Der letzte Tiger
vorbereitet und durchgeführt. Ly wurde an zwei Tagen als Zeuge der Anklage befragt. Er war gut vorbereitet, und Doktor Song und die Baronin wurden zu der Höchststrafe für illegalen Tierhandel von sieben Jahren verurteilt. Jacky bekam zwei Jahre. Einige der Handlanger aus Na Cai, darunter der Grenzer und der Hauptwachtmeister, wurden zu Geldstrafen verurteilt. Ihnen wurde allerdings nicht Tierhandel, sondern Korruption vorgeworfen.
Damit war der Fall um den Tiger vom Literaturtempel abgeschlossen, und Parteikommissar Hung gab seine Fernsehinterviews, die er immer so genoss. Er betonte, wie wichtig der Kampf gegen den illegalen Tierhandel sei, und lobte die gute Polizeiarbeit. Tus Tod erwähnte er mit keinem Wort. Er leitete auch keine interne Ermittlung gegen den Polizisten ein, der Tu auf dem Bahngelände erschossen hatte. Das Einzige, was er tat, war, Tu posthum einen Orden für Tapferkeit zu verleihen.
Des Mordes wurde Doktor Song nicht angeklagt. Ly sprach noch einmal mit Richter Cang, ob es nicht eine Möglichkeit gab, zumindest Truongs Fall vor Gericht zu bringen. Aber der Richter erklärte Ly, solange der Mann nicht dazu aussagte, sei die Beweislage ungenügend. Und Doktor Song verweigerte jegliche Aussage. Nur eines gab er zu Protokoll: Dass Kommissar Pham Van Ly während der laufenden Ermittlung Tigerknochenpaste im Wert von vierzig Millionen Dong von ihm angenommen habe.
Ly wurde daraufhin bis auf weiteres vom Polizeidienst suspendiert.
*
Thuy war noch schwach, als sie nach zwei Wochen endlich aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Trotzdem organisierte Ly eine kleine Willkommensfeier und lud die Familie und einige Freunde ins Quan Ruou No. 1 ein. Sogar Lys Mutter kam mit, obwohl sie sonst nie freiwillig das Haus verließ.
Minh brachte Lan mit, nachdem er sie mühsam überredet hatte, zumindest kurz vorbeizuschauen. Ly hatte sie seit der Trauerfeier für Tu nicht mehr gesehen. Sie hatte sich bei ihrer Großmutter auf dem Dorf verkrochen. Dorthin waren mittlerweile auch alle ihre Sachen aus Hanoi gebracht worden. Ihr Elternhaus war vor ein paar Tagen abgerissen worden. Die Entschädigungszahlung dafür hatte ihre Familie noch immer nicht erhalten. Ly nahm Lan in den Arm und drückte sie fest.
Quynh servierte Ingwerhuhn, Zimtkrabben und Tintenfischsalat mit grüner Mango, gebackenes Garnelenmousse auf Zuckerrohr und in Betelblättern gegrilltesRindfleisch. Dazu gab es geröstete Auberginen, eingelegte Lotuswurzeln und ein hausgemachtes Chili-Pickle.
Thuy saß am Kopfende. Ihr Gesicht war gerötet. Sie lachte. Es tat ihr sichtlich gut, wieder unter Menschen zu sein. Ly war froh, sie so zu sehen, und er versuchte, nicht an seine Suspendierung zu denken. Davon hatte er Thuy noch immer nicht erzählt.
Die Gäste aßen noch, als Ly aufstand, zwei Bier nahm und zu Quynh in die Küche ging. Er wollte sich für den schönen Abend bedanken und für die Hilfe bei der Festnahme von Jacky.
Der Gastwirt stand am Herd und warf Flusskrebse in einen Wok. Das Öl zischte, und die Flammen des Gasherdes schlugen hoch. Es war brütend heiß in dem kleinen Raum. Ly drückte die Tür zum Hof auf, um frische Luft einzulassen.
»Tür zu«, schrie Quynh. »Das zieht.«
Aber es war zu spät. Ly starrte in den kleinen Hof mit dem Hibiskusbaum, unter dem er neulich mit Quynh noch ein Bier getrunken hatte. Dann drehte er sich zu Quynh um.
Quynh hatte seine Arme zu einer entschuldigenden Geste ausgebreitet. »Ach komm. Ly! Ich brauche das Geld. Mein Sohn will in Australien studieren.«
»Quynh. Verflucht!«, fuhr er ihn an. Er trat in den Hof hinaus. Zwei Zibetkatzen saßen in einem der engen Käfige, die vor der Mauer gestapelt waren. Schöne Tiere mit dichtem Fell. In den anderen Käfigen waren Schlangen, darunter auch Königskobras, Bambusratten, Schildkröten, eine Wildkatze. Die Katze fauchte, wobei sie die Lippen hochzog und ihre kleinen spitzen Zähne zeigte.
Quynh trat hinter Ly und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ein Stammkunde gibt morgen eine Party«, sagte er.
Ly schlug seine Hand weg. »Ich glaub das nicht! Wir haben dir zugesagt, deinen Namen aus der Ermittlung rauszuhalten. Aber das ist doch kein Freibrief, einfach weiterzumachen.«
»Was willst du? Mir morgen die Umweltpolizei auf den Hals hetzen?« Quynh klang trotzig, fast etwas beleidigt. »Ich denke, das würde deinem Parteikommissar nicht gefallen. Er ist auch auf der Gästeliste.«
Natürlich, dachte Ly, es war alles wie immer. Er lehnte
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