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Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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entgegenzubringen, wie dieser verlangte.
    Die Anekdoten und Geschichten über Prowd wurden oftmals als Fantastereien abgetan. Dennoch wurde er in den Arbeiten einer ganzen Reihe von Kulturhistorikern erwähnt, die vor allem seine diabolischen Neigungen in den Vordergrund stellten. Sogar der Mathematiker und Philosoph John Dee hat einmal seinen Rat gesucht. Jedenfalls wurde kolportiert, er habe von Lorche gelernt, wie man in das Bewusstsein anderer Menschen eindringen kann, und es darin zur Meisterschaft gebracht. Bis es mit ihm, genau wie mit seinem kurzzeitigen Verbündeten, ein schlimmes Ende nahm. In Prowds Fall war das der Galgen, nachdem man ihn der Kindesentführung für schuldig befunden hatte.«
    Max spulte den Film weiter bis zu einem Ausschnitt aus einer viktorianischen Zeitung. »Schauen Sie sich die Schlagzeile an: ›Das Haus des Blutes‹. Die stammt aus dem Jahr 1891. Damals war Holland Park, also die Gegend um die Clarendon Road, ein Elendsviertel am Rand einer aufstrebenden Metropole. Prowds Anwesen war schon lange verschwunden, das Grundstück mit Backsteinhäusern bebaut. Aber die Hauptrolle in diesem Artikel spielt das Gebäude, in das wir später einziehen sollten, um es als Hauptquartier der Sekte zu benutzen. Es wurde auf dem ehemaligen Besitz von Prowd errichtet.« Max machte eine Pause. Offenbar war er sehr unzufrieden mit dem, was er damals arrangiert hatte. »Ich wusste einiges über die Vergangenheit dieses Grundstücks, als ich es aussuchte. Aber ich hatte nicht die leiseste Ahnung, dass es zu all dem führen würde … Wir wollten ein bisschen
gefährlich wirken. Für uns besaß es eine gewisse mystische Bedeutung. Diese Ansicht vertrat auch Madame Helena Blavatsky. Sie lebte Ende des 19. Jahrhunderts in der Nähe, genau wie einige prominente Mitglieder des Golden-Dawn-Ordens. Arthur Machen zum Beispiel hat sich einige Häuser weiter eingemietet.
    Machen schrieb Der Berg der Träume . Damit war Notting Hill gemeint, das war Machens Traumberg. Das ehemalige Quartier der Sekte befindet sich genau am Fuß dieses Bergs. Es war im viktorianischen England bekannt für die vielen Séancen, die dort stattfanden. Eine ganze Reihe von Spiritisten hat sich im Laufe der Zeit da versammelt. Es war ein außergewöhnlicher, fast schon übernatürlicher Ort. Und es gibt immer einige Menschen, die einen besonderen Sinn für solche Orte haben.
    Der Zeitungsartikel ist ziemlich sensationslüstern, aber er befasst sich auch mit dem Verschwinden eines gewissen Thaddeus Peevey. Diese Zeichnung neben dem Text, das ist er. Auch er beschäftigte sich mit Hypnose und anderen okkulten Praktiken, aber eher auf stümperhaftem Niveau. Er war ein Zeitgenosse von Florence Farr, Samuel Mathers und William Butler Yeats. Ein echter Halunke, darf man wohl sagen. Er war auch Schauspieler und Alkoholiker, um nur einige seiner Charakterzüge zu nennen, vor allem aber gab sich dieser Scharlatan als Medium aus. Der Golden Dawn akzeptierte ihn nicht als Mitglied. Sie hielten ihn für einen Schwindler. Was er wahrscheinlich auch war. Außerdem hatte er enorme Schulden. Er ging eine Wette ein, dass er es allein eine Nacht in dem Haus an der Clarendon Road aushalten würde, um die dort ansässigen bösen Geister zu treffen.
    Am nächsten Morgen war keine Spur mehr von ihm zu finden. Tatsächlich blieb er für immer verschwunden. Viele glaubten, er hätte sein Verschwinden auf diese Weise inszeniert, um seinen Gläubigern zu entgehen. Inzwischen bin ich da anderer Ansicht.
    Der ständige Wechsel der Besitzer und Mieter begann in dem Moment, als das Haus erbaut wurde. Ich hatte immer vermutet,
dass wir für die psychischen Turbulenzen dort verantwortlich seien. Das waren wir auch, aber eben nur zum Teil. Wir führten es fort, verstärkten es. Ich bin inzwischen der Überzeugung, dass dort Überreste aus der Vergangenheit verborgen sind. Und die haben wir zu neuem Leben erweckt, genau wie Thaddeus Peevey. Es ist etwas, das Prowd und Lorche dort eingebracht haben oder vielleicht auch selbst nur wiedererweckten. Ich weiß es nicht genau. Aber es gibt Orte, das haben Sie ja selbst erlebt, an denen bestimmte unangenehme Dinge geschehen, wenn gewisse Verhältnisse vorherrschen oder besondere Individuen dort auftauchen. Damit meine ich bestimmte Ideen, Einflüsse und Erscheinungen.
    Valentyne Prowd und Thaddeus Peevey hatten noch etwas gemeinsam, trotz der vierhundert Jahre, die zwischen ihnen liegen. Sie hatten beide die Neigung zur

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