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Der letzte Vorhang

Der letzte Vorhang

Titel: Der letzte Vorhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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hinzuziehen...«
    »Der arme Joel«, murmelte Wetzon.
    Smith zeigte keine Reaktion, als hätte sie
nichts gehört.
    »Er hatte eine innere Blutung, aber insgesamt
hat er großes Glück gehabt. Du kannst hinaufgehen und ihn...«
    »Ich möchte nach Hause«, sagte Smith. »Er hat
sich ganz vollgepinkelt. Ich will ihn nicht sehen.«
    »Gut, okay.« Silvestri sah Wetzon an und
schüttelte den Kopf. »Hol’s der Teufel«, sagte er. »Ich bin müde und Les auch.«
Er trat an den Straßenrand und winkte einem Taxi, das gerade von der Lexington
einbog.
    Dösend wartete Wetzon im Taxi, während Silvestri
Smith zu ihrer Wohnung begleitete.
    »Was für eine Frau«, sagte er, als er wieder
einstieg. Er gab dem Fahrer Wetzons Adresse, und sie kuschelte sich an ihn.
»Habe mit Marissa Peiser gesprochen und für Sonntag ein Treffen mit ihr
vereinbart.«
    Sie sah ihn lang an. »Silvestri, ich bin mir
nicht sicher, ob ich den Mumm habe, dieses Theater mit der Anklagejury
durchzustehen.« Das Taxi raste über die Querverbindung an der 86. Straße durch
den Park; es gab so gut wie keinen Verkehr.
    »Du brauchst es auch nicht.«
    Sie setzte sich auf. »Wovon redest du? Ich
brauche es nicht?«
    »Hartmann hat ein Abkommen getroffen. Sie
gewähren ihm Straffreiheit.«

MEMORANDUM
    An: Carlos Prince und Leslie Wetzon
    Von: Edward Venderose, Generalintendant
    Datum: 24. November 1994
    Betr.: Combinations in concert
     
    Über der Show wird der Schriftzug Combinations in Neonschrift auf einem
Spiegel aufleuchten, ständig vorbeihuschend und wieder verschwindend. Am Anfang
der Show werden vier Fotografien (von Davey Lewin, Rog Battle, Larry Lawrence
und Terri Matthews) vorbeihuschen. Die Maße sind 180 x 110 cm.
     
    Wie Ihr wißt, verwenden wir als Kulisse die New
Yorker Skyline, die Eliot Larson für It’s a Bird... It’s a Plane... It’s Superman entworfen hat. Ich habe es mit
Eliot geklärt, der von den Fernsehproduzenten ein kleines Honorar bekommt.
     
     

35.
Kapitel
     
    »Carlos, mein Lieber, ich überlege, ob ich
vorbeihuschen möchte. Und noch dazu in herrlichem Neon. Wie würde dir das
gefallen?«
    »Häschen, Schatz, Neon ist genau das richtige für
dich. Ich denke, daß ich gern Mort Hornbergs Foto zu den vier anderen
hinzufügen würde.«
    »Dazu müßte er tot sein, Lieber.«
    »Ich denke, das ließe sich einrichten.«
     
    Verschlafen, frierend und ein wenig weggetreten
nach der Völlerei am Vortag trudelten die Leute bei Sarabeth’s ein. Zuviel zu
essen, zuviel zu trinken, zuviel Nähe zu den Mitmenschen.
    Da sie keine nahen Verwandten hatte, nur einige
Cousins und Cousinen im mittleren Westen, von denen sie seit Jahr und Tag
nichts gehört hatte, sah Wetzon Feiertagen immer mit gemischten Gefühlen
entgegen. Bedauern? Ein wenig. Neid? Etwas. Und eindeutig eine kleine Portion
Erleichterung. Sie wußte, daß familiäre Beziehungen schwierig und voller
tückischer Fallgruben sein konnten und häufig auch waren, gerade an Feiertagen.
    Laura Lee behauptete unerschütterlich, daß auf
gespannte Vorfreude und sorgfältige Planung stets unabsichtliche Kränkungen,
verletzte Gefühle und am Ende eine Explosion folgte, die keinen verschonte.
Aber jedes Jahr, als läge ein Fluch der Götter darauf, das Ereignis ewig zu
wiederholen, erlebte die ganze Geschichte mit all ihren Emotionen und dem
ganzen Streß eine Neuauflage.
    Doch ein Thanksgiving bei Mort Hornberg mit den
Show-Biz-Leuten war auch nicht besser. Genaugenommen war es sogar schlimmer.
Gestern abend war Wetzon nach Hause gekommen und hatte sich leer und einsam
gefühlt.
    »Noch etwas Kaffee?« Ein dürrer Kellner mit
leicht affektierter Aussprache war im Begriff, Koffein in Wetzons halbleere
Tasse zu gießen.
    »Koffeinfreien«, sagte sie.
    Er tänzelte weg, kam mit einer Kanne mit
orangefarbenem Rand zurück und schenkte ihr schwungvoll ein.
    An den Tischen ging es nicht sehr munter zu. Die
Intellektuellen der Upper West Side, die ihr Frühstück regelmäßig bei
Sarabeth’s zu sich nahmen, saßen mit glasigen Augen vor ihren »Bärenkindern«,
unter welchem Namen Hafergrütze hier auf der Speisekarte erschien.
    Wetzon saß auf einer gepolsterten Bank hinten im
Restaurant und dachte, mit einigem Verdruß, mehr über Richard Hartmann als über
Terri Matthews nach.
    Hartmann hatte also ein Abkommen getroffen. Was
für ein Abkommen? Und wie paßte Wetzon hinein, wenn überhaupt? Was würde
Hartmann bieten als Gegenleistung für...? Sie wärmte ihre kalten Hände an

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