu schade. Aber ich kann es ja ein anderes Mal lernen. Was ich erfahren habe, sage ich Ihnen aber besser jetzt gleich.«
    Auf dem gusseisernen Balkon im zweiten Stock, von dem aus in früheren Zeiten alte Damen und junge Mädchen Blütenblätter auf die Prozessionen gestreut hatten, die in Richtung Kathedrale die Straße hinaufzogen, trocknete eine Prostituierte ihr soeben rot gefärbtes langes Haar in der Nachmittagssonne. In die Lektüre einer Zeitschrift vertieft, kümmerte sie sich nicht darum, wer den Hang heraufkam, und wurde ihrerseits von den wenigen Passanten, die die Straßenseite wechselten, ostentativ ignoriert.
    Ein weißhaariger Mann kam um die Ecke und bezog im Schatten einer Akazie einen Beobachtungsposten. Reglos behielt er das Haus im Blick.
    Im Inneren des Hotels Wizoreck war keinerlei

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