Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Tag der Unschuld

Der letzte Tag der Unschuld

Titel: Der letzte Tag der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edney Silvestre
Vom Netzwerk:
Lampen. Die grünliche Karte, die ein Wasserfleck an die Decke gezeichnet hatte. Ein Umkleideraum. Der Umkleideraum der Sporthalle, in der das Fußballspiel stattgefunden hatte. Der Widerhall des Lärms, den der umfallende Eimer verursacht hatte. Das Getuschel in einer der Umkleidekabinen. Der Junge, der herausgestürzt war und ihn an den Handgelenken gepackt hatte. Seine hohen Wangenknochen. Die schmalen Nasenflügel.
    »Renato … Sohn des Bürgermeisters …«
    »Ja.«
    Der Geruch, den er verströmt hatte. Die Mischung aus scharfem Schweiß und frischem Parfüm. Die Tür der Umkleidekabine, die langsam aufgeschwungen war. Das junge Mädchen, das aus dem Schatten trat. Der Duft, der von ihr ausging.
    »Anitas Bruder ist der Sohn des Bürgermeisters, aber er sieht ihm nicht ähnlich. Er kommt ganz nach seinem Großvater.«
    Lavendel. Sie hatte nach Lavendel gerochen, als sie aus der Kabine kam, in der sie mit Renato gewesen war, und ihren Busen in den BH stopfte. Ihr helles Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie konnte nicht älter als fünfzehn sein.
    »Renato sieht dem Senator sehr ähnlich. Groß, breites Kreuz, volle Lippen comme un indien . Ein Frauenheld. Grob. Wie sein Großvater. Il ressemble beaucoup à son grand-père. Eher Indio als Schwarzer. Manchmal kommt Renato hierher. Eines meiner Mädchen ist in ihn verliebt, sie steckt ihm Geld zu, und ich tue so, als sähe ich es nicht. Ich kann sie verstehen. Männer wie Renato wissen, wie man eine Frau verrückt macht.«
    »Renato ist der Sohn des Bürgermeisters. Mit Elza …«
    »Ja. Er weiß es nicht. Aber Anita wusste es.«
    »Sie wusste …«
    »Natürlich.«
    »Elza …« Ubiratan seufzte fast unhörbar. »Die arme Elza …«
    In unbeteiligtem Tonfall, so, als erzählte sie eine ganz gewöhnliche Geschichte, fuhr Hanna mit ihrem Bericht fort.
    »Allerdings hatte Anita erst kürzlich herausgefunden, dass Renato ein Verhältnis mit Isabel angefangen hat.«
    Die Tür, die sich auf der Veranda am Haus des Bürgermeisters öffnete. Der Duft, der an seine Nase drang, noch bevor er sie sah. Lavendel. Das junge Mädchen mit dem hellen Haar. Hochgewachsen. Mit vollen, geschwungenen Lippen wie ein Vogel mit ausgebreiteten Schwingen. Mit kleinen dunklen Augen, die immer wieder ins Haus zurückblickten.
    »Renato begann also ein Verhältnis mit der Tochter des Bürgermeisters …«
    »Mit Cecília? Nein. Cecília ist erst vierzehn. Renato ist nicht Cecílias Liebhaber. Er ist der Liebhaber von Isabel. Der Frau des Bürgermeisters.«
    Die Veranda des Hauses, die vom plötzlich eingeschalteten Licht überflutet wurde. Die schlanke, ungeschminkte Frau, die hinter dem blonden Mädchen auftauchte. Die langen Wimpern, die schräg stehende Augen beschatteten. Das nachsichtige Lächeln. Der autoritäre Tonfall in ihrer Stimme.
    »Renato und sie treffen sich regelmäßig in einem Haus in einem abgelegenen Dorf. Sie hat ihm das Haus gekauft. Es läuft auf seinen Namen. Und sie gibt Renato Geld. Genau wie mein Mädchen. Ein Mann wie er … Ich kann’s verstehen. Er macht eine Frau wahnsinnig. Jede Frau. Sein Großvater war genauso. Ich kann’s verstehen. Ihre Asche fällt gleich auf den Fußboden«, warnte sie Ubiratan und schob ihm den gläsernen Aschenbecher zu.
    Ubiratan klopfte die Asche ab und drückte gleich danach die Zigarette aus, ohne ein einziges Mal daran gezogen zu haben. Die Kippe behielt er zwischen den Fingern.
    »Entschuldigen Sie. Ich bin …«
    »Der Bürgermeister hat selbstverständlich keine Ahnung, dass seine Frau und sein Sohn …«, sie unterbrach sich, um an der Zigarette zu ziehen, »ein Verhältnis haben.«
    »Und Renato? Weiß er, dass …«
    »Dass der Bürgermeister sein Vater ist? Nein. Und Anita hatte beschlossen …«
    »Dem Ganzen ein Ende zu setzen«, schloss Ubiratan.
    »Nein. Anita hatte beschlossen, daraus Profit zu schlagen.«

12
    Die Schlange kriecht aus ihrer Höhle
    »Könnten Sie die Musik vielleicht leiser stellen?«, bat Eduardo die Prostituierte, die neben dem Radio saß und sich die Fußnägel lackierte. »Ich kann nicht verstehen, was da drinnen gesprochen wird.«
    Die rothaarige Frau pinselte sich weiter Lack auf die Nägel, wiegte ihren Kopf im Takt des Boleros und trällerte mit, ohne Eduardos Bitte zu beachten.
    Ninguém é de ninguém
    Na vida tudo passa
    Ninguém é de ninguém
    Até quem nos abraça …
    Eduardo sagte sich, dass er dieses Lied nicht mochte. Dieses nicht und auch sonst

Weitere Kostenlose Bücher