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Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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sehen. Ein schmutziger, mit Unrat übersäter Platz, feuchtes Pflaster, blasses Licht. Entweder war das Gemälde im Laufe der Zeit schmutzig geworden, oder die Szene war mit Absicht in dunklen, öligen Rauch gehüllt worden, damit der Hintergrund fleckig und schäbig wirkte. Auf dem Pflaster lagen zahlreiche Tote und Sterbende. Gesichtslose Gestalten in Rüstungen standen in einer Reihe vor den Abgeschlachteten. Die kleinen roten Kreuze auf den hohen Schilden der Soldaten
glänzten feucht. Doch im Zentrum des Bildes waren einige aufgerichtete Pfosten zu erkennen, an denen oben etwas festgebunden war.
    »In der Mitte, am längsten Pfahl können Sie Lorche erkennen, den ›Vater der Lügen‹. Um ihn herum die ›Sieben‹. Allen wurden die Kleider vom Leib gerissen. Ihnen wurden mit Stöcken die Gliedmaßen zertrümmert, als sie noch am Leben waren. Danach wurden sie an die Pfähle gebunden und aufrecht hingestellt. Unter ihren Füßen wurden Feuer aus Dung, Zweigen und Pech angefacht.«
    Kyle war unwohl, ihm wurde schwindelig, und er musste sich anders hinstellen. Der Boden unter seinen Füßen knarrte laut.
    An neun schwarzen Pfählen hingen die Überreste von kaum noch erkennbaren Körpern, um die herum schwarzer Rauch aufstieg. Hinter den Opfern an den Pfählen waren weitere Menschen auf Holzstühle gebunden, unter denen rötliches Feuer züngelte. Andere waren auf Räder geflochten worden. Das Ausmaß der Schmerzen, die die Blutsfreunde im Todeskampf erleiden mussten, war an ihren verzerrten weißen Gesichtern abzulesen, als sie die Köpfe nach oben rissen, um den Flammen und dem tödlichen Rauch zu entgehen. Jeder Einzelne versuchte sich aufzubäumen und strebte dem tiefschwarzen Himmel entgegen.
    »Neun. Es sind neun Pfähle.«
    Pieter lächelte. »Das ist die Darstellung der Verbrennung des Königs, der sieben Ältesten und ihres Bischofs, des Unheiligen Schweins. Sehen Sie sich seine Füße an. Die der letzten Gestalt ganz rechts im Bild. Schweinsfüße. Das Bild ist verschmutzt, aber wenn Sie genauer hinsehen, erkennen Sie seine Kleider. Sie haben ihn in seinen heiligen Gewändern und mit der Bischofsmütze verbrannt.«
    Kyle schaute lieber nicht zu genau hin. »Was geschah mit den anderen … den Bauern, den Bewohnern des Ortes?«
    »Sie wurden in ihren Häusern abgeschlachtet. Nur wenige
überlebten. Die Soldaten hatten gelogen, als sie sagten, wer sich ergab, würde am Leben bleiben. Sie behaupteten, die meisten Einwohner hätten sich viel zu sehr dem Anabaptismus verschrieben und könnten nicht mehr gerettet werden. Sie lebten mit Dämonen zusammen. Also schlitzten sie ihnen in ihren Häusern die Kehlen auf. Viele wurden geköpft. Hunderte. Vielleicht Tausende. Wer weiß das schon genau? Ihre Leichen wurden mit Salz bestreut. Die Kinder und einige Frauen wurden in andere Orte der Diözese gebracht, die Übrigen starben hier am letzten Tag der Belagerung. Verhulst war ein gebildeter Mann, und seine Eltern waren reich. Er überlebte, wahrscheinlich, weil er die spanischen Söldner bestechen konnte. Jetzt schauen Sie sich den Himmel an. Sagen Sie mir, was dort vor sich geht.«
    Der Himmel brodelte. Dicke pechschwarze Wolken, denen eigenartige gelbliche Gase zu entströmen schienen, ballten sich dort zusammen, und es wirkte, als hätte die kränkliche Sonne kaum genug Kraft, ihr Licht bis zum Erdboden zu schicken. Ein schwaches rötliches Feuer schimmerte am Horizont. Kyles Kehle war jetzt so trocken, dass er kaum ein Wort hervorbrachte. »Es ist dunkel. Vielleicht vom Rauch. Weil es brennt. Oder es ist ein Sturm.«
    »Der Kommandant der Soldaten erklärte später, der Sturm sei am letzten Tag ausgebrochen. Der Letzte Tag. Als sie die Ketzer dem Henker übergaben und die Leichen in der Stadt verbrannt wurden, sagte er, sei ein furchtbarer Wind aufgekommen und hätte die Gebeine hinweggefegt. Die Luft sei voller Rauch und Asche gewesen, und sie hätten sich zurückziehen müssen. Die Überreste von Lorche und seinen Auserwählten sollten eigentlich in eisernen Käfigen eingeschlossen werden, um sie in den umliegenden Orten zur Schau zu stellen. Die Käfige sollten als warnendes Beispiel an die Kirchtürme gehängt werden. Aber der Sturm hat das verhindert. Denn als der Wind am letzten Tag über St. Mayenne fegte, am Tag der falschen Märtyrer, schrieb ein
Priester, der mit den Soldaten gekommen war, dass der Himmel sich mit Asche gefüllt und es dann schwarze Knochen geregnet hätte. Alle Soldaten seien

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